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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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sende zu vernichten, das warf schon Förster ein. Die Malereien der Kapellen nennt
Herr Hübsch roher und flüchtiger als die pompejanischen und das soll ein Beweis
sein, daß sie vorkonstcmtinisch sind. Zum Beweise der Pracht der vorkonstcmtinischcn
Bauwerke muß wiederum die Kirche zu Nicomedien herhalten. Ist es denn Herrn
Hübsch wirklich unbekannt oder will er es nicht wissen, daß die Prätoriancr dieses
angebliche Prachtwerk nach Lactantius Bericht "binnen wenigen Stunden" ("pg.u-
6>s Iwris") mit Beilen und anderen eisernen Instrumenten dem Erdboden gleich
wachten? Wir bewilligen Herrn Hübsch Pulver dazu und er soll dies Kunststück an
der ärmlichsten Basilika Roms in der gegebenen Zeit nachmachen.

Die Kirche Sant. Agostino bei crocifisso zu Spvlcto wird deshalb sür v^rkon-
stantinisch erklärt "weil die drei Thürgestellc und die Einfassungen der drei Fenster
>n der Vorderfacadc so seine Laubornamentc zeigen, wie sie in den späteren christ¬
lichen Perioden kaum mehr vorkommen." Wie wäre es, wenn, wie in hundert
anderen Fällen, alte Vaustücke hier benutzt wären? Alles übersteigt die Naivetät,
als Beispiel von den wenigen mit Sicherheit "der vorkonstantinischcn Jncunablc-
periodc angehörigen Denkmalen" den ältesten Theil des Domes in Trier als Muster
!U geben und nun frisch draus los zu ergänzen.

Wir haben uns nie durch Tagesstimmen und eine glänzende Außenseite bestechen
lassen; das ist der Grund, der uns bewogen hat, die schwachen Seiten dieses Werkes
aufzudecken, dessen Fortgang wir herzlich wünschen. Sein Werth beruht aus dem,
was neu darin publicirt ist; nur muß es sich nicht herausnehmen, grade die ge¬
legensten Forschungen der Vergangenheit auf den Kopf zu stellen und Architekten-
d W. W. ünkel wissenschaftlicher Kritik entgegenzusetzen.




Literatur.'

Im Verlag von G. Westermann in Braunschweig ist soeben das erste Heft
°wer Monatsschrift ausgegeben worden, welche unter dem Titel "Unsre Tage"
^ seit 1845 erschienenen "Ergänzungsblättcr zu allen Conversationslcxiken" fort¬
an soll. Das Heft enthält einen Ueberblick über die französische Geschichte seit
Wiederherstellung des Kaiserthums, Abhandlungen über die Alpen und ihre Pässe,
^er den Krieg und das öffentliche Leben, über Opiumcultur und Opiumverbrauch
den Völkern des Orients (letzteres doch wol keine der wichtigsten Tagesfragen),Über die Vcrfassungsverhältnisse in Oestreich (unsrer Meinung nach zu hoffnungs-
^"h). endlich kleine Aufsätze über den indischen Rebellen Tantia ToHi, über Weder,
^ jetzt von den Russen eroberte Burg Schcunyls, über den kürzlich verstorbenen


sende zu vernichten, das warf schon Förster ein. Die Malereien der Kapellen nennt
Herr Hübsch roher und flüchtiger als die pompejanischen und das soll ein Beweis
sein, daß sie vorkonstcmtinisch sind. Zum Beweise der Pracht der vorkonstcmtinischcn
Bauwerke muß wiederum die Kirche zu Nicomedien herhalten. Ist es denn Herrn
Hübsch wirklich unbekannt oder will er es nicht wissen, daß die Prätoriancr dieses
angebliche Prachtwerk nach Lactantius Bericht „binnen wenigen Stunden" („pg.u-
6>s Iwris") mit Beilen und anderen eisernen Instrumenten dem Erdboden gleich
wachten? Wir bewilligen Herrn Hübsch Pulver dazu und er soll dies Kunststück an
der ärmlichsten Basilika Roms in der gegebenen Zeit nachmachen.

Die Kirche Sant. Agostino bei crocifisso zu Spvlcto wird deshalb sür v^rkon-
stantinisch erklärt „weil die drei Thürgestellc und die Einfassungen der drei Fenster
>n der Vorderfacadc so seine Laubornamentc zeigen, wie sie in den späteren christ¬
lichen Perioden kaum mehr vorkommen." Wie wäre es, wenn, wie in hundert
anderen Fällen, alte Vaustücke hier benutzt wären? Alles übersteigt die Naivetät,
als Beispiel von den wenigen mit Sicherheit „der vorkonstantinischcn Jncunablc-
periodc angehörigen Denkmalen" den ältesten Theil des Domes in Trier als Muster
!U geben und nun frisch draus los zu ergänzen.

Wir haben uns nie durch Tagesstimmen und eine glänzende Außenseite bestechen
lassen; das ist der Grund, der uns bewogen hat, die schwachen Seiten dieses Werkes
aufzudecken, dessen Fortgang wir herzlich wünschen. Sein Werth beruht aus dem,
was neu darin publicirt ist; nur muß es sich nicht herausnehmen, grade die ge¬
legensten Forschungen der Vergangenheit auf den Kopf zu stellen und Architekten-
d W. W. ünkel wissenschaftlicher Kritik entgegenzusetzen.




Literatur.'

Im Verlag von G. Westermann in Braunschweig ist soeben das erste Heft
°wer Monatsschrift ausgegeben worden, welche unter dem Titel „Unsre Tage"
^ seit 1845 erschienenen „Ergänzungsblättcr zu allen Conversationslcxiken" fort¬
an soll. Das Heft enthält einen Ueberblick über die französische Geschichte seit
Wiederherstellung des Kaiserthums, Abhandlungen über die Alpen und ihre Pässe,
^er den Krieg und das öffentliche Leben, über Opiumcultur und Opiumverbrauch
den Völkern des Orients (letzteres doch wol keine der wichtigsten Tagesfragen),Über die Vcrfassungsverhältnisse in Oestreich (unsrer Meinung nach zu hoffnungs-
^"h). endlich kleine Aufsätze über den indischen Rebellen Tantia ToHi, über Weder,
^ jetzt von den Russen eroberte Burg Schcunyls, über den kürzlich verstorbenen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/91>, abgerufen am 24.08.2024.