Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.royal ihren Sitz nehmen werden. Bereits redet man von unermeßlichen Voranstalten, ES wird für Ihre Leser von Interesse sein, zu erfahren, daß der k. preußische Ar¬ Bei keinem Kriege hat überhaupt jemals in Betreff der Namen und der Eigen¬ Ismael Pascha, der Gcncralcnchef, ist ohne Zweifel eine bedeutende militärische Noch erzählte mir mein Türke von dem dramatischen Auftritte, welchen die Vor¬ royal ihren Sitz nehmen werden. Bereits redet man von unermeßlichen Voranstalten, ES wird für Ihre Leser von Interesse sein, zu erfahren, daß der k. preußische Ar¬ Bei keinem Kriege hat überhaupt jemals in Betreff der Namen und der Eigen¬ Ismael Pascha, der Gcncralcnchef, ist ohne Zweifel eine bedeutende militärische Noch erzählte mir mein Türke von dem dramatischen Auftritte, welchen die Vor¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97816"/> <p xml:id="ID_70" prev="#ID_69"> royal ihren Sitz nehmen werden. Bereits redet man von unermeßlichen Voranstalten,<lb/> die in der zweiten Hauptstadt des Reichs behufs der Einrichtung eines kaiserlichen Ne-<lb/> sidenzpalaiS und dergleichen getroffen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_71"> ES wird für Ihre Leser von Interesse sein, zu erfahren, daß der k. preußische Ar¬<lb/> tillerie-Oberstlieutenant außer Dienst, Herr von Kuczkowski, der seither unter dem türki¬<lb/> schen Ehrenzunamen: Mnckkliß Bey, der Leitung der osmanischen Artillerie vorstand,<lb/> am vergangenen Sonntag zum Pascha ernannt worden ist. Der Sultan kam selbst zu<lb/> dem Ende »ach Toppana, um seinen Entschluß dem Großmeister der Artillerie, Fatsi<lb/> Achmed Pascha, mitzutheilen. Diese verdiente Auszeichnung hat hier, namentlich unter<lb/> den hiesigen Deutschen, allgemeine Anerkennung gesunden. Es muß in einem deutschen<lb/> Blatte ausgesprochen werden, daß Oberstlieutenant von Kuczkowski seit sechzehn Jah¬<lb/> re» hier wirkt, wogegen Capitän Stade kaum vier Jahre hier weilt, und daß ersterer<lb/> die türkische Artillerie, die heute deu Grundpfeiler der Feldmacht dieses Reichs bildet,<lb/> von Grund ans geschaffen hat, denn vor ihm bestand gradezu nichts, was man mit<lb/> dem Namen einer Organisation hätte belegen dürfen, wogegen der Engländer Material<lb/> und Mannschaften Vorhand. Nichtsdestoweniger ist Stade i» Deutschland durch die Zei¬<lb/> tungen ein bekannter Name geworden, wogegen die Unwissenheit über die zu einer hi¬<lb/> storischen Bedeutung sich erhebenden Verdienste des Landsmannes von Kuczkowski dort<lb/> so weit geht, daß einige Blätter noch neuerdings darüber in Zweifel waren, ob der<lb/> Organisator der osmanischen Artillerie Kuczkowski odcr Malinowski saisit.</p><lb/> <p xml:id="ID_72"> Bei keinem Kriege hat überhaupt jemals in Betreff der Namen und der Eigen¬<lb/> schaften und Stellungen, die mit denselben zu verbinden sind, eine solche Verwirrung<lb/> in deu Zeitungsnachrichten geherrscht, wie bei dem gegenwärtig türkisch-russischen. Diese<lb/> Vcrwi^rnng ist namentlich auf den beiden Punkten Widdiu und Kalafat groß. Man<lb/> verwechselt ohne Unterlaß den Gcucralcuchcf des dortigen Armeecorps Ismael Pa¬<lb/> scha, mit dem Chef des Generalstabs, Achmed Pascha. Dieses entsteht daraus, daß<lb/> in Widdin und Kalafat außer dem Commandirenden, Ismael Pascha, sich noch zwei<lb/> Lloa Paschas (Generalmajors) desselben Namens befinden.</p><lb/> <p xml:id="ID_73"> Ismael Pascha, der Gcncralcnchef, ist ohne Zweifel eine bedeutende militärische<lb/> Persönlichkeit. Namentlich seit Tschitate sind seine Verdienste allgemeiner bekannt ge¬<lb/> worden. Omer Pascha hat bei Gelegenheit seiner letztem Krankheit an den Divan ge¬<lb/> schrieben, man möge, wenn ihm etwas Menschliches passire, ja keinem anderen als dem<lb/> Commandirenden zu Kalafat, Ismael Pascha, die Oberleitung der Armee übergeben.<lb/> Nach seiner reiflicher Ueberlegung sei dieser der tauglichste für den höchsten Posten.<lb/> Mein Gewährsmann setzte hinzu, daß Omer Pascha dem, welchen er empfehlen wollte,<lb/> eigentlich damit geschadet habe, denn bereits sei es bei der Pforte Beschluß gewesen,<lb/> denselben zum Mnschir (Feldmarschall) zu erheben, und als Obercommandanten nach<lb/> Anadoli (Asien) zu senden.</p><lb/> <p xml:id="ID_74" next="#ID_75"> Noch erzählte mir mein Türke von dem dramatischen Auftritte, welchen die Vor¬<lb/> führung des Exobergcuerals. der Armee von Anadoli, Abdi Pascha, vor den Divan<lb/> im Psorteupalais dargeboten habe. Eine große Menge Menschen habe sich im Vor¬<lb/> hof versammelt gehabt; darunter namentlich mit patriotischem Zorn erfüllte Weiber.<lb/> Als endlich der Angeklagte hinausgeführt worden sei, hätte die Wuth keine Grenzen<lb/> gekannt. „Also Du bist der Schamlose!" — „Kannst Du noch aus Deinen Augen<lb/> schauen?" — „Sich uns an, die Deine Schmach kennen, und werde blind!" waren die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
royal ihren Sitz nehmen werden. Bereits redet man von unermeßlichen Voranstalten,
die in der zweiten Hauptstadt des Reichs behufs der Einrichtung eines kaiserlichen Ne-
sidenzpalaiS und dergleichen getroffen werden.
ES wird für Ihre Leser von Interesse sein, zu erfahren, daß der k. preußische Ar¬
tillerie-Oberstlieutenant außer Dienst, Herr von Kuczkowski, der seither unter dem türki¬
schen Ehrenzunamen: Mnckkliß Bey, der Leitung der osmanischen Artillerie vorstand,
am vergangenen Sonntag zum Pascha ernannt worden ist. Der Sultan kam selbst zu
dem Ende »ach Toppana, um seinen Entschluß dem Großmeister der Artillerie, Fatsi
Achmed Pascha, mitzutheilen. Diese verdiente Auszeichnung hat hier, namentlich unter
den hiesigen Deutschen, allgemeine Anerkennung gesunden. Es muß in einem deutschen
Blatte ausgesprochen werden, daß Oberstlieutenant von Kuczkowski seit sechzehn Jah¬
re» hier wirkt, wogegen Capitän Stade kaum vier Jahre hier weilt, und daß ersterer
die türkische Artillerie, die heute deu Grundpfeiler der Feldmacht dieses Reichs bildet,
von Grund ans geschaffen hat, denn vor ihm bestand gradezu nichts, was man mit
dem Namen einer Organisation hätte belegen dürfen, wogegen der Engländer Material
und Mannschaften Vorhand. Nichtsdestoweniger ist Stade i» Deutschland durch die Zei¬
tungen ein bekannter Name geworden, wogegen die Unwissenheit über die zu einer hi¬
storischen Bedeutung sich erhebenden Verdienste des Landsmannes von Kuczkowski dort
so weit geht, daß einige Blätter noch neuerdings darüber in Zweifel waren, ob der
Organisator der osmanischen Artillerie Kuczkowski odcr Malinowski saisit.
Bei keinem Kriege hat überhaupt jemals in Betreff der Namen und der Eigen¬
schaften und Stellungen, die mit denselben zu verbinden sind, eine solche Verwirrung
in deu Zeitungsnachrichten geherrscht, wie bei dem gegenwärtig türkisch-russischen. Diese
Vcrwi^rnng ist namentlich auf den beiden Punkten Widdiu und Kalafat groß. Man
verwechselt ohne Unterlaß den Gcucralcuchcf des dortigen Armeecorps Ismael Pa¬
scha, mit dem Chef des Generalstabs, Achmed Pascha. Dieses entsteht daraus, daß
in Widdin und Kalafat außer dem Commandirenden, Ismael Pascha, sich noch zwei
Lloa Paschas (Generalmajors) desselben Namens befinden.
Ismael Pascha, der Gcncralcnchef, ist ohne Zweifel eine bedeutende militärische
Persönlichkeit. Namentlich seit Tschitate sind seine Verdienste allgemeiner bekannt ge¬
worden. Omer Pascha hat bei Gelegenheit seiner letztem Krankheit an den Divan ge¬
schrieben, man möge, wenn ihm etwas Menschliches passire, ja keinem anderen als dem
Commandirenden zu Kalafat, Ismael Pascha, die Oberleitung der Armee übergeben.
Nach seiner reiflicher Ueberlegung sei dieser der tauglichste für den höchsten Posten.
Mein Gewährsmann setzte hinzu, daß Omer Pascha dem, welchen er empfehlen wollte,
eigentlich damit geschadet habe, denn bereits sei es bei der Pforte Beschluß gewesen,
denselben zum Mnschir (Feldmarschall) zu erheben, und als Obercommandanten nach
Anadoli (Asien) zu senden.
Noch erzählte mir mein Türke von dem dramatischen Auftritte, welchen die Vor¬
führung des Exobergcuerals. der Armee von Anadoli, Abdi Pascha, vor den Divan
im Psorteupalais dargeboten habe. Eine große Menge Menschen habe sich im Vor¬
hof versammelt gehabt; darunter namentlich mit patriotischem Zorn erfüllte Weiber.
Als endlich der Angeklagte hinausgeführt worden sei, hätte die Wuth keine Grenzen
gekannt. „Also Du bist der Schamlose!" — „Kannst Du noch aus Deinen Augen
schauen?" — „Sich uns an, die Deine Schmach kennen, und werde blind!" waren die
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