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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Maud mehr sehen kann und sich niemand dem blinden Zufall preisgeben will,
so wird geschätzt, was dem einen und dem andern übrigbleiben mag an Massen,
die noch brauchbar genannt werden können, d. h. die noch nicht ganz , wie
ausgebrannte Vulkane in sich zusammengefallen sind; es wird geschätzt, was
man an Raum gewonnen und verloren hat und wie es mit der Sicherheit des
Rückens steht; es ziehen sich diese Resultate mit den einzelnen Eindrücken von
Muth und Feigheit, Klugheit und Dummheit, die man bei sich und seinem
Gegner wahrgenommen zu haben glaubt, in einen einzigen Haupteindruck zu¬
sammen, aus welchem dann der Entschluß entspringt, das Schlachtfeld zu räu¬
men oder das Gefecht am andern Morgen ^zu erneuern."




Korrespondenzen.
Aus KvnstaNtiliopel,

Es sind hier die Gerüchte, welche im
Augenblick die Stimmung beherrschen; ihnen zufolge wäre das Quarantänefort
genommen, eine bedeutende Schlacht der russischen Feldarmee geliefert und Araya
erobert worden. Sie wollen hieraus ersehen, wie man. in der türkischen Capitale
letztlich anfängt ungeduldig zu werden, und der Phantasie, die immer viel schneller
ist als der Gang der Thatsachen, uach vorwärts freien Raum gibt. Beiläufig
bemerkt könnte ein heute unternommener Handstreich wider Araya kaum vom Ge¬
sichtspunkte der Strategie ans gerechtfertigt werden, denn die Frage, ob dieser
Platz in russischen Händen oder in denen der Alliirten sich befindet, hat kaum
irgendetwas gemein mit den Entscheidungen, denen man in der Krim gegenwärtig
entgegenstrebt.

Die von den Verbündeten jenseits der Tscheruaja gemachte Tcrrainoccupation
(man hat ein kleines Plateau nahe bei diesem Flüßchen genommen, welches
an sich einen Abschnitt ausmacht, der fortificirt werden kann, und von dem
man sich aus'der Handtkeschen Karte von der Krim in vier Blättern in Hinsicht
auf Lage und Ausdehnung eine ungefähre Vorstellung machen kann) -- ich sage,
diese Occupation scheint nichts im Ganzen und Großen der Situation geändert
zu haben. Die Pferde der zahlreicher gewordenen Reiterei der Verbündeten und
die ihrer Artillerie können nnn unbehindert ans dem Flusse getränkt werden; aber
einen eigentlichen Zugang zu den jenseitigen Positionen des Feindes hat man sich
noch nicht eröffnet, weil das Plateau zwar ein vorgeschobener russischer Posten
war, indes, außer Zusammenhang mit der eigentlichen Hanptftellung ist.

Ans den bekannt gewordenen neuesten Balaklava- und Kamieschbcrichten ist
schwer zu erkennen, was General Pelissicr für die nächste Zeit bezweckt. Schon
hat dieser Chef die allgemeine Erwartung ans eine Entscheidung um einige Tage
betrogen, und nicht lange dürfte es mehr währen, wo man den Ausruf hören
wird, daß er nicht besser wie sein Vorgänger sei. Wie das Journal de Constan-
tinoplc versichert, sei es im Werke, den Malakowthurm zu stürmen, und mau
rechne nach seiner Besitznahme darauf, den Platz alsdann dermaßen geknebelt zu
halten, daß er eines längeren Widerstandes unfähig werde. Wie dem nun auch


Maud mehr sehen kann und sich niemand dem blinden Zufall preisgeben will,
so wird geschätzt, was dem einen und dem andern übrigbleiben mag an Massen,
die noch brauchbar genannt werden können, d. h. die noch nicht ganz , wie
ausgebrannte Vulkane in sich zusammengefallen sind; es wird geschätzt, was
man an Raum gewonnen und verloren hat und wie es mit der Sicherheit des
Rückens steht; es ziehen sich diese Resultate mit den einzelnen Eindrücken von
Muth und Feigheit, Klugheit und Dummheit, die man bei sich und seinem
Gegner wahrgenommen zu haben glaubt, in einen einzigen Haupteindruck zu¬
sammen, aus welchem dann der Entschluß entspringt, das Schlachtfeld zu räu¬
men oder das Gefecht am andern Morgen ^zu erneuern."




Korrespondenzen.
Aus KvnstaNtiliopel,

Es sind hier die Gerüchte, welche im
Augenblick die Stimmung beherrschen; ihnen zufolge wäre das Quarantänefort
genommen, eine bedeutende Schlacht der russischen Feldarmee geliefert und Araya
erobert worden. Sie wollen hieraus ersehen, wie man. in der türkischen Capitale
letztlich anfängt ungeduldig zu werden, und der Phantasie, die immer viel schneller
ist als der Gang der Thatsachen, uach vorwärts freien Raum gibt. Beiläufig
bemerkt könnte ein heute unternommener Handstreich wider Araya kaum vom Ge¬
sichtspunkte der Strategie ans gerechtfertigt werden, denn die Frage, ob dieser
Platz in russischen Händen oder in denen der Alliirten sich befindet, hat kaum
irgendetwas gemein mit den Entscheidungen, denen man in der Krim gegenwärtig
entgegenstrebt.

Die von den Verbündeten jenseits der Tscheruaja gemachte Tcrrainoccupation
(man hat ein kleines Plateau nahe bei diesem Flüßchen genommen, welches
an sich einen Abschnitt ausmacht, der fortificirt werden kann, und von dem
man sich aus'der Handtkeschen Karte von der Krim in vier Blättern in Hinsicht
auf Lage und Ausdehnung eine ungefähre Vorstellung machen kann) — ich sage,
diese Occupation scheint nichts im Ganzen und Großen der Situation geändert
zu haben. Die Pferde der zahlreicher gewordenen Reiterei der Verbündeten und
die ihrer Artillerie können nnn unbehindert ans dem Flusse getränkt werden; aber
einen eigentlichen Zugang zu den jenseitigen Positionen des Feindes hat man sich
noch nicht eröffnet, weil das Plateau zwar ein vorgeschobener russischer Posten
war, indes, außer Zusammenhang mit der eigentlichen Hanptftellung ist.

Ans den bekannt gewordenen neuesten Balaklava- und Kamieschbcrichten ist
schwer zu erkennen, was General Pelissicr für die nächste Zeit bezweckt. Schon
hat dieser Chef die allgemeine Erwartung ans eine Entscheidung um einige Tage
betrogen, und nicht lange dürfte es mehr währen, wo man den Ausruf hören
wird, daß er nicht besser wie sein Vorgänger sei. Wie das Journal de Constan-
tinoplc versichert, sei es im Werke, den Malakowthurm zu stürmen, und mau
rechne nach seiner Besitznahme darauf, den Platz alsdann dermaßen geknebelt zu
halten, daß er eines längeren Widerstandes unfähig werde. Wie dem nun auch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/526>, abgerufen am 05.12.2024.