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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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gewordenen alten Dessauer Marsch uns mai-ete gaorve der Russen und das ist
eine russische Eroberung in Deutschland, die dem Zaren wenig Blut gekostet hat.

So nachgiebig sich sern'e anstellen mag, so unbedingt er sich den musikali¬
schen Bestellungen von Meister Meyerbeer zu fügen scheint, er versteht es doch
immer seine Nevange zu nehmen für die Gewalt, die ihm der Compostteur durch
den engen Zuschnitt anthut. Die Wechselwirkung dieser beiden nach äußerlichen
Effect haschenden Geister äußerte sich auch diesmal, denn das Scribesche Libretto
brachte trotz aller sklavischen Berücksichtigung der bereits fertigen Musik so viel
neue Situationen, daß sich Meyerbeer nun seinerseits gezwungen sah, an der
armen Vielta zu schneidern und zu flicken, daß ihm der Angstschweiß von der
Stirne rann. Hier ein neues Lied, dort ein Neuer Chor, bau" wieder ein neues
Duett-- hier ein neuer Kragen, dort ein Aermel, neue Knöpfe. Es wurde so
lange hin und hergenäht, bis vom Feldlager nur noch fünf neue Nummern übrig
geblieben und mau frägt sich, warum denn die Anstrengungen von beiden
Seiten, warum dieses unkünstlerische Verfahren, wenn von dem alten so wenig
bleibt und doch kein neues Werk zu Stande kommt. Wenn ich sage man -fragt
sich, so ist das nicht ganz eigentlich; man würde sich fragen, wenn man nicht den
Succeßdiplomaten Meyerbeer vor sich hätte. Die Ouvertüre, die erwähnte Arie,
das Flötenduett, das Zigeunerlied, der meyerbeerisirte Dessauer hatten zu viel Glück
gemacht, als daß sich unser Meister entschließen sollte, sie aus seinem neuen Pro¬
gramme wegzulassen. Es scheint mir ganz besonders bezeichnend für Meyerbeers
Verfahrungsweise, daß der Prophet, der eine hvchträgische Oper ist, keiner
resnmircnden Einleitung bedarf, während die komische Oper durch eine so gro߬
artig instrumentirte Ouvertüre eingeführt wird.

Wir glaubten diese Entstehungsgeschichte des Nordstern vorausschicken zu
müssen, weil sie manchen Unsinn im Libretto erklärt und das Zusammengestückelte
Harlekinartige, den speciellen Eklekticismus bei diesem stets ähnlich verfahrenden
Maestro erklärt.

Den Anforderungen, die ein Compositeur wie Meyerbeer an einen Operntext
stellt, entspricht das Libretto von Scribe allerdings und man kann sagen, daß
Meyerbeer nicht alle Gelegenheilen, die ihm der gefällige Dichter gemacht, benutzt
hat. Peter der Große befindet sich in Finnland, in der Nähe von Wiborg, (also
weder in Liefland noch in Saardam) und sieht sich von einer Krankheit befallen,
gezwungen, daselbst zu verweilen. Seine Kameraden haben ihn verlassen, nnr ein
Dinges Mädchen Namens Skavrvuöka" nimmt sich seiner an und pflegt des Kranken
mit großer Sorgfalt. Peter der Große verliebt sich in die Waise und bezieht
unter dem Namen des Zimmermann Peter das ihrer Wohnung gegenüberliegende
Hans. Um dem im Stillen geliebten MäVchen noch näher zu kommen, nimmt
Peter bei deren Bruder, dem Tischler Georg, Unterricht im Flötenspiel. In ein
vertrauteres Verhältniß zu diesem tretend, erfährt Peter die Geschichte Kathari-


gewordenen alten Dessauer Marsch uns mai-ete gaorve der Russen und das ist
eine russische Eroberung in Deutschland, die dem Zaren wenig Blut gekostet hat.

So nachgiebig sich sern'e anstellen mag, so unbedingt er sich den musikali¬
schen Bestellungen von Meister Meyerbeer zu fügen scheint, er versteht es doch
immer seine Nevange zu nehmen für die Gewalt, die ihm der Compostteur durch
den engen Zuschnitt anthut. Die Wechselwirkung dieser beiden nach äußerlichen
Effect haschenden Geister äußerte sich auch diesmal, denn das Scribesche Libretto
brachte trotz aller sklavischen Berücksichtigung der bereits fertigen Musik so viel
neue Situationen, daß sich Meyerbeer nun seinerseits gezwungen sah, an der
armen Vielta zu schneidern und zu flicken, daß ihm der Angstschweiß von der
Stirne rann. Hier ein neues Lied, dort ein Neuer Chor, bau» wieder ein neues
Duett— hier ein neuer Kragen, dort ein Aermel, neue Knöpfe. Es wurde so
lange hin und hergenäht, bis vom Feldlager nur noch fünf neue Nummern übrig
geblieben und mau frägt sich, warum denn die Anstrengungen von beiden
Seiten, warum dieses unkünstlerische Verfahren, wenn von dem alten so wenig
bleibt und doch kein neues Werk zu Stande kommt. Wenn ich sage man -fragt
sich, so ist das nicht ganz eigentlich; man würde sich fragen, wenn man nicht den
Succeßdiplomaten Meyerbeer vor sich hätte. Die Ouvertüre, die erwähnte Arie,
das Flötenduett, das Zigeunerlied, der meyerbeerisirte Dessauer hatten zu viel Glück
gemacht, als daß sich unser Meister entschließen sollte, sie aus seinem neuen Pro¬
gramme wegzulassen. Es scheint mir ganz besonders bezeichnend für Meyerbeers
Verfahrungsweise, daß der Prophet, der eine hvchträgische Oper ist, keiner
resnmircnden Einleitung bedarf, während die komische Oper durch eine so gro߬
artig instrumentirte Ouvertüre eingeführt wird.

Wir glaubten diese Entstehungsgeschichte des Nordstern vorausschicken zu
müssen, weil sie manchen Unsinn im Libretto erklärt und das Zusammengestückelte
Harlekinartige, den speciellen Eklekticismus bei diesem stets ähnlich verfahrenden
Maestro erklärt.

Den Anforderungen, die ein Compositeur wie Meyerbeer an einen Operntext
stellt, entspricht das Libretto von Scribe allerdings und man kann sagen, daß
Meyerbeer nicht alle Gelegenheilen, die ihm der gefällige Dichter gemacht, benutzt
hat. Peter der Große befindet sich in Finnland, in der Nähe von Wiborg, (also
weder in Liefland noch in Saardam) und sieht sich von einer Krankheit befallen,
gezwungen, daselbst zu verweilen. Seine Kameraden haben ihn verlassen, nnr ein
Dinges Mädchen Namens Skavrvuöka" nimmt sich seiner an und pflegt des Kranken
mit großer Sorgfalt. Peter der Große verliebt sich in die Waise und bezieht
unter dem Namen des Zimmermann Peter das ihrer Wohnung gegenüberliegende
Hans. Um dem im Stillen geliebten MäVchen noch näher zu kommen, nimmt
Peter bei deren Bruder, dem Tischler Georg, Unterricht im Flötenspiel. In ein
vertrauteres Verhältniß zu diesem tretend, erfährt Peter die Geschichte Kathari-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/21>, abgerufen am 22.12.2024.