Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.Das Fortleben der Antike im Mittelnlter. Wenn schon zur Zeit der ersten Cäsaren der Römer seine Hände nach den Wer kennt sie nicht die gewaltige Porta nigra zu Trier oder jenes römische Wie viel mag dagegen im Laufe der Zeit bis zur Unkenntlichkeit abgerieben, Daß schon in jener Zeit die römische Baukunst einen, wenn auch nur Grenzboten III. 1Lo9. 35
Das Fortleben der Antike im Mittelnlter. Wenn schon zur Zeit der ersten Cäsaren der Römer seine Hände nach den Wer kennt sie nicht die gewaltige Porta nigra zu Trier oder jenes römische Wie viel mag dagegen im Laufe der Zeit bis zur Unkenntlichkeit abgerieben, Daß schon in jener Zeit die römische Baukunst einen, wenn auch nur Grenzboten III. 1Lo9. 35
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Das Fortleben der Antike im Mittelnlter.
Wenn schon zur Zeit der ersten Cäsaren der Römer seine Hände nach den
ÜMnanischen Gebieten ausstreckte, so wurde zunächst Gewalt mit Gewalt er¬
wiedert. Weniger hartnäckig, wie alle Völker in den Tagen ihrer Kindheit,
Icheint der Deutsche den Lockungen des römischen Luxus, dem Einfluß römischer
Bildung Widerstand geleistet zu haben; dieß läßt sich wol aus den zahlreichen
funden römischer Münzen, Schmucksachen aller Art und den Waffen römischer
Abkunft in germanischen Gräbern folgern. Aus die Länge der Zeit konnte
der rohe Sohn der Natur dem gebildeteren, wenn auch feindlichen Nachbar
w diesen Dingen nicht" mehr widerstreben. Römische Städte, die großentheils
Wie Aachen, Koblenz, Köln, Trier, Augsburg und viele andere noch ge¬
genwärtig ihren ursprünglichen lateinischen Namen in nur verstümmelter
^um fortführen, erstanden allmälig ans den befestigten Lagern und in ihnen
wiederum entwickelten sich ungestört römische Einrichtungen. Römische Fora,
P^äste. Tempel. Basiliken, Theater, Befestigungen, Münzstätten, Grabmäler
Communicationsbauten erhoben sich auf deutschem Grund und Boden,
von denen Einzelnes noch mehr oder weniger gut erhalten ist.
Wer kennt sie nicht die gewaltige Porta nigra zu Trier oder jenes römische
^baute derselben Stadt, das sie jetzt, obgleich grundlos, für eine römische
Handels- und Gerichtshnlle ausgeben? Mit römischen Gedenksteinen, wie mit
kleinerem Bildwerk aller Art, an Ort und Stelle selbst ausgegraben, sind die
^lerthumsmuseen der rheinischen Städte und die Städte Süddeutschlands noch
^utzutage reichlich ausgestattet. Die sogenannte Teufelsmauer, den alten
^vnierwall, können wir noch auf ihrer ganzen Ausdehnung verfolgen.
Wie viel mag dagegen im Laufe der Zeit bis zur Unkenntlichkeit abgerieben,
^°»r Roste angenagt, theilweise aber auch von dem frommen Wahn, wie
Iwcr vor einer Kirchthür gesteinigte Venustorso verstümmelt, zu Grunde ge¬
gangen sein! Anderes hätte der Metallwerth und die Habsucht der Menschen
unvermeidlichen Untergang entgegengeführt, wenn es nicht die Vorsehung,
wie jene erst kürzlich in den Fluten des Rheines aufgefundene herrliche Bronze-
>^tue, den gierigen Augen der Nachwelt entzogen hätte.
Daß schon in jener Zeit die römische Baukunst einen, wenn auch nur
^übergehenden Einfluß auf die Stämme der Deutschen ausgeübt habe, läßt
''6> aus der öfteren Erwähnung zerstörter Tempel bei deutschen Völkerschaften
'°^ern: aus Tacitus wissen wir ja, daß der Germane von Haus aus seine
^er nicht in Tempeln von Menschenhänden gemacht, sondern nur in den
schattigen Domen seiner Wälder verehrte. Ferner deutet darauf die Erschei-
Grenzboten III. 1Lo9. 35
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