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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Japan benutzt werden können, denen überdies, wenn sie hierher verschlagen
werden, jeder Schutz mangelt." --

War man in Jeddo schon damals, wo die Eröffnung der Häfen Japans
noch in weit beschränkterem Maße stattfand, als jetzt nach Lord Elgins Be¬
such beim Siogun, geneigt, auf Handelsverträge mit den Deutschen einzu¬
gehen, so sollte man meinen, daß dies jetzt, wo das Reich für Russen, Ame¬
rikaner und Engländer vollkommen zugänglich ist, noch weit mehr der Fall
sein müsse. Die Japanesen sind ein verständiges Volk, und so dürften sie,
ganz abgesehen davon, daß die Deutschen ihnen nur nützen, durchaus nicht
schaden "können, wissen, daß je mehr Handelsleute verschiedener Nationen auf
dem Markte erscheinen, desto vortheilhafter nach dem Gesetz von Angebot und
Nachfrage sich die Preise für die einheimischen Ein- und Verkäufer stellen.*)
Engländer und Amerikaner werden ihnen ohnedies in den nächsten Jahren
nach Kräften Geld und Geldeswerth abnehmen.




Die italienische Frage.
i.
Oestreich und das italienische Staatensystem.

Die italienische Frage an sich ist mehr denn ein Jahrtausend alt, in
ihrer jetzigen Gestalt aber datirt sie erst seit 1815. Wenn früher Italien
wesentlich der Schauplatz war, wo zwei fremde feindliche Mächte ihre Kräfte
maßen, im Mittelalter Kaiserthum und Papstthum, später die Häuser von
Vourbon und Habsburg, so ist seit dem Ende der letzten großen Continental-
kriege der Kampf ein nationaler geworden. Die französische Revolution warf
das alte System von nur geographisch verbundenen Staaten über den Haufen
und die eiserne Hand Napoleons schweißte das bisher Getrennte in mehre
Politische Körper zusammen. Zwar das Königreich Italien und die italienischen
Lehen hatten so wenig Bestand wie das Königreich Westphalen und das Herzog-



') Dem widerspricht nicht, daß wir soeben lesen, ein dänisches Schiff sei in Japan nicht
zugelassen worden. Dänemark hat eben noch keinen Handelsvertrag mit Japan abgeschlossen.
Neuere Nachrichten melden indeß, daß das schwedische Cabinet in Kopenhagen den Antrag
gestellt hat, eine gemeinschaftliche Mission der drei skandinavischen Staaten nach Japan und
China zu senden, zu welcher Schweden eine Fregatte und den Diplomaten, Dänemark eben¬
falls eine Fregatte und Norwegen eine Korvette stellen soll.

Japan benutzt werden können, denen überdies, wenn sie hierher verschlagen
werden, jeder Schutz mangelt." —

War man in Jeddo schon damals, wo die Eröffnung der Häfen Japans
noch in weit beschränkterem Maße stattfand, als jetzt nach Lord Elgins Be¬
such beim Siogun, geneigt, auf Handelsverträge mit den Deutschen einzu¬
gehen, so sollte man meinen, daß dies jetzt, wo das Reich für Russen, Ame¬
rikaner und Engländer vollkommen zugänglich ist, noch weit mehr der Fall
sein müsse. Die Japanesen sind ein verständiges Volk, und so dürften sie,
ganz abgesehen davon, daß die Deutschen ihnen nur nützen, durchaus nicht
schaden "können, wissen, daß je mehr Handelsleute verschiedener Nationen auf
dem Markte erscheinen, desto vortheilhafter nach dem Gesetz von Angebot und
Nachfrage sich die Preise für die einheimischen Ein- und Verkäufer stellen.*)
Engländer und Amerikaner werden ihnen ohnedies in den nächsten Jahren
nach Kräften Geld und Geldeswerth abnehmen.




Die italienische Frage.
i.
Oestreich und das italienische Staatensystem.

Die italienische Frage an sich ist mehr denn ein Jahrtausend alt, in
ihrer jetzigen Gestalt aber datirt sie erst seit 1815. Wenn früher Italien
wesentlich der Schauplatz war, wo zwei fremde feindliche Mächte ihre Kräfte
maßen, im Mittelalter Kaiserthum und Papstthum, später die Häuser von
Vourbon und Habsburg, so ist seit dem Ende der letzten großen Continental-
kriege der Kampf ein nationaler geworden. Die französische Revolution warf
das alte System von nur geographisch verbundenen Staaten über den Haufen
und die eiserne Hand Napoleons schweißte das bisher Getrennte in mehre
Politische Körper zusammen. Zwar das Königreich Italien und die italienischen
Lehen hatten so wenig Bestand wie das Königreich Westphalen und das Herzog-



') Dem widerspricht nicht, daß wir soeben lesen, ein dänisches Schiff sei in Japan nicht
zugelassen worden. Dänemark hat eben noch keinen Handelsvertrag mit Japan abgeschlossen.
Neuere Nachrichten melden indeß, daß das schwedische Cabinet in Kopenhagen den Antrag
gestellt hat, eine gemeinschaftliche Mission der drei skandinavischen Staaten nach Japan und
China zu senden, zu welcher Schweden eine Fregatte und den Diplomaten, Dänemark eben¬
falls eine Fregatte und Norwegen eine Korvette stellen soll.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/71>, abgerufen am 22.12.2024.