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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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durchkreuzen und einen nicht uninteressanter Parallelismus zu Stande bringen,
da sämmtliche Stände der Gesellschaft darin vertreten sind. Die Erzählung ist
skizzenhaft, aber munter und lebhaft. --




Neue deutsche Memoiren.
2.
Aus dem Tagebuche des Rittmeisters von Colomb. Streifzüge 18-13 u. -1814. --

Ein sehr interessanter Beitrag zur Detailgeschichte des Befreiungskrieges.
Rittmeister von Colomb hatte seine Schule.als leichter Cavalerievffizier in den
Rheinfeldzügen 1792--9-i unter dem Obersten von L'Estocq, dem Commandiren-
den des ehemaligen Ziethenschen Husarenregiments gemacht, der neben Blücher sich
in dem Borpostenkriege jener Campagnen besonders ausgezeichnet hat. Doch fand
er erst weit später Gelegenheit, seine hier gesammelten Erfahrungen praktisch an¬
zuwenden. Denn zwar sollte er schon -1807 bei Gelegenheit der Erpedition Blüchers
nach Schwedischpommern ein Streifcorps von Selstranzivnirten bilden, aber der
infolge der Schlacht von Friedland abgeschlossene Friede von Tilsit vereitelte diesen
Plan. Als sich endlich -1813 die Aussichten für Preußen wieder besser gestal¬
teten, war Colomb überzähliger Rittmeister im brandenburgschen Husaren¬
regiment und übernahm das Commando über die freiwilligen Jäger, von
denen sich die meisten Militärs damals nur sehr wenig versprachen. Es gelang
jedoch seinem eigenthümlichen Geschick, seine Schwadron in cirri Zustand zu ver¬
setzen, der weit besser war, als die der meisten übrigen und er führte sie in
der Schlacht von Lützen zuerst ins Feuer. Auf dem nun folgenden Rückzüge
war es, wo er Abends am Bivouacfeuer im Lager von Meißen auf seine alte
Lieblingsidee zurückkam, sich als Parteigänger zu versuchen, mit seiner
Jägerschwadron in der sächsischen Schweiz über die Elbe zurückzugehen, auf
dem Kamm des Erzgebirges längs der böhmischen Grenze so unbemerkt wie
möglich bis etwa in die Gegend von Auerbach im Bvigtlande zu gelangen, dann
herabzusteigen, gegen die Saale vorzugehen, sich in dem kleinen Waldgebirge
zwischen diesem Fluß, der Orla und der Roda zu postiren und vou da die ver¬
schiedenen Straßen zu beunruhigen, welche aus dem südlichen Deutschland und
vom Rhein bis Mainz hinab nqch der Elbe fuhren. General Blücher wollte
anfangs seine Einwilligung dazu nicht geben, da seine jungen Leute viel zu
wenig kriegerische Erfahrung für ein solches Unternehmen hätten, that es aber
zuletzt doch aus Zureden Gncisenaus mit den Worten: "Wenn er denn zum
Teufel fahren will, so fahre er!" Colomb erhielt jedoch nicht die ganze Es-


durchkreuzen und einen nicht uninteressanter Parallelismus zu Stande bringen,
da sämmtliche Stände der Gesellschaft darin vertreten sind. Die Erzählung ist
skizzenhaft, aber munter und lebhaft. —




Neue deutsche Memoiren.
2.
Aus dem Tagebuche des Rittmeisters von Colomb. Streifzüge 18-13 u. -1814. —

Ein sehr interessanter Beitrag zur Detailgeschichte des Befreiungskrieges.
Rittmeister von Colomb hatte seine Schule.als leichter Cavalerievffizier in den
Rheinfeldzügen 1792—9-i unter dem Obersten von L'Estocq, dem Commandiren-
den des ehemaligen Ziethenschen Husarenregiments gemacht, der neben Blücher sich
in dem Borpostenkriege jener Campagnen besonders ausgezeichnet hat. Doch fand
er erst weit später Gelegenheit, seine hier gesammelten Erfahrungen praktisch an¬
zuwenden. Denn zwar sollte er schon -1807 bei Gelegenheit der Erpedition Blüchers
nach Schwedischpommern ein Streifcorps von Selstranzivnirten bilden, aber der
infolge der Schlacht von Friedland abgeschlossene Friede von Tilsit vereitelte diesen
Plan. Als sich endlich -1813 die Aussichten für Preußen wieder besser gestal¬
teten, war Colomb überzähliger Rittmeister im brandenburgschen Husaren¬
regiment und übernahm das Commando über die freiwilligen Jäger, von
denen sich die meisten Militärs damals nur sehr wenig versprachen. Es gelang
jedoch seinem eigenthümlichen Geschick, seine Schwadron in cirri Zustand zu ver¬
setzen, der weit besser war, als die der meisten übrigen und er führte sie in
der Schlacht von Lützen zuerst ins Feuer. Auf dem nun folgenden Rückzüge
war es, wo er Abends am Bivouacfeuer im Lager von Meißen auf seine alte
Lieblingsidee zurückkam, sich als Parteigänger zu versuchen, mit seiner
Jägerschwadron in der sächsischen Schweiz über die Elbe zurückzugehen, auf
dem Kamm des Erzgebirges längs der böhmischen Grenze so unbemerkt wie
möglich bis etwa in die Gegend von Auerbach im Bvigtlande zu gelangen, dann
herabzusteigen, gegen die Saale vorzugehen, sich in dem kleinen Waldgebirge
zwischen diesem Fluß, der Orla und der Roda zu postiren und vou da die ver¬
schiedenen Straßen zu beunruhigen, welche aus dem südlichen Deutschland und
vom Rhein bis Mainz hinab nqch der Elbe fuhren. General Blücher wollte
anfangs seine Einwilligung dazu nicht geben, da seine jungen Leute viel zu
wenig kriegerische Erfahrung für ein solches Unternehmen hätten, that es aber
zuletzt doch aus Zureden Gncisenaus mit den Worten: „Wenn er denn zum
Teufel fahren will, so fahre er!" Colomb erhielt jedoch nicht die ganze Es-


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[0234] durchkreuzen und einen nicht uninteressanter Parallelismus zu Stande bringen, da sämmtliche Stände der Gesellschaft darin vertreten sind. Die Erzählung ist skizzenhaft, aber munter und lebhaft. — Neue deutsche Memoiren. 2. Aus dem Tagebuche des Rittmeisters von Colomb. Streifzüge 18-13 u. -1814. — Ein sehr interessanter Beitrag zur Detailgeschichte des Befreiungskrieges. Rittmeister von Colomb hatte seine Schule.als leichter Cavalerievffizier in den Rheinfeldzügen 1792—9-i unter dem Obersten von L'Estocq, dem Commandiren- den des ehemaligen Ziethenschen Husarenregiments gemacht, der neben Blücher sich in dem Borpostenkriege jener Campagnen besonders ausgezeichnet hat. Doch fand er erst weit später Gelegenheit, seine hier gesammelten Erfahrungen praktisch an¬ zuwenden. Denn zwar sollte er schon -1807 bei Gelegenheit der Erpedition Blüchers nach Schwedischpommern ein Streifcorps von Selstranzivnirten bilden, aber der infolge der Schlacht von Friedland abgeschlossene Friede von Tilsit vereitelte diesen Plan. Als sich endlich -1813 die Aussichten für Preußen wieder besser gestal¬ teten, war Colomb überzähliger Rittmeister im brandenburgschen Husaren¬ regiment und übernahm das Commando über die freiwilligen Jäger, von denen sich die meisten Militärs damals nur sehr wenig versprachen. Es gelang jedoch seinem eigenthümlichen Geschick, seine Schwadron in cirri Zustand zu ver¬ setzen, der weit besser war, als die der meisten übrigen und er führte sie in der Schlacht von Lützen zuerst ins Feuer. Auf dem nun folgenden Rückzüge war es, wo er Abends am Bivouacfeuer im Lager von Meißen auf seine alte Lieblingsidee zurückkam, sich als Parteigänger zu versuchen, mit seiner Jägerschwadron in der sächsischen Schweiz über die Elbe zurückzugehen, auf dem Kamm des Erzgebirges längs der böhmischen Grenze so unbemerkt wie möglich bis etwa in die Gegend von Auerbach im Bvigtlande zu gelangen, dann herabzusteigen, gegen die Saale vorzugehen, sich in dem kleinen Waldgebirge zwischen diesem Fluß, der Orla und der Roda zu postiren und vou da die ver¬ schiedenen Straßen zu beunruhigen, welche aus dem südlichen Deutschland und vom Rhein bis Mainz hinab nqch der Elbe fuhren. General Blücher wollte anfangs seine Einwilligung dazu nicht geben, da seine jungen Leute viel zu wenig kriegerische Erfahrung für ein solches Unternehmen hätten, that es aber zuletzt doch aus Zureden Gncisenaus mit den Worten: „Wenn er denn zum Teufel fahren will, so fahre er!" Colomb erhielt jedoch nicht die ganze Es-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/234>, abgerufen am 22.12.2024.