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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Wicklung beobachtet hat -- die al^voll msmdra, puelas." -- Je zweifelhafter
ihm die Untrüglichkeit der philosophischen Methode wurde, desto schärfer trennte
er die religiösen Streitfragen von den philosophischen. "Es liegt in der
menschliche" Natur eine dunkle Stelle, im menschlichen Geschick ein unerforsch-
liches Geheimniß; der Gegenstand der Religion eristict ebenso wirklich, wie der
irgend einer Wissenschaft, aber er entzieht sich der vollständigen Kenntniß.
Die Substanz der Religion, d. h. der ursprüngliche Glaube, läßt sich durch
das Studium des menschlichen Geistes ebenso genau nachweisen, wie jede
andere wissenschaftliche Thatsache, und die Religion, die sie unentstellt über¬
liefert, ist die rechte." -- Seine Porlesungen forderten eine stille Sammlung,
und hielten jede Beziehung zur Wirklichkeit fern. Jouffroy war müde ge¬
worden; nachdem er in seiner Jugend mit Anstrengung die Wahrheit gesucht
und sie in einem Augenblick des stolzen Enthusiasmus zu finden geglaubt,
schloß er mit der Resignation, und seine Moral ging auf den Katechismus
zurück.

Auch an der Politik nahm er Theil; er wurde im Juli -1831 in die
Deputirtenkammer gewählt und trat in dieselbe mit dem festen Entschluß ein,
sich keiner Partei anzuschließen. Auf die Länge kann ein solcher Entschluß
nicht durchgeführt werden, weil man mit ihm miegt jede Wirksamkeit aufgibt.
Er schloß sich mehr und mehr dem Kreise an, zu nein er seiner Bildung nach
gehörte, ten Doctriuärs; doch hat er daS Verdienst, zuerst sehr entschieden
eine Wahrheit ausgesprochen zu haben, die damals große Perwunderung er¬
regte, die aber durch die spätern Ereignisse zur Evidenz erhoben ist, daß näm¬
lich in Beziehung auf alle wesentlichen Dinge alle Nuancen der constitutionellen
Partei vollkommen einig sind, und daß die Streitigketten zum großen Theil
aus persönlichen Motiven hervorgehen. Jouffroy starb den -I. März -1847.--


I. S.


Literatur.

Weimars Geniu S. Eine Festgabe in Lebensbildern von G. Treumund.
Weimar, T. F. A. Kühn. -- Das Buch, veranlaßt durch die Scptcmberseier, gibt
in theilweise recht ansprechenden Gedichte" jeden", der zum Glänze Weimars bei¬
getragen, sein gebührendes Theil Lob. Voran geht eine Biographie Karl Augusts,
dann wird das Fürstenhaus von Johann Friedrich dem Großmüthigen bis auf den
jetzt regierenden Großherzog besungen, baun in ihren hauptsächlichsten Vertretern
Religion und Kirche, Wissenschaft und Kunst des einstigen und jetzigen Weimar.
Auch Joseph Rand, Hoffmann v. Fallersleben spielen ihre Rolle im Masteuzug,
und so wird diese Festgabe in Weimar, für das sie vorzüglich bestimmt scheint,
sicher allgemeine Befriedigung erwecken. Beigegeben ist ein hübsches Porträt Karl
Augusts.




Verantwortlicher Redacteur: v. Morijz Busch. Verlag von F. L. Her dig.
i" Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.


Wicklung beobachtet hat — die al^voll msmdra, puelas." — Je zweifelhafter
ihm die Untrüglichkeit der philosophischen Methode wurde, desto schärfer trennte
er die religiösen Streitfragen von den philosophischen. „Es liegt in der
menschliche» Natur eine dunkle Stelle, im menschlichen Geschick ein unerforsch-
liches Geheimniß; der Gegenstand der Religion eristict ebenso wirklich, wie der
irgend einer Wissenschaft, aber er entzieht sich der vollständigen Kenntniß.
Die Substanz der Religion, d. h. der ursprüngliche Glaube, läßt sich durch
das Studium des menschlichen Geistes ebenso genau nachweisen, wie jede
andere wissenschaftliche Thatsache, und die Religion, die sie unentstellt über¬
liefert, ist die rechte." — Seine Porlesungen forderten eine stille Sammlung,
und hielten jede Beziehung zur Wirklichkeit fern. Jouffroy war müde ge¬
worden; nachdem er in seiner Jugend mit Anstrengung die Wahrheit gesucht
und sie in einem Augenblick des stolzen Enthusiasmus zu finden geglaubt,
schloß er mit der Resignation, und seine Moral ging auf den Katechismus
zurück.

Auch an der Politik nahm er Theil; er wurde im Juli -1831 in die
Deputirtenkammer gewählt und trat in dieselbe mit dem festen Entschluß ein,
sich keiner Partei anzuschließen. Auf die Länge kann ein solcher Entschluß
nicht durchgeführt werden, weil man mit ihm miegt jede Wirksamkeit aufgibt.
Er schloß sich mehr und mehr dem Kreise an, zu nein er seiner Bildung nach
gehörte, ten Doctriuärs; doch hat er daS Verdienst, zuerst sehr entschieden
eine Wahrheit ausgesprochen zu haben, die damals große Perwunderung er¬
regte, die aber durch die spätern Ereignisse zur Evidenz erhoben ist, daß näm¬
lich in Beziehung auf alle wesentlichen Dinge alle Nuancen der constitutionellen
Partei vollkommen einig sind, und daß die Streitigketten zum großen Theil
aus persönlichen Motiven hervorgehen. Jouffroy starb den -I. März -1847.—


I. S.


Literatur.

Weimars Geniu S. Eine Festgabe in Lebensbildern von G. Treumund.
Weimar, T. F. A. Kühn. — Das Buch, veranlaßt durch die Scptcmberseier, gibt
in theilweise recht ansprechenden Gedichte» jeden», der zum Glänze Weimars bei¬
getragen, sein gebührendes Theil Lob. Voran geht eine Biographie Karl Augusts,
dann wird das Fürstenhaus von Johann Friedrich dem Großmüthigen bis auf den
jetzt regierenden Großherzog besungen, baun in ihren hauptsächlichsten Vertretern
Religion und Kirche, Wissenschaft und Kunst des einstigen und jetzigen Weimar.
Auch Joseph Rand, Hoffmann v. Fallersleben spielen ihre Rolle im Masteuzug,
und so wird diese Festgabe in Weimar, für das sie vorzüglich bestimmt scheint,
sicher allgemeine Befriedigung erwecken. Beigegeben ist ein hübsches Porträt Karl
Augusts.




Verantwortlicher Redacteur: v. Morijz Busch. Verlag von F. L. Her dig.
i» Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/448>, abgerufen am 29.06.2024.