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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Die Bestrebungen zur Hebung der arbeitenden Classen.
n^^. ^ ^1
Die Association.

Wenn die bisherigen Erörterungen zunächst uur zu einem negativen Re¬
sultate führten, insofern sich die Unmöglichkeit oder Unzulänglichkeit der dis-
cutirten, zu dem vorgesteckten Ziel eingeschlagenen Wege herausstellte, so sind
wir doch den Forderungen um ein gutes Theil dadurch näher gekommen, die
wir an die Mittel zur Abhilfe zu stellen haben, wenn durch dieselben daS
Uebel wirksam bekämpft werden soll. Als Grund desselben erkannten wir die
Tendenz der neuern Industrie zum Großbetrieb, als der durch den gewerblichen
Fortschritt unserer Tage nothwendig bedingten Geschäflsform, und verwarfen
die Rückkehr zum Alten ebenso, wie die Assecuranz, von denen jede nur einen
Bruchtheil der Arbeiter berücksichtigt. Ueberdem zeigte sich die erstere jenem
industriellen Fortschritt gegenüber als unmöglich und verderblich, die letztere
konnte schon der vorwaltenden Lohnverhältnisse wegen nicht durchgeführt werden.
In der Aushilfe und Unterstützung aus fremden Mittel" endlich, in dem
Almosen fanden wir den allergefährlichsten Feind der Arbeiter, weil es daS
Uebel nur verstärkt, statt ihm abzuhelfen, und zum vollständigen wirthschaft-
lichen und sittlichen Ruin fuhrt.

Hiernach fordern wir zuerst von dem einzuschlagenden Wege, daß derselbe
nicht blos einseitig das Wohl einer einzelnen Classe der Arbeiter verfolge, viel¬
mehr die ganze arbeitende Bevölkerung umfasse, und ganz besonders dahin
ziele, die gewerbliche Selbstständigkeit der bisherigen Kleinmeister aufrecht zu
erhalten, sowol um deren selbst willen, als auch weil ihr Herabsinken zu
bloßen Lohnarbeitern zugleich auf die Zustände dieser letzter" einen entschieden
ungünstigen Einfluß ausüben würde.

Eodann darf dabei der industrielle Fortschritt nicht aus dem Auge gelassen
werden, vielmehr muß man sich hüten, im vergeblichen Ankämpfen dagegen
Zeit und Mittel unnütz zu vergeuden, und dafür lieber die großen Hilfsmittel,
die er bietet, dem Zwecke dienstbar zu machen suchen.

Endlich aber müssen alle Bestrebungen zum Wohl der arbeitenden Classen
auf die innere sittliche und wirthschafiliche Stärkung derselben, auf die Erweckung


Grcnzbote". III. 18S7. 3K
Die Bestrebungen zur Hebung der arbeitenden Classen.
n^^. ^ ^1
Die Association.

Wenn die bisherigen Erörterungen zunächst uur zu einem negativen Re¬
sultate führten, insofern sich die Unmöglichkeit oder Unzulänglichkeit der dis-
cutirten, zu dem vorgesteckten Ziel eingeschlagenen Wege herausstellte, so sind
wir doch den Forderungen um ein gutes Theil dadurch näher gekommen, die
wir an die Mittel zur Abhilfe zu stellen haben, wenn durch dieselben daS
Uebel wirksam bekämpft werden soll. Als Grund desselben erkannten wir die
Tendenz der neuern Industrie zum Großbetrieb, als der durch den gewerblichen
Fortschritt unserer Tage nothwendig bedingten Geschäflsform, und verwarfen
die Rückkehr zum Alten ebenso, wie die Assecuranz, von denen jede nur einen
Bruchtheil der Arbeiter berücksichtigt. Ueberdem zeigte sich die erstere jenem
industriellen Fortschritt gegenüber als unmöglich und verderblich, die letztere
konnte schon der vorwaltenden Lohnverhältnisse wegen nicht durchgeführt werden.
In der Aushilfe und Unterstützung aus fremden Mittel» endlich, in dem
Almosen fanden wir den allergefährlichsten Feind der Arbeiter, weil es daS
Uebel nur verstärkt, statt ihm abzuhelfen, und zum vollständigen wirthschaft-
lichen und sittlichen Ruin fuhrt.

Hiernach fordern wir zuerst von dem einzuschlagenden Wege, daß derselbe
nicht blos einseitig das Wohl einer einzelnen Classe der Arbeiter verfolge, viel¬
mehr die ganze arbeitende Bevölkerung umfasse, und ganz besonders dahin
ziele, die gewerbliche Selbstständigkeit der bisherigen Kleinmeister aufrecht zu
erhalten, sowol um deren selbst willen, als auch weil ihr Herabsinken zu
bloßen Lohnarbeitern zugleich auf die Zustände dieser letzter» einen entschieden
ungünstigen Einfluß ausüben würde.

Eodann darf dabei der industrielle Fortschritt nicht aus dem Auge gelassen
werden, vielmehr muß man sich hüten, im vergeblichen Ankämpfen dagegen
Zeit und Mittel unnütz zu vergeuden, und dafür lieber die großen Hilfsmittel,
die er bietet, dem Zwecke dienstbar zu machen suchen.

Endlich aber müssen alle Bestrebungen zum Wohl der arbeitenden Classen
auf die innere sittliche und wirthschafiliche Stärkung derselben, auf die Erweckung


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[0449] Die Bestrebungen zur Hebung der arbeitenden Classen. n^^. ^ ^1 Die Association. Wenn die bisherigen Erörterungen zunächst uur zu einem negativen Re¬ sultate führten, insofern sich die Unmöglichkeit oder Unzulänglichkeit der dis- cutirten, zu dem vorgesteckten Ziel eingeschlagenen Wege herausstellte, so sind wir doch den Forderungen um ein gutes Theil dadurch näher gekommen, die wir an die Mittel zur Abhilfe zu stellen haben, wenn durch dieselben daS Uebel wirksam bekämpft werden soll. Als Grund desselben erkannten wir die Tendenz der neuern Industrie zum Großbetrieb, als der durch den gewerblichen Fortschritt unserer Tage nothwendig bedingten Geschäflsform, und verwarfen die Rückkehr zum Alten ebenso, wie die Assecuranz, von denen jede nur einen Bruchtheil der Arbeiter berücksichtigt. Ueberdem zeigte sich die erstere jenem industriellen Fortschritt gegenüber als unmöglich und verderblich, die letztere konnte schon der vorwaltenden Lohnverhältnisse wegen nicht durchgeführt werden. In der Aushilfe und Unterstützung aus fremden Mittel» endlich, in dem Almosen fanden wir den allergefährlichsten Feind der Arbeiter, weil es daS Uebel nur verstärkt, statt ihm abzuhelfen, und zum vollständigen wirthschaft- lichen und sittlichen Ruin fuhrt. Hiernach fordern wir zuerst von dem einzuschlagenden Wege, daß derselbe nicht blos einseitig das Wohl einer einzelnen Classe der Arbeiter verfolge, viel¬ mehr die ganze arbeitende Bevölkerung umfasse, und ganz besonders dahin ziele, die gewerbliche Selbstständigkeit der bisherigen Kleinmeister aufrecht zu erhalten, sowol um deren selbst willen, als auch weil ihr Herabsinken zu bloßen Lohnarbeitern zugleich auf die Zustände dieser letzter» einen entschieden ungünstigen Einfluß ausüben würde. Eodann darf dabei der industrielle Fortschritt nicht aus dem Auge gelassen werden, vielmehr muß man sich hüten, im vergeblichen Ankämpfen dagegen Zeit und Mittel unnütz zu vergeuden, und dafür lieber die großen Hilfsmittel, die er bietet, dem Zwecke dienstbar zu machen suchen. Endlich aber müssen alle Bestrebungen zum Wohl der arbeitenden Classen auf die innere sittliche und wirthschafiliche Stärkung derselben, auf die Erweckung Grcnzbote». III. 18S7. 3K

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/449>, abgerufen am 29.06.2024.