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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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sind historisch wie durch ihre Gegenwart zur selbstständigen Politik bestimmt, es
kommt daraus an, mit gelinder, schonender Hand ihre Beziehungen so zu ordnen,
daß die Thatsache legalisirt wird. Geschieht das nicht, so ist bei jeder ernsten Krisis
die Gefahr vorhanden, daß die Beziehungen zerrissen werden, -- In diesem Sinn thei¬
ln wir den Spruch eines erlauchte" Dichters mit, des Königs Ludwig von Baiern,
den der Verfasser seiner Schrift als Motto vorsetzte:


Trauriges Bild des Reichs der Deutschen: zweiköpfiger Adler!
Wo zwei Köpfe bestehen, ach da gebricht es an Kops,

f t


Französische Literatur.

George Sand, die seit ihren unglücklichen Memoiren als Dichterin immer
schwächer wird, hatte in einer ihrer letzten Novellen, LIIs et lui, ein Verhältniß
geschildert, in welchem alle Welt ihr eignes Verhältniß zu Alfred de Musset zu
"kennen glaubte. Da der Verstorbene in dieser Schilderung -- wie stets die Män¬
ner bei G.Sand -- sehr übel wegkam, so hat sein Bruder sich zu einer Flugschrift
veranlaßt gesehn, I,ni et DIIs, in welcher der Dichterin sehr arge Dinge nachgesagt
werden, mit der Versicherung, daß man Beweise in der Hand habe. -- Gegen
diese Flugschrift erhebt sich G, Sand in der Revue 6s äeux inonäes-- 15, Oct, --
nous äisons, nous, pus le iriort illustre hö rslevers, malgre ouanä le wo-
went sera, venu. II rsvsnäiciuorg. sa, veritable psusee, ses xroxres sentimsns,
äroit ac ka,ire lui-mens Is. üvre oonkession ac öff souKranees et ac ^eder
eiioore uns lois vsrs le eist Iss gr^nah cris ac Hustiee et ac perils Mi re-
^umont la insilleure xsrtis as son o.me se ig, plus vivÄNts xdg,hö ac sa vie. <ne
^er^ un monument, ecrit ac ses xroxres minus et evils^ere ä sa memoire x-rr
^es og,ins ton^ours ainies. Also werden diese Liebesbriefe veröffentlicht werden, --
Gleichzeitig erhebt sich eine andere Amazone, Louise Colet, um ihre eignen Ansprüche
den "berühmten Todten" geltend zu machen.

In demselben Heft der Revue ist eine Kritik des neuesten Werkes von Victor
Hugo: I.g, IvSZenäs ach Lieeles; einer Sammlung von Romanzen, in welcher eine
N"he fabelhafter, zum Theil vorsüudfluthlichcr Tyrannen und Bösewichter in Farben, die
^u Lamartincs I.g, oduts ä'un ^.ngs erinnern, besungen werden. Der Kritiker ist Emile
Montegut, der Nachfolger G. Planche's, der vor einigen Monaten das traurige
Und verkümmerte Leben seines Vorgängers ebenso anschaulich als indiscret beschrie¬
ben Hot. -- Montegut besitzt viel mehr Esprit, Farbe und Phantasie als Planche,
"der in einem Punkt kann er ihn nicht ersetzen: man weiß nicht, was man zu sei-
Urtheil sagen soll. Planche's Recensionen lasen sich -- einzelne sehr brillante
^genommen, z. B. eben die über V. Hugo -- ziemlich langweilig; seine Dar¬
stellung war trocken, monoton -- man möchte fast sagen, ledern; 'seine Gesichts¬
punkte äußerst enge und selbst sein Räsonnement befriedigte nur selten.- Aber er
iagte sehr bestimmt, deutlich und energisch, ohne Gunst und Abgunst: dies taugt
^Was, und das taugt nichts; und wenn er auch in seinem Urtheil manchmal irrte


sind historisch wie durch ihre Gegenwart zur selbstständigen Politik bestimmt, es
kommt daraus an, mit gelinder, schonender Hand ihre Beziehungen so zu ordnen,
daß die Thatsache legalisirt wird. Geschieht das nicht, so ist bei jeder ernsten Krisis
die Gefahr vorhanden, daß die Beziehungen zerrissen werden, — In diesem Sinn thei¬
ln wir den Spruch eines erlauchte» Dichters mit, des Königs Ludwig von Baiern,
den der Verfasser seiner Schrift als Motto vorsetzte:


Trauriges Bild des Reichs der Deutschen: zweiköpfiger Adler!
Wo zwei Köpfe bestehen, ach da gebricht es an Kops,

f t


Französische Literatur.

George Sand, die seit ihren unglücklichen Memoiren als Dichterin immer
schwächer wird, hatte in einer ihrer letzten Novellen, LIIs et lui, ein Verhältniß
geschildert, in welchem alle Welt ihr eignes Verhältniß zu Alfred de Musset zu
"kennen glaubte. Da der Verstorbene in dieser Schilderung — wie stets die Män¬
ner bei G.Sand — sehr übel wegkam, so hat sein Bruder sich zu einer Flugschrift
veranlaßt gesehn, I,ni et DIIs, in welcher der Dichterin sehr arge Dinge nachgesagt
werden, mit der Versicherung, daß man Beweise in der Hand habe. — Gegen
diese Flugschrift erhebt sich G, Sand in der Revue 6s äeux inonäes— 15, Oct, —
nous äisons, nous, pus le iriort illustre hö rslevers, malgre ouanä le wo-
went sera, venu. II rsvsnäiciuorg. sa, veritable psusee, ses xroxres sentimsns,
äroit ac ka,ire lui-mens Is. üvre oonkession ac öff souKranees et ac ^eder
eiioore uns lois vsrs le eist Iss gr^nah cris ac Hustiee et ac perils Mi re-
^umont la insilleure xsrtis as son o.me se ig, plus vivÄNts xdg,hö ac sa vie. <ne
^er^ un monument, ecrit ac ses xroxres minus et evils^ere ä sa memoire x-rr
^es og,ins ton^ours ainies. Also werden diese Liebesbriefe veröffentlicht werden, —
Gleichzeitig erhebt sich eine andere Amazone, Louise Colet, um ihre eignen Ansprüche
den „berühmten Todten" geltend zu machen.

In demselben Heft der Revue ist eine Kritik des neuesten Werkes von Victor
Hugo: I.g, IvSZenäs ach Lieeles; einer Sammlung von Romanzen, in welcher eine
N"he fabelhafter, zum Theil vorsüudfluthlichcr Tyrannen und Bösewichter in Farben, die
^u Lamartincs I.g, oduts ä'un ^.ngs erinnern, besungen werden. Der Kritiker ist Emile
Montegut, der Nachfolger G. Planche's, der vor einigen Monaten das traurige
Und verkümmerte Leben seines Vorgängers ebenso anschaulich als indiscret beschrie¬
ben Hot. — Montegut besitzt viel mehr Esprit, Farbe und Phantasie als Planche,
"der in einem Punkt kann er ihn nicht ersetzen: man weiß nicht, was man zu sei-
Urtheil sagen soll. Planche's Recensionen lasen sich — einzelne sehr brillante
^genommen, z. B. eben die über V. Hugo — ziemlich langweilig; seine Dar¬
stellung war trocken, monoton — man möchte fast sagen, ledern; 'seine Gesichts¬
punkte äußerst enge und selbst sein Räsonnement befriedigte nur selten.- Aber er
iagte sehr bestimmt, deutlich und energisch, ohne Gunst und Abgunst: dies taugt
^Was, und das taugt nichts; und wenn er auch in seinem Urtheil manchmal irrte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/371>, abgerufen am 24.08.2024.