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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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nen vor uns aufstiegen. Moses und Joseph mögen mythische Personen sein,
die Priesterweisheit des alten On mag engere Grenze" gehabt haben, als
Manche meinen. Der Obelisk Scsurtesens, eine Granitsiiule 65 Fuß hoch,
auf jeder Seite Fuß breit, ans Sreinbrüchen -160 deutsche Meilen von
hier herabgeschafft, ist keine Mythe, so wenig, wie die Pyramide", die von
jenseits des Flusses wie blaue Frlshörncr über die Palmenhaine von Gizeh
nach uns herüberschauen, und schon hier werden wir inne, baß es ein großes,
edles Volk gewesen ist, welches einst die Ufer des Nil bewohnte.

Wie wenig die heutigen Aegypter sich damit vergleichen lassen, zeigt unter
anderem das größte Bauwerk, welches sie geschaffen haben, die eine Meile
nördlich von hier, am sogenannten Kuhbauch, der Stelle, wo der Nil sich in
den Rosette- und Damiettearm theilt, aufgeführte Barrage. Eine gewaltige
Doppelbrücke, deren Bogen, mit Schleußenthoren zu schließen, dem Plane
nach bestimmt waren, den Strom zu meistern und zu weiterer und längerer
Ueberschwemmung zu zu lügen, überspannt beide Flußarme. Dreißig Millionen
Piaster wurden darauf verwendet. Tausende und Tausende von Fellahs mau¬
erten fast ein Menschenalter daran. Aber der Plan des Franzosen, der die
Arbeiten leitete, war eine Thorheit, wie alle Plane, die von Franzosen in
Aegypten angegeben und ausgeführt wurden. Der Strom ließ sich nicht
zwingen, außerdem litt die Schiffahrt. So läßt man das Werk verfallen, wie
man vermuthlich den Suezkanal des Herrn v.' Lesseps verfallen lassen würde,
wenn er zu Stande käme, und in wenigen Jahrzehnten wird an der mächtigen
Brücke kein Stein mehr auf dem andern sein, während der Obelisk des alte"
Mizrcijim noch Jahrtausende das Gedächtniß seines Erbauers erhalte" wird.




Die französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts.
pinto8c>pliejj t'iiinhllis ein 19. L^vis. viir II. Isine. ?An8, HiielilZttö Ä Loup.
i.
Jouffroy.

Während Cousin die Speculation immer mehr in die Breite ausdehnte,
wurde die streng wissenschaftliche Richtung von einem ernstern Prüfer wieder
ausgenommen. Jouffroy, 1796 in einem Dorf deS Jura geboren, widmete
sich seit 181 i auf der Normalschule unter Cousins Leitung der Philosophie
und erhielt schon 1817 durch Royer-Collards Vermittlung eine Lehrerstelle an
dieser Anstalt. Der neue Professor bildete einen bemerkenswerthen Gegensatz
grgen seinen geistvollen Lehrer. In Cousins Vortrag war alles dramatische


nen vor uns aufstiegen. Moses und Joseph mögen mythische Personen sein,
die Priesterweisheit des alten On mag engere Grenze» gehabt haben, als
Manche meinen. Der Obelisk Scsurtesens, eine Granitsiiule 65 Fuß hoch,
auf jeder Seite Fuß breit, ans Sreinbrüchen -160 deutsche Meilen von
hier herabgeschafft, ist keine Mythe, so wenig, wie die Pyramide», die von
jenseits des Flusses wie blaue Frlshörncr über die Palmenhaine von Gizeh
nach uns herüberschauen, und schon hier werden wir inne, baß es ein großes,
edles Volk gewesen ist, welches einst die Ufer des Nil bewohnte.

Wie wenig die heutigen Aegypter sich damit vergleichen lassen, zeigt unter
anderem das größte Bauwerk, welches sie geschaffen haben, die eine Meile
nördlich von hier, am sogenannten Kuhbauch, der Stelle, wo der Nil sich in
den Rosette- und Damiettearm theilt, aufgeführte Barrage. Eine gewaltige
Doppelbrücke, deren Bogen, mit Schleußenthoren zu schließen, dem Plane
nach bestimmt waren, den Strom zu meistern und zu weiterer und längerer
Ueberschwemmung zu zu lügen, überspannt beide Flußarme. Dreißig Millionen
Piaster wurden darauf verwendet. Tausende und Tausende von Fellahs mau¬
erten fast ein Menschenalter daran. Aber der Plan des Franzosen, der die
Arbeiten leitete, war eine Thorheit, wie alle Plane, die von Franzosen in
Aegypten angegeben und ausgeführt wurden. Der Strom ließ sich nicht
zwingen, außerdem litt die Schiffahrt. So läßt man das Werk verfallen, wie
man vermuthlich den Suezkanal des Herrn v.' Lesseps verfallen lassen würde,
wenn er zu Stande käme, und in wenigen Jahrzehnten wird an der mächtigen
Brücke kein Stein mehr auf dem andern sein, während der Obelisk des alte»
Mizrcijim noch Jahrtausende das Gedächtniß seines Erbauers erhalte» wird.




Die französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts.
pinto8c>pliejj t'iiinhllis ein 19. L^vis. viir II. Isine. ?An8, HiielilZttö Ä Loup.
i.
Jouffroy.

Während Cousin die Speculation immer mehr in die Breite ausdehnte,
wurde die streng wissenschaftliche Richtung von einem ernstern Prüfer wieder
ausgenommen. Jouffroy, 1796 in einem Dorf deS Jura geboren, widmete
sich seit 181 i auf der Normalschule unter Cousins Leitung der Philosophie
und erhielt schon 1817 durch Royer-Collards Vermittlung eine Lehrerstelle an
dieser Anstalt. Der neue Professor bildete einen bemerkenswerthen Gegensatz
grgen seinen geistvollen Lehrer. In Cousins Vortrag war alles dramatische


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[0439] nen vor uns aufstiegen. Moses und Joseph mögen mythische Personen sein, die Priesterweisheit des alten On mag engere Grenze» gehabt haben, als Manche meinen. Der Obelisk Scsurtesens, eine Granitsiiule 65 Fuß hoch, auf jeder Seite Fuß breit, ans Sreinbrüchen -160 deutsche Meilen von hier herabgeschafft, ist keine Mythe, so wenig, wie die Pyramide», die von jenseits des Flusses wie blaue Frlshörncr über die Palmenhaine von Gizeh nach uns herüberschauen, und schon hier werden wir inne, baß es ein großes, edles Volk gewesen ist, welches einst die Ufer des Nil bewohnte. Wie wenig die heutigen Aegypter sich damit vergleichen lassen, zeigt unter anderem das größte Bauwerk, welches sie geschaffen haben, die eine Meile nördlich von hier, am sogenannten Kuhbauch, der Stelle, wo der Nil sich in den Rosette- und Damiettearm theilt, aufgeführte Barrage. Eine gewaltige Doppelbrücke, deren Bogen, mit Schleußenthoren zu schließen, dem Plane nach bestimmt waren, den Strom zu meistern und zu weiterer und längerer Ueberschwemmung zu zu lügen, überspannt beide Flußarme. Dreißig Millionen Piaster wurden darauf verwendet. Tausende und Tausende von Fellahs mau¬ erten fast ein Menschenalter daran. Aber der Plan des Franzosen, der die Arbeiten leitete, war eine Thorheit, wie alle Plane, die von Franzosen in Aegypten angegeben und ausgeführt wurden. Der Strom ließ sich nicht zwingen, außerdem litt die Schiffahrt. So läßt man das Werk verfallen, wie man vermuthlich den Suezkanal des Herrn v.' Lesseps verfallen lassen würde, wenn er zu Stande käme, und in wenigen Jahrzehnten wird an der mächtigen Brücke kein Stein mehr auf dem andern sein, während der Obelisk des alte» Mizrcijim noch Jahrtausende das Gedächtniß seines Erbauers erhalte» wird. Die französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts. pinto8c>pliejj t'iiinhllis ein 19. L^vis. viir II. Isine. ?An8, HiielilZttö Ä Loup. i. Jouffroy. Während Cousin die Speculation immer mehr in die Breite ausdehnte, wurde die streng wissenschaftliche Richtung von einem ernstern Prüfer wieder ausgenommen. Jouffroy, 1796 in einem Dorf deS Jura geboren, widmete sich seit 181 i auf der Normalschule unter Cousins Leitung der Philosophie und erhielt schon 1817 durch Royer-Collards Vermittlung eine Lehrerstelle an dieser Anstalt. Der neue Professor bildete einen bemerkenswerthen Gegensatz grgen seinen geistvollen Lehrer. In Cousins Vortrag war alles dramatische

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/439>, abgerufen am 29.06.2024.