Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.Korrespondenzen. Brand der osmanischen Kriegsschule (Harpije Melech) Vor zwei Monaten wurde die Harpije Melech vom großherrlichen Gouverne¬ Ick) habe bis zur Stunde nicht in Erfahrung zu bringen vermocht, wieviel Es war elf Uhr Nachts und Ihr Berichterstatter hatte sich eben niedergelegt, Korrespondenzen. Brand der osmanischen Kriegsschule (Harpije Melech) Vor zwei Monaten wurde die Harpije Melech vom großherrlichen Gouverne¬ Ick) habe bis zur Stunde nicht in Erfahrung zu bringen vermocht, wieviel Es war elf Uhr Nachts und Ihr Berichterstatter hatte sich eben niedergelegt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99433"/> </div> <div n="1"> <head> Korrespondenzen.</head><lb/> <div n="2"> <head/> <p xml:id="ID_138"> Brand der osmanischen Kriegsschule (Harpije Melech)<lb/> in der Nacht vom 11. zum 12. März. — Noch steigt der Dampf auf und die<lb/> Glut hat noch nicht aufgehört zu loben .... Ich schreibe Ihnen vierhundert<lb/> Schritt von der Brandstätte entfernt und vier Stunden nach Aufl'meh des Feuers.<lb/> Von der weitausgedehnter Schule, die mit ihren drei Höfen einen Raum wie der<lb/> Leipziger Mcßplatz umspannte, steht nur noch ein Flügel; alles Uebrige sind aus-<lb/> gebrcmnnte Mauern.</p><lb/> <p xml:id="ID_139"> Vor zwei Monaten wurde die Harpije Melech vom großherrlichen Gouverne¬<lb/> ment den Franzosen als Militärlazarethlocal überlassen. Hierzu war das Gebäude<lb/> wegen seiner gesunden und freien Lage vortrefflich geeignet; auch der Umstand, daß<lb/> es nur aus einer Partcrrectage bestand, machte es für den Lazarcthzwcck empfeh¬<lb/> lenswert!). Ueber 1200 Verwundete und Kranke konnten hier in Betten bequem<lb/> untergebracht werden. Außerdem verblieb der nöthige Raum für Apotheke, für<lb/> Diencrpcrsonal und für die Wohnungen der Aerzte.</p><lb/> <p xml:id="ID_140"> Ick) habe bis zur Stunde nicht in Erfahrung zu bringen vermocht, wieviel<lb/> Kranke in den verschiedenen Flügeln der Schule wirklich untergebracht worden waren.<lb/> Thatsache ist es, daß der Raum für unzureichend erachtet wurde und daß man seit<lb/> etwa einem Monat den Aufbau von Baracken im hintersten Reithofc begonnen und<lb/> zum Theil vollendet hatte. Man hoffte, nachdem sie wohnbar geworden sein wür¬<lb/> den, weitere 600 Mann einlogiren, insgesammt also 1800 Betten ausstellen zu<lb/> können. Der Zufall oder Bosheit (man weiß nicht, ob der Brand nicht angelegt<lb/> wurde), hat diese Berechnungen der Fürsorge in einer bedauernswerthen Art zu-<lb/> schandcngemacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_141"> Es war elf Uhr Nachts und Ihr Berichterstatter hatte sich eben niedergelegt,<lb/> als er durch den hellen Schein hinter den Gardinen seiner Fenster aufmerksam ge¬<lb/> macht sich nochmals erhob und die aus einem der Hinteren Dächer der Schule aus¬<lb/> brechenden ersten Flammen bemerkte. Sie wurden von einem stürmischen Nord auf¬<lb/> gejagt, und schlugen letztlich zu einer Feuersäule von enormer Höhe zusammen.<lb/> Dampf — Funkcurcgen — ein Meer von Flammen! Ich sah am 18. Aug. 1843<lb/> zu Berlin das Opernhaus ein Raub der Glut werden, aber niemals habe ich eine<lb/> derartige Lohe geschaut, wie in diesem letzten Falle. Und der Brand ging hier<lb/> mit rasender Schnelle vorwärts und ergriff sein Opfer auf mehren Seiten, bevor<lb/> man nur daran denken mochte, ihm Einhalt zu thun. Ein Jammergeschrei der<lb/> vielen hundert Verwundeten und Kranken war der erste Laut, der aus der Ferne<lb/> an mein Ohr schlug. Nun Signale der Hörner, Commandorusc und das Prasseln<lb/> der Flammen. Sie gingen, wie dies seltsamerweise hier immer zu geschehen pflegt,<lb/> gegen den Wind, von Süden gegen Nord. Einen Moment lang konnte man<lb/> zweifeln, ob die Feuersbrunst nicht ihren Herd bedeutend erweitern und die vor¬<lb/> geschobenen Theile von Pera mit fassen werde. Aber die Rcttnngsmannschasten<lb/> waren bereits in großer Vollzahl angelangt. Die Spritzen arbeiteten unablässig.<lb/> Aus meine Erkundigung nach den Verwundeten wurde mir die Antwort, daß alle<lb/> gerettet worden. Wie hoch die Feuersäule auch stieg: nach einer Stunde hatte<lb/> man die feste Zuversicht, ihrer Meister zu werden.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Korrespondenzen.
Brand der osmanischen Kriegsschule (Harpije Melech)
in der Nacht vom 11. zum 12. März. — Noch steigt der Dampf auf und die
Glut hat noch nicht aufgehört zu loben .... Ich schreibe Ihnen vierhundert
Schritt von der Brandstätte entfernt und vier Stunden nach Aufl'meh des Feuers.
Von der weitausgedehnter Schule, die mit ihren drei Höfen einen Raum wie der
Leipziger Mcßplatz umspannte, steht nur noch ein Flügel; alles Uebrige sind aus-
gebrcmnnte Mauern.
Vor zwei Monaten wurde die Harpije Melech vom großherrlichen Gouverne¬
ment den Franzosen als Militärlazarethlocal überlassen. Hierzu war das Gebäude
wegen seiner gesunden und freien Lage vortrefflich geeignet; auch der Umstand, daß
es nur aus einer Partcrrectage bestand, machte es für den Lazarcthzwcck empfeh¬
lenswert!). Ueber 1200 Verwundete und Kranke konnten hier in Betten bequem
untergebracht werden. Außerdem verblieb der nöthige Raum für Apotheke, für
Diencrpcrsonal und für die Wohnungen der Aerzte.
Ick) habe bis zur Stunde nicht in Erfahrung zu bringen vermocht, wieviel
Kranke in den verschiedenen Flügeln der Schule wirklich untergebracht worden waren.
Thatsache ist es, daß der Raum für unzureichend erachtet wurde und daß man seit
etwa einem Monat den Aufbau von Baracken im hintersten Reithofc begonnen und
zum Theil vollendet hatte. Man hoffte, nachdem sie wohnbar geworden sein wür¬
den, weitere 600 Mann einlogiren, insgesammt also 1800 Betten ausstellen zu
können. Der Zufall oder Bosheit (man weiß nicht, ob der Brand nicht angelegt
wurde), hat diese Berechnungen der Fürsorge in einer bedauernswerthen Art zu-
schandcngemacht.
Es war elf Uhr Nachts und Ihr Berichterstatter hatte sich eben niedergelegt,
als er durch den hellen Schein hinter den Gardinen seiner Fenster aufmerksam ge¬
macht sich nochmals erhob und die aus einem der Hinteren Dächer der Schule aus¬
brechenden ersten Flammen bemerkte. Sie wurden von einem stürmischen Nord auf¬
gejagt, und schlugen letztlich zu einer Feuersäule von enormer Höhe zusammen.
Dampf — Funkcurcgen — ein Meer von Flammen! Ich sah am 18. Aug. 1843
zu Berlin das Opernhaus ein Raub der Glut werden, aber niemals habe ich eine
derartige Lohe geschaut, wie in diesem letzten Falle. Und der Brand ging hier
mit rasender Schnelle vorwärts und ergriff sein Opfer auf mehren Seiten, bevor
man nur daran denken mochte, ihm Einhalt zu thun. Ein Jammergeschrei der
vielen hundert Verwundeten und Kranken war der erste Laut, der aus der Ferne
an mein Ohr schlug. Nun Signale der Hörner, Commandorusc und das Prasseln
der Flammen. Sie gingen, wie dies seltsamerweise hier immer zu geschehen pflegt,
gegen den Wind, von Süden gegen Nord. Einen Moment lang konnte man
zweifeln, ob die Feuersbrunst nicht ihren Herd bedeutend erweitern und die vor¬
geschobenen Theile von Pera mit fassen werde. Aber die Rcttnngsmannschasten
waren bereits in großer Vollzahl angelangt. Die Spritzen arbeiteten unablässig.
Aus meine Erkundigung nach den Verwundeten wurde mir die Antwort, daß alle
gerettet worden. Wie hoch die Feuersäule auch stieg: nach einer Stunde hatte
man die feste Zuversicht, ihrer Meister zu werden.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |