Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
GinM Memoiren.

Zlümoirss xour servir K I'til"tnirs as mon tsmps. ?ar Al. duixot. tous 1.
I-eirMz, LrocKdaus. --

Unter allen, die sich überhaupt um Politik kümmern, wird sich nicht leicht
jemand finden, der dies Buch ungelesen läßt. Die Ereignisse der letzten Jahre
haben die öffentliche Meinung sehr wesentlich zu Gunsten seines Verfassers
umgestimmt. Zwar kann man ihn heute ebenso wenig als vor zehn Jahren
für einen großen Staatsmann halten, aber unter den kleinen Intriganten, die
1830 bis 1848 das Nuder führten, nimmt er doch immer die ansehnlichste
Stellung ein. Er gehörte zu den Wenigen, die in ihrem öffentlichen Amt
keine Privatvortheile verfolgten: ein Umstand, von dem man eigentlich nicht
viel reden sollte, der aber heute als seltener Ausnahmefall Beachtung verdient. Die
Maximen seiner Politik waren zwar nicht sehr groß und nicht sehr weise, daß
sie aber nicht zu den schlechtesten gehörten, lehrt schon der Erfolg. Höchst un¬
populär im Publicum und dem König wegen seines Professorenernstes ver¬
haßt, von erbitterten Nebenbuhlern durch die kleinlichsten Malicen unaufhörlich
verfolgt, im Innern ohne festen Halt, von den auswärtigen Regierungen, die
alle Ursache hatten ihn zu stützen, nicht selten böswillig angefochten, hat er
doch, ohne jemals das Gesetz zu verletzen, acht Jahre lang die Regierung mit
Hilfe ^einer parlamentarischen Partei behauptet, die zum großen Theil sein
Werk war, und die, so viel man gegen sie einwenden mag, doch immer zu den
mindest verwerflichen des Landes gehörte. Wenn diese Regierung unter dem
Sturm der Februarrevolution zusammenbrach, so war das nicht seine Schuld,
sondern die Schuld des Königs. Man darf es jetzt wol offen aussprechen,
da über all diesen unglücklichen Begebenheiten Gras gewachsen ist: die Februar¬
revolution ist in Frankreich wie in Deutschland nicht durch äußere Gewalt ins
Werk gesetzt worden, sondern dadurch, daß in dem allgemeinen Schwindel, der
die Menge ergriff, auch das Königthum den Kopf verlor. Louis Philipp siel,
weil er in einem Augenblick, wo in dem Rausch des allgemeinen Lärms nie¬
mand wußte, was er wollte, den einzigen Minister verabschiedete, der wenig¬
stens Muth genug besah, gegen das allgemeine Geschrei seine Ueberzeugung
zu behaupten, und den Tumultuanten Gehör gab. die aus Furcht in crie eben
'


<Ä>e"jboteu II. 185". - x,^
GinM Memoiren.

Zlümoirss xour servir K I'til»tnirs as mon tsmps. ?ar Al. duixot. tous 1.
I-eirMz, LrocKdaus. —

Unter allen, die sich überhaupt um Politik kümmern, wird sich nicht leicht
jemand finden, der dies Buch ungelesen läßt. Die Ereignisse der letzten Jahre
haben die öffentliche Meinung sehr wesentlich zu Gunsten seines Verfassers
umgestimmt. Zwar kann man ihn heute ebenso wenig als vor zehn Jahren
für einen großen Staatsmann halten, aber unter den kleinen Intriganten, die
1830 bis 1848 das Nuder führten, nimmt er doch immer die ansehnlichste
Stellung ein. Er gehörte zu den Wenigen, die in ihrem öffentlichen Amt
keine Privatvortheile verfolgten: ein Umstand, von dem man eigentlich nicht
viel reden sollte, der aber heute als seltener Ausnahmefall Beachtung verdient. Die
Maximen seiner Politik waren zwar nicht sehr groß und nicht sehr weise, daß
sie aber nicht zu den schlechtesten gehörten, lehrt schon der Erfolg. Höchst un¬
populär im Publicum und dem König wegen seines Professorenernstes ver¬
haßt, von erbitterten Nebenbuhlern durch die kleinlichsten Malicen unaufhörlich
verfolgt, im Innern ohne festen Halt, von den auswärtigen Regierungen, die
alle Ursache hatten ihn zu stützen, nicht selten böswillig angefochten, hat er
doch, ohne jemals das Gesetz zu verletzen, acht Jahre lang die Regierung mit
Hilfe ^einer parlamentarischen Partei behauptet, die zum großen Theil sein
Werk war, und die, so viel man gegen sie einwenden mag, doch immer zu den
mindest verwerflichen des Landes gehörte. Wenn diese Regierung unter dem
Sturm der Februarrevolution zusammenbrach, so war das nicht seine Schuld,
sondern die Schuld des Königs. Man darf es jetzt wol offen aussprechen,
da über all diesen unglücklichen Begebenheiten Gras gewachsen ist: die Februar¬
revolution ist in Frankreich wie in Deutschland nicht durch äußere Gewalt ins
Werk gesetzt worden, sondern dadurch, daß in dem allgemeinen Schwindel, der
die Menge ergriff, auch das Königthum den Kopf verlor. Louis Philipp siel,
weil er in einem Augenblick, wo in dem Rausch des allgemeinen Lärms nie¬
mand wußte, was er wollte, den einzigen Minister verabschiedete, der wenig¬
stens Muth genug besah, gegen das allgemeine Geschrei seine Ueberzeugung
zu behaupten, und den Tumultuanten Gehör gab. die aus Furcht in crie eben
'


<Ä>e»jboteu II. 185». - x,^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0409" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186822"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> GinM Memoiren.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_928"> Zlümoirss xour servir K I'til»tnirs as mon tsmps.  ?ar Al. duixot.  tous 1.<lb/>
I-eirMz, LrocKdaus. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_929" next="#ID_930"> Unter allen, die sich überhaupt um Politik kümmern, wird sich nicht leicht<lb/>
jemand finden, der dies Buch ungelesen läßt. Die Ereignisse der letzten Jahre<lb/>
haben die öffentliche Meinung sehr wesentlich zu Gunsten seines Verfassers<lb/>
umgestimmt. Zwar kann man ihn heute ebenso wenig als vor zehn Jahren<lb/>
für einen großen Staatsmann halten, aber unter den kleinen Intriganten, die<lb/>
1830 bis 1848 das Nuder führten, nimmt er doch immer die ansehnlichste<lb/>
Stellung ein. Er gehörte zu den Wenigen, die in ihrem öffentlichen Amt<lb/>
keine Privatvortheile verfolgten: ein Umstand, von dem man eigentlich nicht<lb/>
viel reden sollte, der aber heute als seltener Ausnahmefall Beachtung verdient. Die<lb/>
Maximen seiner Politik waren zwar nicht sehr groß und nicht sehr weise, daß<lb/>
sie aber nicht zu den schlechtesten gehörten, lehrt schon der Erfolg. Höchst un¬<lb/>
populär im Publicum und dem König wegen seines Professorenernstes ver¬<lb/>
haßt, von erbitterten Nebenbuhlern durch die kleinlichsten Malicen unaufhörlich<lb/>
verfolgt, im Innern ohne festen Halt, von den auswärtigen Regierungen, die<lb/>
alle Ursache hatten ihn zu stützen, nicht selten böswillig angefochten, hat er<lb/>
doch, ohne jemals das Gesetz zu verletzen, acht Jahre lang die Regierung mit<lb/>
Hilfe ^einer parlamentarischen Partei behauptet, die zum großen Theil sein<lb/>
Werk war, und die, so viel man gegen sie einwenden mag, doch immer zu den<lb/>
mindest verwerflichen des Landes gehörte. Wenn diese Regierung unter dem<lb/>
Sturm der Februarrevolution zusammenbrach, so war das nicht seine Schuld,<lb/>
sondern die Schuld des Königs. Man darf es jetzt wol offen aussprechen,<lb/>
da über all diesen unglücklichen Begebenheiten Gras gewachsen ist: die Februar¬<lb/>
revolution ist in Frankreich wie in Deutschland nicht durch äußere Gewalt ins<lb/>
Werk gesetzt worden, sondern dadurch, daß in dem allgemeinen Schwindel, der<lb/>
die Menge ergriff, auch das Königthum den Kopf verlor. Louis Philipp siel,<lb/>
weil er in einem Augenblick, wo in dem Rausch des allgemeinen Lärms nie¬<lb/>
mand wußte, was er wollte, den einzigen Minister verabschiedete, der wenig¬<lb/>
stens Muth genug besah, gegen das allgemeine Geschrei seine Ueberzeugung<lb/>
zu behaupten, und den Tumultuanten Gehör gab. die aus Furcht in crie eben<lb/>
'</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> &lt;Ä&gt;e»jboteu II. 185». - x,^</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0409] GinM Memoiren. Zlümoirss xour servir K I'til»tnirs as mon tsmps. ?ar Al. duixot. tous 1. I-eirMz, LrocKdaus. — Unter allen, die sich überhaupt um Politik kümmern, wird sich nicht leicht jemand finden, der dies Buch ungelesen läßt. Die Ereignisse der letzten Jahre haben die öffentliche Meinung sehr wesentlich zu Gunsten seines Verfassers umgestimmt. Zwar kann man ihn heute ebenso wenig als vor zehn Jahren für einen großen Staatsmann halten, aber unter den kleinen Intriganten, die 1830 bis 1848 das Nuder führten, nimmt er doch immer die ansehnlichste Stellung ein. Er gehörte zu den Wenigen, die in ihrem öffentlichen Amt keine Privatvortheile verfolgten: ein Umstand, von dem man eigentlich nicht viel reden sollte, der aber heute als seltener Ausnahmefall Beachtung verdient. Die Maximen seiner Politik waren zwar nicht sehr groß und nicht sehr weise, daß sie aber nicht zu den schlechtesten gehörten, lehrt schon der Erfolg. Höchst un¬ populär im Publicum und dem König wegen seines Professorenernstes ver¬ haßt, von erbitterten Nebenbuhlern durch die kleinlichsten Malicen unaufhörlich verfolgt, im Innern ohne festen Halt, von den auswärtigen Regierungen, die alle Ursache hatten ihn zu stützen, nicht selten böswillig angefochten, hat er doch, ohne jemals das Gesetz zu verletzen, acht Jahre lang die Regierung mit Hilfe ^einer parlamentarischen Partei behauptet, die zum großen Theil sein Werk war, und die, so viel man gegen sie einwenden mag, doch immer zu den mindest verwerflichen des Landes gehörte. Wenn diese Regierung unter dem Sturm der Februarrevolution zusammenbrach, so war das nicht seine Schuld, sondern die Schuld des Königs. Man darf es jetzt wol offen aussprechen, da über all diesen unglücklichen Begebenheiten Gras gewachsen ist: die Februar¬ revolution ist in Frankreich wie in Deutschland nicht durch äußere Gewalt ins Werk gesetzt worden, sondern dadurch, daß in dem allgemeinen Schwindel, der die Menge ergriff, auch das Königthum den Kopf verlor. Louis Philipp siel, weil er in einem Augenblick, wo in dem Rausch des allgemeinen Lärms nie¬ mand wußte, was er wollte, den einzigen Minister verabschiedete, der wenig¬ stens Muth genug besah, gegen das allgemeine Geschrei seine Ueberzeugung zu behaupten, und den Tumultuanten Gehör gab. die aus Furcht in crie eben ' <Ä>e»jboteu II. 185». - x,^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/409
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/409>, abgerufen am 21.12.2024.