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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Zumuthung. zu garantiren, damit ihm diplomatische Leitung und Heerbefchl
über die deutschen Bundescontingente übertragen werden, eine demüthigende
und unwürdige Zumuthung, und wir wünschen von Herzen, daß die preu¬
ßische Regierung im Gefühl ihres Rechts und ihrer Ehrenhaftigkeit den Stolz
haben möge, jedes solches Verlangen abzuweisen. Und deshalb alles für
Deutschland, ehrliche Hilfe für Oestreich, aber ohne directe oder indirecte Ga¬
? rantie seiner italienischen Besitzungen.




Ausblicke aus den Kriegsschauplatz.

Seit Monaten stand Oestreichs italienische Armee, bedeutend verstärkt,
wohlgerüstct, an der Grenze Piemonts, ungeduldig des Augenblickes harrend,
in welchem sie losgelassen werden würde. Am 19. April machte der Kaiser
Franz Joseph den Unterhandlungen ein Ende; er stellte sein Ultimatum an
den König von Sardinien. Am 26. war auf dieses die Antwort erfolgt,
welche man bei Lage der Dinge voraussehen mußte; Piemont verweigerte die
Entwaffnung; nach kurzem Aufschub, veranlaßt durch die letzte mißrathene
Einmischung Englands, betraten die Oestreicher den piemontesischen Boden
am 29. April.

Es war ein folgenschwerer Schritt. Wer weiß, ob mit diesem Schritt
Europa nicht in einen neuen dreißigjährigen Krieg eintrat! Die Anzeichen
verkünden mindestens einen europäischen Krieg. Liegen die gewaltigen Dimen-
lionen dieses Kampfes nicht in dem Plane desjenigen, welcher ihn gesucht
bat. so liegen sie in den Umständen, unter welchen er ihn anzettelte, in den
Bundesgenossen, welche er sich gesucht hat.

Die östreichische Regierung war sich der Schwere des Schrittes, den sie
Mit ihrem Ultimatum that, um endlich zur Entscheidung zu gelangen,
Wohl bewußt und der Kaiser Franz Joseph spricht dies deutlich genug in dem
Manifest an seine Völker aus.

Es ist sehr verschiedenartig über dieses Ultimatum geurtheilt worden.
Die Einen finden es vollkommen gerechtfertigt, da man ja doch gewußt habe,
daß um den Krieg nicht herumzukommen sei, weil Napoleon der Dritte ita
haben wollte. Die Andern, denen auch wir uns anschließen, waren ganz
anderer Meinung. Sie wissen es sich wol zu erklären, daß Oestreich, lange
öereizt. endlich zum entschiedenen Abschluß kommen wollte und sind weit ent-


Zumuthung. zu garantiren, damit ihm diplomatische Leitung und Heerbefchl
über die deutschen Bundescontingente übertragen werden, eine demüthigende
und unwürdige Zumuthung, und wir wünschen von Herzen, daß die preu¬
ßische Regierung im Gefühl ihres Rechts und ihrer Ehrenhaftigkeit den Stolz
haben möge, jedes solches Verlangen abzuweisen. Und deshalb alles für
Deutschland, ehrliche Hilfe für Oestreich, aber ohne directe oder indirecte Ga¬
? rantie seiner italienischen Besitzungen.




Ausblicke aus den Kriegsschauplatz.

Seit Monaten stand Oestreichs italienische Armee, bedeutend verstärkt,
wohlgerüstct, an der Grenze Piemonts, ungeduldig des Augenblickes harrend,
in welchem sie losgelassen werden würde. Am 19. April machte der Kaiser
Franz Joseph den Unterhandlungen ein Ende; er stellte sein Ultimatum an
den König von Sardinien. Am 26. war auf dieses die Antwort erfolgt,
welche man bei Lage der Dinge voraussehen mußte; Piemont verweigerte die
Entwaffnung; nach kurzem Aufschub, veranlaßt durch die letzte mißrathene
Einmischung Englands, betraten die Oestreicher den piemontesischen Boden
am 29. April.

Es war ein folgenschwerer Schritt. Wer weiß, ob mit diesem Schritt
Europa nicht in einen neuen dreißigjährigen Krieg eintrat! Die Anzeichen
verkünden mindestens einen europäischen Krieg. Liegen die gewaltigen Dimen-
lionen dieses Kampfes nicht in dem Plane desjenigen, welcher ihn gesucht
bat. so liegen sie in den Umständen, unter welchen er ihn anzettelte, in den
Bundesgenossen, welche er sich gesucht hat.

Die östreichische Regierung war sich der Schwere des Schrittes, den sie
Mit ihrem Ultimatum that, um endlich zur Entscheidung zu gelangen,
Wohl bewußt und der Kaiser Franz Joseph spricht dies deutlich genug in dem
Manifest an seine Völker aus.

Es ist sehr verschiedenartig über dieses Ultimatum geurtheilt worden.
Die Einen finden es vollkommen gerechtfertigt, da man ja doch gewußt habe,
daß um den Krieg nicht herumzukommen sei, weil Napoleon der Dritte ita
haben wollte. Die Andern, denen auch wir uns anschließen, waren ganz
anderer Meinung. Sie wissen es sich wol zu erklären, daß Oestreich, lange
öereizt. endlich zum entschiedenen Abschluß kommen wollte und sind weit ent-


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[0481] Zumuthung. zu garantiren, damit ihm diplomatische Leitung und Heerbefchl über die deutschen Bundescontingente übertragen werden, eine demüthigende und unwürdige Zumuthung, und wir wünschen von Herzen, daß die preu¬ ßische Regierung im Gefühl ihres Rechts und ihrer Ehrenhaftigkeit den Stolz haben möge, jedes solches Verlangen abzuweisen. Und deshalb alles für Deutschland, ehrliche Hilfe für Oestreich, aber ohne directe oder indirecte Ga¬ ? rantie seiner italienischen Besitzungen. Ausblicke aus den Kriegsschauplatz. Seit Monaten stand Oestreichs italienische Armee, bedeutend verstärkt, wohlgerüstct, an der Grenze Piemonts, ungeduldig des Augenblickes harrend, in welchem sie losgelassen werden würde. Am 19. April machte der Kaiser Franz Joseph den Unterhandlungen ein Ende; er stellte sein Ultimatum an den König von Sardinien. Am 26. war auf dieses die Antwort erfolgt, welche man bei Lage der Dinge voraussehen mußte; Piemont verweigerte die Entwaffnung; nach kurzem Aufschub, veranlaßt durch die letzte mißrathene Einmischung Englands, betraten die Oestreicher den piemontesischen Boden am 29. April. Es war ein folgenschwerer Schritt. Wer weiß, ob mit diesem Schritt Europa nicht in einen neuen dreißigjährigen Krieg eintrat! Die Anzeichen verkünden mindestens einen europäischen Krieg. Liegen die gewaltigen Dimen- lionen dieses Kampfes nicht in dem Plane desjenigen, welcher ihn gesucht bat. so liegen sie in den Umständen, unter welchen er ihn anzettelte, in den Bundesgenossen, welche er sich gesucht hat. Die östreichische Regierung war sich der Schwere des Schrittes, den sie Mit ihrem Ultimatum that, um endlich zur Entscheidung zu gelangen, Wohl bewußt und der Kaiser Franz Joseph spricht dies deutlich genug in dem Manifest an seine Völker aus. Es ist sehr verschiedenartig über dieses Ultimatum geurtheilt worden. Die Einen finden es vollkommen gerechtfertigt, da man ja doch gewußt habe, daß um den Krieg nicht herumzukommen sei, weil Napoleon der Dritte ita haben wollte. Die Andern, denen auch wir uns anschließen, waren ganz anderer Meinung. Sie wissen es sich wol zu erklären, daß Oestreich, lange öereizt. endlich zum entschiedenen Abschluß kommen wollte und sind weit ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/481>, abgerufen am 22.12.2024.