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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Staatsform ist dazu das geeignetste Mittel vorhanden, wobei man freilich in
Erinnerung bringen muß, daß die gegenwärtige Methode, die Wahlhandlung
als einen vorübergehenden Act zu betrachten, der keine andre Bedeutung habe,
als Staatsdeputirte hervorzubringen, mit den Ansichten auf ein freies Bürger-
thum 'keineswegs übereinstimmt. Soll der Parlamentarismus wirklich einen
festen Boden gewinnen, so muß die Beziehung des Abgeordneten zu seinen
Wählern eine dauernde sein, was nur möglich ist, wenn er eine bleibende,
geordnete Wahlgemeinde vertritt. Etwas der Art hat auch der historischen
Schule und ihren Anhängern in der preußischen Regierung seit 1823 vorge¬
schwebt; aber sie haben dreierlei Fehler dabei begangen: einmal haben sie einen
stngirten Ständeunterschied zu Grunde gelegt, sodann haben sie durch ihre
Klauseln und Cautelen die freie Entwicklung des Ständethums unmöglich ge¬
macht,' endlich haben sie sich bemüht, künstlich hervorzurufen, was der Staat
als solcher nur gewähren lassen darf. So ist man denn häusig in der Lage,
einzelnen Gründen der pseudvhistorischen Schule vollkommen heimsuchten,
während man sie in der Anwendung, weil diese unter falschen Voraussehungen
geschieht, bekämpfen muß. Die Zöglinge der historischen Schule haben sammt
und sonders die entschiedenste Abneigung gegen das Bürgerthum, sie sind
Romantiker, d. h. sie streben nach dem glänzenden Schein, nicht nach So¬
lidität der Arbeit und darum sind sie auch überall rathlos, wo es wirklich
ans Produciren gehen soll und deshalb genöthigt, sich der Erfindungen ihrer
Gegner zu bedienen, wie es bei der jetzt bestehenden preußischen Wahlord¬
nung geschehen ist und wie es sich bei jedem Reformvorschlag derselben Rich¬
tung wiederholt. --

Rede" diesem werthvollen Werk hat die Weigelsche Sammlung noch folgende
Schriften gebracht: "Geschichte des Kriegswesens der Deutschen" von Barthold,
"Geschichte der deutschen Kunst" von Förster und "Mythe, Märchen, Sage
und Fabel" von Bechstein. Wir behalten uns die Besprechung derselben vor,
sobald sie zu Ende geführt sein werden. --


Englands Staatsmänner des 1 9. I ahrh u n d c re s. Sir Robert Peel,
Lord Aberdeen, Benjamin Disraeli, Lord Palmerston, Sir James Gra-
ham, Lord John Rüssel, William Gladstone. Mit einem Seitenblick aus
Rußland und seine Politik. Nach dem Französischen des Grafen Alfred de
la Gilvronnii-re von A. Freiherr" von Biedenfeld. Weimar, B. F. Voigt.
-1833. -- >

Mit dem Esprit und der Liebenswürdigkeit, welche die Franzosen dann
am meisten entwickeln, wenn sie sich des gründlichen Eingehens in die Sache
überheben, hat hier der Verfasser die hervorragenden Staatsmänner Englands
skizzirt. Er zeigt eine ziemlich liberale Gesinnung, die durch die gegenwärtige


Staatsform ist dazu das geeignetste Mittel vorhanden, wobei man freilich in
Erinnerung bringen muß, daß die gegenwärtige Methode, die Wahlhandlung
als einen vorübergehenden Act zu betrachten, der keine andre Bedeutung habe,
als Staatsdeputirte hervorzubringen, mit den Ansichten auf ein freies Bürger-
thum 'keineswegs übereinstimmt. Soll der Parlamentarismus wirklich einen
festen Boden gewinnen, so muß die Beziehung des Abgeordneten zu seinen
Wählern eine dauernde sein, was nur möglich ist, wenn er eine bleibende,
geordnete Wahlgemeinde vertritt. Etwas der Art hat auch der historischen
Schule und ihren Anhängern in der preußischen Regierung seit 1823 vorge¬
schwebt; aber sie haben dreierlei Fehler dabei begangen: einmal haben sie einen
stngirten Ständeunterschied zu Grunde gelegt, sodann haben sie durch ihre
Klauseln und Cautelen die freie Entwicklung des Ständethums unmöglich ge¬
macht,' endlich haben sie sich bemüht, künstlich hervorzurufen, was der Staat
als solcher nur gewähren lassen darf. So ist man denn häusig in der Lage,
einzelnen Gründen der pseudvhistorischen Schule vollkommen heimsuchten,
während man sie in der Anwendung, weil diese unter falschen Voraussehungen
geschieht, bekämpfen muß. Die Zöglinge der historischen Schule haben sammt
und sonders die entschiedenste Abneigung gegen das Bürgerthum, sie sind
Romantiker, d. h. sie streben nach dem glänzenden Schein, nicht nach So¬
lidität der Arbeit und darum sind sie auch überall rathlos, wo es wirklich
ans Produciren gehen soll und deshalb genöthigt, sich der Erfindungen ihrer
Gegner zu bedienen, wie es bei der jetzt bestehenden preußischen Wahlord¬
nung geschehen ist und wie es sich bei jedem Reformvorschlag derselben Rich¬
tung wiederholt. —

Rede» diesem werthvollen Werk hat die Weigelsche Sammlung noch folgende
Schriften gebracht: „Geschichte des Kriegswesens der Deutschen" von Barthold,
„Geschichte der deutschen Kunst" von Förster und „Mythe, Märchen, Sage
und Fabel" von Bechstein. Wir behalten uns die Besprechung derselben vor,
sobald sie zu Ende geführt sein werden. —


Englands Staatsmänner des 1 9. I ahrh u n d c re s. Sir Robert Peel,
Lord Aberdeen, Benjamin Disraeli, Lord Palmerston, Sir James Gra-
ham, Lord John Rüssel, William Gladstone. Mit einem Seitenblick aus
Rußland und seine Politik. Nach dem Französischen des Grafen Alfred de
la Gilvronnii-re von A. Freiherr» von Biedenfeld. Weimar, B. F. Voigt.
-1833. — >

Mit dem Esprit und der Liebenswürdigkeit, welche die Franzosen dann
am meisten entwickeln, wenn sie sich des gründlichen Eingehens in die Sache
überheben, hat hier der Verfasser die hervorragenden Staatsmänner Englands
skizzirt. Er zeigt eine ziemlich liberale Gesinnung, die durch die gegenwärtige


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[0134] Staatsform ist dazu das geeignetste Mittel vorhanden, wobei man freilich in Erinnerung bringen muß, daß die gegenwärtige Methode, die Wahlhandlung als einen vorübergehenden Act zu betrachten, der keine andre Bedeutung habe, als Staatsdeputirte hervorzubringen, mit den Ansichten auf ein freies Bürger- thum 'keineswegs übereinstimmt. Soll der Parlamentarismus wirklich einen festen Boden gewinnen, so muß die Beziehung des Abgeordneten zu seinen Wählern eine dauernde sein, was nur möglich ist, wenn er eine bleibende, geordnete Wahlgemeinde vertritt. Etwas der Art hat auch der historischen Schule und ihren Anhängern in der preußischen Regierung seit 1823 vorge¬ schwebt; aber sie haben dreierlei Fehler dabei begangen: einmal haben sie einen stngirten Ständeunterschied zu Grunde gelegt, sodann haben sie durch ihre Klauseln und Cautelen die freie Entwicklung des Ständethums unmöglich ge¬ macht,' endlich haben sie sich bemüht, künstlich hervorzurufen, was der Staat als solcher nur gewähren lassen darf. So ist man denn häusig in der Lage, einzelnen Gründen der pseudvhistorischen Schule vollkommen heimsuchten, während man sie in der Anwendung, weil diese unter falschen Voraussehungen geschieht, bekämpfen muß. Die Zöglinge der historischen Schule haben sammt und sonders die entschiedenste Abneigung gegen das Bürgerthum, sie sind Romantiker, d. h. sie streben nach dem glänzenden Schein, nicht nach So¬ lidität der Arbeit und darum sind sie auch überall rathlos, wo es wirklich ans Produciren gehen soll und deshalb genöthigt, sich der Erfindungen ihrer Gegner zu bedienen, wie es bei der jetzt bestehenden preußischen Wahlord¬ nung geschehen ist und wie es sich bei jedem Reformvorschlag derselben Rich¬ tung wiederholt. — Rede» diesem werthvollen Werk hat die Weigelsche Sammlung noch folgende Schriften gebracht: „Geschichte des Kriegswesens der Deutschen" von Barthold, „Geschichte der deutschen Kunst" von Förster und „Mythe, Märchen, Sage und Fabel" von Bechstein. Wir behalten uns die Besprechung derselben vor, sobald sie zu Ende geführt sein werden. — Englands Staatsmänner des 1 9. I ahrh u n d c re s. Sir Robert Peel, Lord Aberdeen, Benjamin Disraeli, Lord Palmerston, Sir James Gra- ham, Lord John Rüssel, William Gladstone. Mit einem Seitenblick aus Rußland und seine Politik. Nach dem Französischen des Grafen Alfred de la Gilvronnii-re von A. Freiherr» von Biedenfeld. Weimar, B. F. Voigt. -1833. — > Mit dem Esprit und der Liebenswürdigkeit, welche die Franzosen dann am meisten entwickeln, wenn sie sich des gründlichen Eingehens in die Sache überheben, hat hier der Verfasser die hervorragenden Staatsmänner Englands skizzirt. Er zeigt eine ziemlich liberale Gesinnung, die durch die gegenwärtige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/134>, abgerufen am 05.12.2024.