Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.erhielt das Manuscript, dessen Werth er vollkommen richtig beurtheilt hatte; Wir sprechen schließlich noch den Wunsch aus, daß Herr Bernays uns Briefe ans Schleswig-Holstein. Der Nationalitätenstreit in Schleswig. , Im vorigen Briefe sagte ich, an den Angeln zeige sichs, welch ein herr¬ DaS Thatsächliche aber ist, daß die Angeln ein aus dem innern Deutsch¬ erhielt das Manuscript, dessen Werth er vollkommen richtig beurtheilt hatte; Wir sprechen schließlich noch den Wunsch aus, daß Herr Bernays uns Briefe ans Schleswig-Holstein. Der Nationalitätenstreit in Schleswig. , Im vorigen Briefe sagte ich, an den Angeln zeige sichs, welch ein herr¬ DaS Thatsächliche aber ist, daß die Angeln ein aus dem innern Deutsch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101136"/> <p xml:id="ID_384" prev="#ID_383"> erhielt das Manuscript, dessen Werth er vollkommen richtig beurtheilt hatte;<lb/> seitdem ist es verschollen gewesen, bis erst vor fünfzehn Jahren der Engländer<lb/> Cramer es in Paris wieder entdeckt hat. Auf dieser Grundlage konnte Scaliger<lb/> es unternehmen, in griechischer Sprache 'Annalen der griechischen Gesammt-<lb/> geschichte aufzuführen, ein Modell, wie die antike Geschichte in antik chromogra¬<lb/> phischer Form sich aufnehme. Im Sommer 1606 konnte die Frucht siebenjähriger<lb/> Bemühungen erscheinen, und sogleich legte Scaliger die Hand an eine zweite Be¬<lb/> arbeitung, deren Manuscript er in den beiden ihm noch beschiedenen Lebens¬<lb/> jahren vollendete. Er starb am 21, Januar 1K09 in drü Armen seines Lieb¬<lb/> lingsschülers, Daniel Heinsius. „Bis an seine Sterbestunde — so schließt<lb/> sein Biograph — lebte er als Lebendiger, theilnehmend an der Gegenwart,<lb/> wie sie nun geworden, dabei weit zurückschauend in die Vergangenheit und ge¬<lb/> tragen von dem Hochgefühl einer Zukunft, für die er gearbeitet hatte und von<lb/> der er seinen Lohn erwartete."</p><lb/> <p xml:id="ID_385"> Wir sprechen schließlich noch den Wunsch aus, daß Herr Bernays uns<lb/> ,mit einer umfassenden Geschichte der Philologie seit der Wiedererweckung der<lb/> Wissenschaften beschenken möchte, zu welcher ihn seine außerordentliche Kenntniß<lb/> der wissenschaftlichen Zustände in jenen Jahrhunderten in so hohem Grade<lb/> befähigt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Briefe ans Schleswig-Holstein.</head><lb/> <div n="2"> <head> Der Nationalitätenstreit in Schleswig.</head><lb/> <p xml:id="ID_386"> , Im vorigen Briefe sagte ich, an den Angeln zeige sichs, welch ein herr¬<lb/> licher Kern im deutschen Bauernstande liege. Ich habe damit ein streitiges<lb/> Gebiet betreten; denn die Dänen werden das nicht Wort haben wollen, werden<lb/> von unberechtigter Anmaßung sprechen und die Angeln für ihre Nationalität<lb/> in Anspruch nehmen. Wohl konnte ich mich begnügen, gegen diese Be¬<lb/> hauptung mit den Worten: „Deutsch ist deutsch und bleibt deutsch!" zu ver¬<lb/> fahren, welche in Schwaben den Anfang einer Beschwörungsformel bilden, mit<lb/> der man windaufgeschwollcne Rinder und Schöpfe curirt. Ich ziehe es indeß<lb/> vor, Ihnen den Spruch, abgesehen von seiner magischen Kraft, zum Motto<lb/> für diesen Brief zu empfehlen und statt mit einer Beschwörung mit einer kleinen<lb/> Abhandlung über das Thatsächliche auf etwaige Einwürfe von vornherein zu<lb/> antworten.</p><lb/> <p xml:id="ID_387" next="#ID_388"> DaS Thatsächliche aber ist, daß die Angeln ein aus dem innern Deutsch¬<lb/> land eingewanderter, später mit Juden vermischter und dadurch theilweise dani-<lb/> sirter, seit Anfang des jetzigen Jahrhunderts aber in seiner großen Mehrzahl dem</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0143]
erhielt das Manuscript, dessen Werth er vollkommen richtig beurtheilt hatte;
seitdem ist es verschollen gewesen, bis erst vor fünfzehn Jahren der Engländer
Cramer es in Paris wieder entdeckt hat. Auf dieser Grundlage konnte Scaliger
es unternehmen, in griechischer Sprache 'Annalen der griechischen Gesammt-
geschichte aufzuführen, ein Modell, wie die antike Geschichte in antik chromogra¬
phischer Form sich aufnehme. Im Sommer 1606 konnte die Frucht siebenjähriger
Bemühungen erscheinen, und sogleich legte Scaliger die Hand an eine zweite Be¬
arbeitung, deren Manuscript er in den beiden ihm noch beschiedenen Lebens¬
jahren vollendete. Er starb am 21, Januar 1K09 in drü Armen seines Lieb¬
lingsschülers, Daniel Heinsius. „Bis an seine Sterbestunde — so schließt
sein Biograph — lebte er als Lebendiger, theilnehmend an der Gegenwart,
wie sie nun geworden, dabei weit zurückschauend in die Vergangenheit und ge¬
tragen von dem Hochgefühl einer Zukunft, für die er gearbeitet hatte und von
der er seinen Lohn erwartete."
Wir sprechen schließlich noch den Wunsch aus, daß Herr Bernays uns
,mit einer umfassenden Geschichte der Philologie seit der Wiedererweckung der
Wissenschaften beschenken möchte, zu welcher ihn seine außerordentliche Kenntniß
der wissenschaftlichen Zustände in jenen Jahrhunderten in so hohem Grade
befähigt.
Briefe ans Schleswig-Holstein.
Der Nationalitätenstreit in Schleswig.
, Im vorigen Briefe sagte ich, an den Angeln zeige sichs, welch ein herr¬
licher Kern im deutschen Bauernstande liege. Ich habe damit ein streitiges
Gebiet betreten; denn die Dänen werden das nicht Wort haben wollen, werden
von unberechtigter Anmaßung sprechen und die Angeln für ihre Nationalität
in Anspruch nehmen. Wohl konnte ich mich begnügen, gegen diese Be¬
hauptung mit den Worten: „Deutsch ist deutsch und bleibt deutsch!" zu ver¬
fahren, welche in Schwaben den Anfang einer Beschwörungsformel bilden, mit
der man windaufgeschwollcne Rinder und Schöpfe curirt. Ich ziehe es indeß
vor, Ihnen den Spruch, abgesehen von seiner magischen Kraft, zum Motto
für diesen Brief zu empfehlen und statt mit einer Beschwörung mit einer kleinen
Abhandlung über das Thatsächliche auf etwaige Einwürfe von vornherein zu
antworten.
DaS Thatsächliche aber ist, daß die Angeln ein aus dem innern Deutsch¬
land eingewanderter, später mit Juden vermischter und dadurch theilweise dani-
sirter, seit Anfang des jetzigen Jahrhunderts aber in seiner großen Mehrzahl dem
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