Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.furchtbaren moralischen Niederlage ist Oestreich noch lange nicht genöthigt, auch Wie es heißt, haben sich die Mittclstaaten dazu verstanden, die militärische Füh¬ 15. Juni. -- Der Würfel ist gefallen! möge es zum Heil für Deutschland Die Mobilisirung von sechs Armeecorps -- noch vor vier Tagen von der Zunächst beginnt das diplomatische Spiel --- mit welcher Aussicht auf Erfolg, Da die preußische Landwehr auf längere Zeit nicht unthätig stehn bleiben kann, t f Gott habe seine Hand über uns! Lord Palmerston. Alle Welt ist geneigt, den Sturz des bisherigen englischen Ministeriums als furchtbaren moralischen Niederlage ist Oestreich noch lange nicht genöthigt, auch Wie es heißt, haben sich die Mittclstaaten dazu verstanden, die militärische Füh¬ 15. Juni. — Der Würfel ist gefallen! möge es zum Heil für Deutschland Die Mobilisirung von sechs Armeecorps — noch vor vier Tagen von der Zunächst beginnt das diplomatische Spiel -— mit welcher Aussicht auf Erfolg, Da die preußische Landwehr auf längere Zeit nicht unthätig stehn bleiben kann, t f Gott habe seine Hand über uns! Lord Palmerston. Alle Welt ist geneigt, den Sturz des bisherigen englischen Ministeriums als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0489" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107536"/> <p xml:id="ID_1492" prev="#ID_1491"> furchtbaren moralischen Niederlage ist Oestreich noch lange nicht genöthigt, auch<lb/> nur Toscana, Parma oder Modena aufzugeben, geschweige denn die Lombardei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1493"> Wie es heißt, haben sich die Mittclstaaten dazu verstanden, die militärische Füh¬<lb/> rung an Preußen zu übertragen. Dieses dürste indeß so lange ein leeres Wort<lb/> bleiben, als es nicht auch politisch garantirt wird. Der unbedingte Gehorsam der<lb/> Truppen hängt davon ab, daß auch die deutschen Regierungen offen, ehrlich und un¬<lb/> bedingt mit Preußen gehn. Eine Garantie dieser politischen Einheit ist militärisch<lb/> nothwendig, das deutsche Volk hat aber noch ein anderes Interesse dabei, denn<lb/> wenn der Krieg ohne dieselbe unternommen wird, so führt er im günstigsten Fall<lb/> d. h. wenn wir Frankreich fo entschieden besiegen, als wir es kaum zu hoffen wa¬<lb/> gen, zu einer wilden Reaction, zu einer Befestigung des Iunkcrthums, und da die<lb/> nationale Kraft durch harte Anspannung ihren Widerstand verliert, zu dem nämlichen<lb/><note type="byline"> t'I'</note> Pvlizeircgiment, dessen Glück wir von 1817—1840 gekostet haben. </p><lb/> <p xml:id="ID_1494"> 15. Juni. — Der Würfel ist gefallen! möge es zum Heil für Deutschland<lb/> geschehen sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1495"> Die Mobilisirung von sechs Armeecorps — noch vor vier Tagen von der<lb/> Pr. Z. in Abrede gestellt—wird die der andern voraussichtlich bald nach sich zieh».<lb/> Der Prinz hat denjenigen Ministern und Gesandten, welche gegen die neue Politik<lb/> Bedenken haben sollten, anheimgestellt, ihre Entlassung zu nehmen; was gewiß ganz<lb/> in der Ordnung ist, da eine entschiedene Politik nur dann verfolgt werden kann,<lb/> wenn sämmtliche Agenten in der Hauptsache einig sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1496"> Zunächst beginnt das diplomatische Spiel -— mit welcher Aussicht auf Erfolg,<lb/> darüber gibt die neueste östreichische Circularnote eine Andeutung, welche jede Art<lb/> von Concession an Frankreich für seiner unwürdig, darstellt, da die Verluste in keiner<lb/> Weise entscheidend wären, und da der Krieg jetzt erst recht angehn wird. Was im<lb/> Uebrigen (abgesehn von dem Commando und der diplomatischen Leitung) an Preu¬<lb/> ßen für Concessionen gemacht sind, ist uns nicht bekannt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1497"> Da die preußische Landwehr auf längere Zeit nicht unthätig stehn bleiben kann,<lb/> sehn wir einer schnellen Entscheidung entgegen. Wie auch unsere Ansicht über die<lb/> Zweckmäßigkeit dieser Maßregel sein mag: — jetzt, vor dem blutigen Ernst, muß<lb/> jeder Widerstand verstummen; wir sind nicht mehr Partei, wir sind alle Söhne des<lb/> Vaterlandes, an dessen Heil das unsrige aufs innigste geknüpft ist. Noch hat es<lb/> Preußen in der Hand, als Schirmer und Führer Deutschlands sich politische Ga¬<lb/> rantien für die Zukunft zu geben, die nicht blos in leeren Versprechungen befiehlt.</p><lb/> <note type="byline"> t f</note><lb/> <p xml:id="ID_1498"> Gott habe seine Hand über uns!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Lord Palmerston.</head><lb/> <p xml:id="ID_1499" next="#ID_1500"> Alle Welt ist geneigt, den Sturz des bisherigen englischen Ministeriums als<lb/> eine europäische Kalamität zu betrachten, und die Whigs, namentlich Lord Palmer¬<lb/> ston, eines factivsen Verfahrens zu beschuldigen, das an Verrath grenze. Auch wir<lb/> können das Verhalten derselben nicht stark genug verdammen. Aber wir gehn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0489]
furchtbaren moralischen Niederlage ist Oestreich noch lange nicht genöthigt, auch
nur Toscana, Parma oder Modena aufzugeben, geschweige denn die Lombardei.
Wie es heißt, haben sich die Mittclstaaten dazu verstanden, die militärische Füh¬
rung an Preußen zu übertragen. Dieses dürste indeß so lange ein leeres Wort
bleiben, als es nicht auch politisch garantirt wird. Der unbedingte Gehorsam der
Truppen hängt davon ab, daß auch die deutschen Regierungen offen, ehrlich und un¬
bedingt mit Preußen gehn. Eine Garantie dieser politischen Einheit ist militärisch
nothwendig, das deutsche Volk hat aber noch ein anderes Interesse dabei, denn
wenn der Krieg ohne dieselbe unternommen wird, so führt er im günstigsten Fall
d. h. wenn wir Frankreich fo entschieden besiegen, als wir es kaum zu hoffen wa¬
gen, zu einer wilden Reaction, zu einer Befestigung des Iunkcrthums, und da die
nationale Kraft durch harte Anspannung ihren Widerstand verliert, zu dem nämlichen
t'I' Pvlizeircgiment, dessen Glück wir von 1817—1840 gekostet haben.
15. Juni. — Der Würfel ist gefallen! möge es zum Heil für Deutschland
geschehen sein.
Die Mobilisirung von sechs Armeecorps — noch vor vier Tagen von der
Pr. Z. in Abrede gestellt—wird die der andern voraussichtlich bald nach sich zieh».
Der Prinz hat denjenigen Ministern und Gesandten, welche gegen die neue Politik
Bedenken haben sollten, anheimgestellt, ihre Entlassung zu nehmen; was gewiß ganz
in der Ordnung ist, da eine entschiedene Politik nur dann verfolgt werden kann,
wenn sämmtliche Agenten in der Hauptsache einig sind.
Zunächst beginnt das diplomatische Spiel -— mit welcher Aussicht auf Erfolg,
darüber gibt die neueste östreichische Circularnote eine Andeutung, welche jede Art
von Concession an Frankreich für seiner unwürdig, darstellt, da die Verluste in keiner
Weise entscheidend wären, und da der Krieg jetzt erst recht angehn wird. Was im
Uebrigen (abgesehn von dem Commando und der diplomatischen Leitung) an Preu¬
ßen für Concessionen gemacht sind, ist uns nicht bekannt.
Da die preußische Landwehr auf längere Zeit nicht unthätig stehn bleiben kann,
sehn wir einer schnellen Entscheidung entgegen. Wie auch unsere Ansicht über die
Zweckmäßigkeit dieser Maßregel sein mag: — jetzt, vor dem blutigen Ernst, muß
jeder Widerstand verstummen; wir sind nicht mehr Partei, wir sind alle Söhne des
Vaterlandes, an dessen Heil das unsrige aufs innigste geknüpft ist. Noch hat es
Preußen in der Hand, als Schirmer und Führer Deutschlands sich politische Ga¬
rantien für die Zukunft zu geben, die nicht blos in leeren Versprechungen befiehlt.
t f
Gott habe seine Hand über uns!
Lord Palmerston.
Alle Welt ist geneigt, den Sturz des bisherigen englischen Ministeriums als
eine europäische Kalamität zu betrachten, und die Whigs, namentlich Lord Palmer¬
ston, eines factivsen Verfahrens zu beschuldigen, das an Verrath grenze. Auch wir
können das Verhalten derselben nicht stark genug verdammen. Aber wir gehn
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