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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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und Individuelle, das Classische und das Christlich-Romantische, oder mit
einem Worte, Sinnlichkeit und Geist, zu aufrichtiger Versöhnung gelangen
können." -- Das zweite Buch, das von einer, ähnlichen sittlichen Tendenz
ausgeht, hat doch mehr einen praktischen Zweck. Es stellt Lebensregeln zu¬
sammen, die aus langjähriger, wohlwollender Beobachtung hergeleitet sind
und gibt den Frauen den Rath, ihre Emancipation nicht in eitler Selbst¬
befriedigung zu suchen, sondern in der stillen, ergebenen Arbeit. "Keine
Arbeit ist zu niedrig, die von der Liebe geheiligt, vom Gedanken geleitet wird,
keine Mühe zu groß, die ein Fünkchen Glück und Behagen dem Hause und
den Herzen derer gibt, die wir lieben." --




Borträge auf Veranstaltung des Evangelischen Vereins für
kirchliche Zwecke.
, Wilhelm Schultze. -- Berlin .

Wir haben bereits die frühern Vorträge dieses Vereins angezeigt, welche,
abgesehen von ihrem innern Werth oder Unwerth, dem draußen Stehenden
die Stellung versinnlichen können, welche die strengkirchliche Partei zu den
großen Fragen der Gegenwart einnimmt. Auch die neuesten Lieferungen sind
nicht ohne Interesse. Director Kramer in Halle setzt uns das Verhältniß des
Franckeschen Erziehungssystems zu dem Erziehungssystem Rousseaus und Pesta-
lozzis auseinander, wobei er natürlich dem christlichen Pädagogen, dessen
fromme Stiftungen er jetzt selbst zu dirigiren hat, den Vorzug gibt. Consistorial-
rath Göschel erzählt uns die Frage von Parcival und vom Gral nach Wolfram
von Eschenbach, indem er an das Referat zugleich Seitenbemerkungen über
die allgemeine Bedeutung der Mystik anknüpft. Prediger Siegel stattet uns
Bericht über Buenos Ayres und die dortige evangelische Gemeinde ab. --
Dr. Hoffmann stellt uns übersichtlich den Einfluß der Bibelübersetzung auf die
Heidenmission zusammen. Professor Adolph Wuttke in Berlin erzählt uns
Chinas religiöse, sittliche und gesellschaftliche Zustände mit Beziehung auf die
neuesten Bewegungen daselbst. Professor Karl Witte in Halle beschreibt uns
das Thal Engadin. Endlich erläutert uns Superintendent Or. Sander, zwei¬
ter Director des k. Predigerseminars in Wittenberg, die Katastrophe im Orient
und ihre Rückwirkung auf den Occident. Die letztere Broschüre steht zu den
vorherangeführten, die sie an Umfang bei weitem übertrifft, zwar nur in einem
>ndirecten Zusammenhang, aber sie hat die nämliche Tendenz und ist für uns
sehr interessant, nicht für die Einsicht in die Sache, sondern für die Einsicht


und Individuelle, das Classische und das Christlich-Romantische, oder mit
einem Worte, Sinnlichkeit und Geist, zu aufrichtiger Versöhnung gelangen
können." — Das zweite Buch, das von einer, ähnlichen sittlichen Tendenz
ausgeht, hat doch mehr einen praktischen Zweck. Es stellt Lebensregeln zu¬
sammen, die aus langjähriger, wohlwollender Beobachtung hergeleitet sind
und gibt den Frauen den Rath, ihre Emancipation nicht in eitler Selbst¬
befriedigung zu suchen, sondern in der stillen, ergebenen Arbeit. „Keine
Arbeit ist zu niedrig, die von der Liebe geheiligt, vom Gedanken geleitet wird,
keine Mühe zu groß, die ein Fünkchen Glück und Behagen dem Hause und
den Herzen derer gibt, die wir lieben." —




Borträge auf Veranstaltung des Evangelischen Vereins für
kirchliche Zwecke.
, Wilhelm Schultze. -- Berlin .

Wir haben bereits die frühern Vorträge dieses Vereins angezeigt, welche,
abgesehen von ihrem innern Werth oder Unwerth, dem draußen Stehenden
die Stellung versinnlichen können, welche die strengkirchliche Partei zu den
großen Fragen der Gegenwart einnimmt. Auch die neuesten Lieferungen sind
nicht ohne Interesse. Director Kramer in Halle setzt uns das Verhältniß des
Franckeschen Erziehungssystems zu dem Erziehungssystem Rousseaus und Pesta-
lozzis auseinander, wobei er natürlich dem christlichen Pädagogen, dessen
fromme Stiftungen er jetzt selbst zu dirigiren hat, den Vorzug gibt. Consistorial-
rath Göschel erzählt uns die Frage von Parcival und vom Gral nach Wolfram
von Eschenbach, indem er an das Referat zugleich Seitenbemerkungen über
die allgemeine Bedeutung der Mystik anknüpft. Prediger Siegel stattet uns
Bericht über Buenos Ayres und die dortige evangelische Gemeinde ab. —
Dr. Hoffmann stellt uns übersichtlich den Einfluß der Bibelübersetzung auf die
Heidenmission zusammen. Professor Adolph Wuttke in Berlin erzählt uns
Chinas religiöse, sittliche und gesellschaftliche Zustände mit Beziehung auf die
neuesten Bewegungen daselbst. Professor Karl Witte in Halle beschreibt uns
das Thal Engadin. Endlich erläutert uns Superintendent Or. Sander, zwei¬
ter Director des k. Predigerseminars in Wittenberg, die Katastrophe im Orient
und ihre Rückwirkung auf den Occident. Die letztere Broschüre steht zu den
vorherangeführten, die sie an Umfang bei weitem übertrifft, zwar nur in einem
>ndirecten Zusammenhang, aber sie hat die nämliche Tendenz und ist für uns
sehr interessant, nicht für die Einsicht in die Sache, sondern für die Einsicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/271>, abgerufen am 28.09.2024.