Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.Politische Literatur. Bekanntes, Zusammengestellt von einem Zeitgenossen. -- Koblenz, Bädeckcr. Ueber die Einheit Italiens. Vortrag gehalten zu Düsseldorf 1. März Verantwortlicher Redacteur: O. Moritz Busch -- Verlag von F. L> Hering in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig. Politische Literatur. Bekanntes, Zusammengestellt von einem Zeitgenossen. — Koblenz, Bädeckcr. Ueber die Einheit Italiens. Vortrag gehalten zu Düsseldorf 1. März Verantwortlicher Redacteur: O. Moritz Busch — Verlag von F. L> Hering in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107137"/> </div> <div n="1"> <head> Politische Literatur.</head><lb/> <p xml:id="ID_240"> Bekanntes, Zusammengestellt von einem Zeitgenossen. — Koblenz, Bädeckcr.<lb/> -— Der Verfasser stellt in kurzen Sätzen den Gang der europäischen Politik seit den<lb/> polnischen Theilungen zusammen, hauptsächlich um die Nothwendigkeit darzuthun,<lb/> daß Oestreich und Preußen bei jedem europäischen Conflict zusammenhalten. Wir<lb/> stimmen ganz mit ihm »verein, halten aber eben darum für nöthig, daß Oestreich,<lb/> welches bisher nur fordert und nichts gewährt, dem kleineren Staat Garantien gibt,<lb/> daß seine großen Opfer ihm auch etwas einbringen. In dieser Beziehung leben die<lb/> östreichischen Staatsmänner noch immer in der unheilvollen Verblendung, Preußen<lb/> als einen Vasallenstaat zu betrachten. —</p><lb/> <p xml:id="ID_241"> Ueber die Einheit Italiens. Vortrag gehalten zu Düsseldorf 1. März<lb/> 1859 von Prof. Locbcll. — Bonn, Henry. — Der Verfasser sucht durch eine<lb/> summarische Uebersicht der Geschichte „das Verlangen nach einem einheitlichen Italien,<lb/> wie laut es sich auch in Worten äußern mag", als „ein unbestimmtes und farb¬<lb/> loses Lichtgcbildc ohne Anknüpfung an die Realität" zu erweisen. Freilich geht er -<lb/> nicht so weit, wie die leidenschaftlichen Anhänger Oestreichs. „Man hat kürzlich so¬<lb/> gar behauptet, das Einheitsstreben der Italiener sei nichts als ein Krankheitssymptom,<lb/> ein Gefühl, daß die gänzliche Auflösung der Nation nahe bevorstehe. Eine höchst<lb/> seltsame, gehässige Ansicht, welcher beizustimmen mir nicht entfernt in den Sinn<lb/> kommt. Nur das habe ich zeigen wollen, daß wenn die Italiener noch einmal zu<lb/> einem nicht durch Gewalt auf kurze Zeit gegründeten, sondern durch inneres Zu¬<lb/> sammenstimmen dienende» Gcsammtstacit gelangen sollten, dieses Ziel noch ein außer--<lb/> ordentlich fernes ist, und daß sie auf dem Wege dahin größere und mannigfaltigere<lb/> Schwierigkeiten zu überwinden haben möchten, als irgend ein anderes Volt".<lb/> — Wenn dies auch bis auf einen gewissen Grad richtig sein mag; wenn wir die<lb/> Wühlereien der revolutionären Propaganda nur auf eine Linie mit denen der Pol¬<lb/> nischen Emigration stellen können; wenn wir den engen Anschluß Sardiniens an<lb/> Frankreich höchst bedenklich finden, da im besten Fall dadurch ein Joch nur mit dem<lb/> andern vertauscht wird, so bleibt doch in den Wünschen der Italiener sehr viel Be¬<lb/> rechtigtes, das durch jene einseitige Darstellung nicht hervorgehoben wird. Der Be¬<lb/> wohner des Kirchenstaats ist in vollem Recht, wenn er die geistliche Mißrcgicrung<lb/> abzuschaffen strebt; der Bewohner von Toskana, Parma, Modena ist in vollem Recht,<lb/> wenn er eine Betheiligung an den öffentlichen Angelegenheiten seines Vaterlandes<lb/> begehrt, wie sie seiner Bildung angemessen ist. Wenn nun diese gerechten Wünsche<lb/> lediglich durch das Bündniß der Regierungen mit Oestreich vereitelt werden, welches<lb/> jene Regierungen berechtigt, sedes Streben nach Reform mit östreichischen Bajonetten<lb/> niederzuschlagen: soll man sich dann darüber wundern, daß der Patriot, um diese<lb/> Bündnisse zu brechen, sich dem Feinde Oestreichs auf alle Bedingungen in die Arme<lb/> wirft? Freilich bleibt es darum nicht minder thöricht, aber eben darum haben jetzt<lb/> die europäischen Staaten, namentlich diejenigen, auf deren Hilfe Oestreich im Colli-<lb/> fionsfall rechnet, nicht nur das Recht, fondern auch die Pflicht, Oestreich zum Maß<lb/> in seinen Ansprüchen aus die italienische Hegemonie zu veranlassen. Und darum<lb/> handelt es sich zunächst. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: O. Moritz Busch — Verlag von F. L> Hering<lb/> in Leipzig.<lb/> Druck von C. E. Elbert in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
Politische Literatur.
Bekanntes, Zusammengestellt von einem Zeitgenossen. — Koblenz, Bädeckcr.
-— Der Verfasser stellt in kurzen Sätzen den Gang der europäischen Politik seit den
polnischen Theilungen zusammen, hauptsächlich um die Nothwendigkeit darzuthun,
daß Oestreich und Preußen bei jedem europäischen Conflict zusammenhalten. Wir
stimmen ganz mit ihm »verein, halten aber eben darum für nöthig, daß Oestreich,
welches bisher nur fordert und nichts gewährt, dem kleineren Staat Garantien gibt,
daß seine großen Opfer ihm auch etwas einbringen. In dieser Beziehung leben die
östreichischen Staatsmänner noch immer in der unheilvollen Verblendung, Preußen
als einen Vasallenstaat zu betrachten. —
Ueber die Einheit Italiens. Vortrag gehalten zu Düsseldorf 1. März
1859 von Prof. Locbcll. — Bonn, Henry. — Der Verfasser sucht durch eine
summarische Uebersicht der Geschichte „das Verlangen nach einem einheitlichen Italien,
wie laut es sich auch in Worten äußern mag", als „ein unbestimmtes und farb¬
loses Lichtgcbildc ohne Anknüpfung an die Realität" zu erweisen. Freilich geht er -
nicht so weit, wie die leidenschaftlichen Anhänger Oestreichs. „Man hat kürzlich so¬
gar behauptet, das Einheitsstreben der Italiener sei nichts als ein Krankheitssymptom,
ein Gefühl, daß die gänzliche Auflösung der Nation nahe bevorstehe. Eine höchst
seltsame, gehässige Ansicht, welcher beizustimmen mir nicht entfernt in den Sinn
kommt. Nur das habe ich zeigen wollen, daß wenn die Italiener noch einmal zu
einem nicht durch Gewalt auf kurze Zeit gegründeten, sondern durch inneres Zu¬
sammenstimmen dienende» Gcsammtstacit gelangen sollten, dieses Ziel noch ein außer--
ordentlich fernes ist, und daß sie auf dem Wege dahin größere und mannigfaltigere
Schwierigkeiten zu überwinden haben möchten, als irgend ein anderes Volt".
— Wenn dies auch bis auf einen gewissen Grad richtig sein mag; wenn wir die
Wühlereien der revolutionären Propaganda nur auf eine Linie mit denen der Pol¬
nischen Emigration stellen können; wenn wir den engen Anschluß Sardiniens an
Frankreich höchst bedenklich finden, da im besten Fall dadurch ein Joch nur mit dem
andern vertauscht wird, so bleibt doch in den Wünschen der Italiener sehr viel Be¬
rechtigtes, das durch jene einseitige Darstellung nicht hervorgehoben wird. Der Be¬
wohner des Kirchenstaats ist in vollem Recht, wenn er die geistliche Mißrcgicrung
abzuschaffen strebt; der Bewohner von Toskana, Parma, Modena ist in vollem Recht,
wenn er eine Betheiligung an den öffentlichen Angelegenheiten seines Vaterlandes
begehrt, wie sie seiner Bildung angemessen ist. Wenn nun diese gerechten Wünsche
lediglich durch das Bündniß der Regierungen mit Oestreich vereitelt werden, welches
jene Regierungen berechtigt, sedes Streben nach Reform mit östreichischen Bajonetten
niederzuschlagen: soll man sich dann darüber wundern, daß der Patriot, um diese
Bündnisse zu brechen, sich dem Feinde Oestreichs auf alle Bedingungen in die Arme
wirft? Freilich bleibt es darum nicht minder thöricht, aber eben darum haben jetzt
die europäischen Staaten, namentlich diejenigen, auf deren Hilfe Oestreich im Colli-
fionsfall rechnet, nicht nur das Recht, fondern auch die Pflicht, Oestreich zum Maß
in seinen Ansprüchen aus die italienische Hegemonie zu veranlassen. Und darum
handelt es sich zunächst. —
Verantwortlicher Redacteur: O. Moritz Busch — Verlag von F. L> Hering
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