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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Advents. Der Papst hatte es nicht für passend gehalten, daß "die Kinder in
Traurigkeit seien, wenn ihre Mutter feierlich gekrönt werde". Indem er die
Gläubigen von der Enthaltsamkeit und dem Fasten dispensirte, die auf den
8. December als Freitag sielen, hat er ihm nicht seine charakteristischen Züge ge¬
nommen, die Natur dieses Tages geändert, einen Freitag unterdrückt, gleichsam
"ausgelöscht?" Da hätte man also "die Woche ohne Freitag!" Nichts kann
klarer sein. Die feurigen Anhänger des Dogma haben es als ein Zeichen
der Zeit, als die Morgenröthe großer Veränderungen und großer Wohl¬
thaten für die Welt und die Kirche verkündet. Gewiß, eine sixrmturg,
tömpvruin ist es!




Kandili und Fuad (Effendi) Pascha.

Sie erinnern sich wol aus meinen früheren Mittheilungen der reizend gelege¬
nen kleinen Ortschaft Kandili (Kanlidja) auf dem asiatischen Ufer der Bosporus¬
straße. Sie bezeichnet den markirtesten Vorsprung, welchen die Küste auf
dieser Seite der Meerenge im Sehbereich der Hauptstadt macht; wenn mau
von dort aus uach Europa hinüberschaut, hat man hart rechts das Thal der
süßen Wasser von Asien, links Vanj-Koj, gegenüber, auf dem rumelischen
Strande, Bebel, und gleich daneben die alten Thürme, welche unter dem
Namen der Hissaren bekannt sind, und, von ihrer Felsenhöhe niederschauend,
einen imposanteren Eindruck machen, als irgendeines der altersgrauen Schlösser
am Hellespont. Zauberisch entfalten sich die Ufer der Seeenge, jenachdem
man die Blicke nach Südwesten oder Nordosten schweifen läßt, und Stambul
selbst mit seinen Hunderten von Minarets und der funkelnden Serailspitze
schließt nach der einen Seite das weite Panorama, während auf der andern
der Herkulesberg (Josuadagh) mit seinen grünen Hängen es abgrenzt. Hier,
in diesem irdischen Paradies, ist es, wo Fuad Pascha, vordem Fuad Effendi,
im Sommer seinen Aufenthalt zu nehmen gewohnt ist. Sein Haus macht sich
bereits aus der Ferne durch seinen hellen Anstrich bemerkbar. In den Dimen¬
sionen tritt es allerdings gegen manches andere, zumal gegen das Serai auf
der Höhe (wenn ich nicht irre gehört es Haut Pascha) zurück, aber es sucht
das Auszeichnende, was es bietet, weder in der Größe noch im äußeren
Schmuck, sondern in der inneren Einrichtung. Fuad Pascha hat beinahe alle
Hauptstädte Europas besucht, liebt fränkische Sitte und Art und hat sich durch¬
aus im abendländischen Geschmack etablirt. Möbeln aus Paris und London
verkünden gleich beim Eintreten in die Zimmer, daß hier die Ausschließlichkeit
des Divans ihre Grenze gefunden hat. Nur was der Orient an Vorzügen


Advents. Der Papst hatte es nicht für passend gehalten, daß „die Kinder in
Traurigkeit seien, wenn ihre Mutter feierlich gekrönt werde". Indem er die
Gläubigen von der Enthaltsamkeit und dem Fasten dispensirte, die auf den
8. December als Freitag sielen, hat er ihm nicht seine charakteristischen Züge ge¬
nommen, die Natur dieses Tages geändert, einen Freitag unterdrückt, gleichsam
„ausgelöscht?" Da hätte man also „die Woche ohne Freitag!" Nichts kann
klarer sein. Die feurigen Anhänger des Dogma haben es als ein Zeichen
der Zeit, als die Morgenröthe großer Veränderungen und großer Wohl¬
thaten für die Welt und die Kirche verkündet. Gewiß, eine sixrmturg,
tömpvruin ist es!




Kandili und Fuad (Effendi) Pascha.

Sie erinnern sich wol aus meinen früheren Mittheilungen der reizend gelege¬
nen kleinen Ortschaft Kandili (Kanlidja) auf dem asiatischen Ufer der Bosporus¬
straße. Sie bezeichnet den markirtesten Vorsprung, welchen die Küste auf
dieser Seite der Meerenge im Sehbereich der Hauptstadt macht; wenn mau
von dort aus uach Europa hinüberschaut, hat man hart rechts das Thal der
süßen Wasser von Asien, links Vanj-Koj, gegenüber, auf dem rumelischen
Strande, Bebel, und gleich daneben die alten Thürme, welche unter dem
Namen der Hissaren bekannt sind, und, von ihrer Felsenhöhe niederschauend,
einen imposanteren Eindruck machen, als irgendeines der altersgrauen Schlösser
am Hellespont. Zauberisch entfalten sich die Ufer der Seeenge, jenachdem
man die Blicke nach Südwesten oder Nordosten schweifen läßt, und Stambul
selbst mit seinen Hunderten von Minarets und der funkelnden Serailspitze
schließt nach der einen Seite das weite Panorama, während auf der andern
der Herkulesberg (Josuadagh) mit seinen grünen Hängen es abgrenzt. Hier,
in diesem irdischen Paradies, ist es, wo Fuad Pascha, vordem Fuad Effendi,
im Sommer seinen Aufenthalt zu nehmen gewohnt ist. Sein Haus macht sich
bereits aus der Ferne durch seinen hellen Anstrich bemerkbar. In den Dimen¬
sionen tritt es allerdings gegen manches andere, zumal gegen das Serai auf
der Höhe (wenn ich nicht irre gehört es Haut Pascha) zurück, aber es sucht
das Auszeichnende, was es bietet, weder in der Größe noch im äußeren
Schmuck, sondern in der inneren Einrichtung. Fuad Pascha hat beinahe alle
Hauptstädte Europas besucht, liebt fränkische Sitte und Art und hat sich durch¬
aus im abendländischen Geschmack etablirt. Möbeln aus Paris und London
verkünden gleich beim Eintreten in die Zimmer, daß hier die Ausschließlichkeit
des Divans ihre Grenze gefunden hat. Nur was der Orient an Vorzügen


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[0381] Advents. Der Papst hatte es nicht für passend gehalten, daß „die Kinder in Traurigkeit seien, wenn ihre Mutter feierlich gekrönt werde". Indem er die Gläubigen von der Enthaltsamkeit und dem Fasten dispensirte, die auf den 8. December als Freitag sielen, hat er ihm nicht seine charakteristischen Züge ge¬ nommen, die Natur dieses Tages geändert, einen Freitag unterdrückt, gleichsam „ausgelöscht?" Da hätte man also „die Woche ohne Freitag!" Nichts kann klarer sein. Die feurigen Anhänger des Dogma haben es als ein Zeichen der Zeit, als die Morgenröthe großer Veränderungen und großer Wohl¬ thaten für die Welt und die Kirche verkündet. Gewiß, eine sixrmturg, tömpvruin ist es! Kandili und Fuad (Effendi) Pascha. Sie erinnern sich wol aus meinen früheren Mittheilungen der reizend gelege¬ nen kleinen Ortschaft Kandili (Kanlidja) auf dem asiatischen Ufer der Bosporus¬ straße. Sie bezeichnet den markirtesten Vorsprung, welchen die Küste auf dieser Seite der Meerenge im Sehbereich der Hauptstadt macht; wenn mau von dort aus uach Europa hinüberschaut, hat man hart rechts das Thal der süßen Wasser von Asien, links Vanj-Koj, gegenüber, auf dem rumelischen Strande, Bebel, und gleich daneben die alten Thürme, welche unter dem Namen der Hissaren bekannt sind, und, von ihrer Felsenhöhe niederschauend, einen imposanteren Eindruck machen, als irgendeines der altersgrauen Schlösser am Hellespont. Zauberisch entfalten sich die Ufer der Seeenge, jenachdem man die Blicke nach Südwesten oder Nordosten schweifen läßt, und Stambul selbst mit seinen Hunderten von Minarets und der funkelnden Serailspitze schließt nach der einen Seite das weite Panorama, während auf der andern der Herkulesberg (Josuadagh) mit seinen grünen Hängen es abgrenzt. Hier, in diesem irdischen Paradies, ist es, wo Fuad Pascha, vordem Fuad Effendi, im Sommer seinen Aufenthalt zu nehmen gewohnt ist. Sein Haus macht sich bereits aus der Ferne durch seinen hellen Anstrich bemerkbar. In den Dimen¬ sionen tritt es allerdings gegen manches andere, zumal gegen das Serai auf der Höhe (wenn ich nicht irre gehört es Haut Pascha) zurück, aber es sucht das Auszeichnende, was es bietet, weder in der Größe noch im äußeren Schmuck, sondern in der inneren Einrichtung. Fuad Pascha hat beinahe alle Hauptstädte Europas besucht, liebt fränkische Sitte und Art und hat sich durch¬ aus im abendländischen Geschmack etablirt. Möbeln aus Paris und London verkünden gleich beim Eintreten in die Zimmer, daß hier die Ausschließlichkeit des Divans ihre Grenze gefunden hat. Nur was der Orient an Vorzügen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/381>, abgerufen am 22.12.2024.