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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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schwunden, es war verjubelt, für Tand ausgegeben, zuletzt für Lebensmittel
zugesetzt. Aber nicht dies war daS größte Unheil; ein größeres war, daß in
dieser Zeit Bürger und Landmann gewaltsam aus dem Gleise ihrer redlichen
Tagesarbeit herausgerissen wurden. Leichtsinn, abenteuerndes Wesen und ein
ruchloser Egoismus griffen um sich. Die zerstörenden Gewalten des Krieges
hatten einen ihrer bösen Geister vorausgesandt, das feste Gefüge der bürger¬
lichen Gesellschaft zu lockern, und ein friedliches, arbeitsames und ehrliches Volk
zu gewöhnen an das Heer von Leiden und Verbrechen, welches kurz daraus
über Deutschland hereinbrach.

Das Jahr 1621 hieß fortan die Zeit der Kipper und Wipper. Schon im
Herbst dieses Jahres führte Christian von Braunschweig-Lüneburg, Bischof von
Minden, von Zelle aus wieder das alte Reichsgeld ein. Ihm folgten die andern
Stände. Die Verwirrung aber, die Aufregung die Händel und die Flug¬
schriftenliteratur dauerten bis in das Jahr 162i. -- Die Lehre, welche sich die
Fürsten aus den Folgen ihres frevelhaften Thuns ziehen konnten, hielt gegen¬
über spätern Versuchungen nicht Stand. Es schien noch am Ende des 17. Jahr¬
hunderts unmöglich, den Heckenmünzen und der immer wieder eintretenden Ver¬
schlechterung des Geldes gründlich abzuhelfen.

Und doch begann sich grade damals die große Macht zu bilden, welcher
im 18. Jahrhundert noch vor Auflösung des Reiches die Heckenmünzer und
Kipper erlagen. Ehrlicher als die Reichstage und thätiger als die General-
wardeine sorgte sie dafür, daß der Bewohner der entlegensten Hütte so schnell,
als Boten und Postpferde liefen, erfuhr, was die klugen Kaufherrn in Ham¬
burg und Amsterdam von dem Werthe einer jeden neugeprägten Geldsorte
hielten. -- Diese Macht waren die Zeitungen.




Die französische Philosophie des 1V. Jahrhunderts.
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Royer-Collard.

An den Namen Royer-Collard knüpfen sich eine Reihe der wichtigsten
Umwandlungen in der Richtung des französischen Geistes. Obgleich weder
schöpferisch in Bezug aus die Ideenwelt, noch mit einer tiefen wissenschaftlichen
Bildung ausgestattet, hat er der Wissenschaft doch eine neue Bahn gegraben
und sie mit dem öffentlichen Leben in Verbindung gesetzt. Er ist nicht blos
der Gründer, sondern der eigentliche Repräsentant jener Schule, welche für
die Ideen der Revolution und die Ueberlieferungen des Christenthums in der
Kirche wie im Staat, in der Philosophie wie in der öffentlichen Moral nach


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schwunden, es war verjubelt, für Tand ausgegeben, zuletzt für Lebensmittel
zugesetzt. Aber nicht dies war daS größte Unheil; ein größeres war, daß in
dieser Zeit Bürger und Landmann gewaltsam aus dem Gleise ihrer redlichen
Tagesarbeit herausgerissen wurden. Leichtsinn, abenteuerndes Wesen und ein
ruchloser Egoismus griffen um sich. Die zerstörenden Gewalten des Krieges
hatten einen ihrer bösen Geister vorausgesandt, das feste Gefüge der bürger¬
lichen Gesellschaft zu lockern, und ein friedliches, arbeitsames und ehrliches Volk
zu gewöhnen an das Heer von Leiden und Verbrechen, welches kurz daraus
über Deutschland hereinbrach.

Das Jahr 1621 hieß fortan die Zeit der Kipper und Wipper. Schon im
Herbst dieses Jahres führte Christian von Braunschweig-Lüneburg, Bischof von
Minden, von Zelle aus wieder das alte Reichsgeld ein. Ihm folgten die andern
Stände. Die Verwirrung aber, die Aufregung die Händel und die Flug¬
schriftenliteratur dauerten bis in das Jahr 162i. — Die Lehre, welche sich die
Fürsten aus den Folgen ihres frevelhaften Thuns ziehen konnten, hielt gegen¬
über spätern Versuchungen nicht Stand. Es schien noch am Ende des 17. Jahr¬
hunderts unmöglich, den Heckenmünzen und der immer wieder eintretenden Ver¬
schlechterung des Geldes gründlich abzuhelfen.

Und doch begann sich grade damals die große Macht zu bilden, welcher
im 18. Jahrhundert noch vor Auflösung des Reiches die Heckenmünzer und
Kipper erlagen. Ehrlicher als die Reichstage und thätiger als die General-
wardeine sorgte sie dafür, daß der Bewohner der entlegensten Hütte so schnell,
als Boten und Postpferde liefen, erfuhr, was die klugen Kaufherrn in Ham¬
burg und Amsterdam von dem Werthe einer jeden neugeprägten Geldsorte
hielten. — Diese Macht waren die Zeitungen.




Die französische Philosophie des 1V. Jahrhunderts.
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Royer-Collard.

An den Namen Royer-Collard knüpfen sich eine Reihe der wichtigsten
Umwandlungen in der Richtung des französischen Geistes. Obgleich weder
schöpferisch in Bezug aus die Ideenwelt, noch mit einer tiefen wissenschaftlichen
Bildung ausgestattet, hat er der Wissenschaft doch eine neue Bahn gegraben
und sie mit dem öffentlichen Leben in Verbindung gesetzt. Er ist nicht blos
der Gründer, sondern der eigentliche Repräsentant jener Schule, welche für
die Ideen der Revolution und die Ueberlieferungen des Christenthums in der
Kirche wie im Staat, in der Philosophie wie in der öffentlichen Moral nach


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/304>, abgerufen am 22.07.2024.