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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Militärische Landschaftsbilder ans der Türkei.
"MilM n^n^l- ^L.
Selanik (Salonichi, Thessalonich).

Der Monte Santo überragt in so dominirendcr Weise das ganze südliche
Vorland Macedoniens, daß er noch lange Zeit der hervortretendste Gesichtspunkt
bleibt, wenn auch bereits die uäherliegeudeu Ufer entschwunden sind. Das Meer
soll in dieser Gegend, namentlich dicht unter dein Vorgebirge, welches schon mei¬
lenweit hinter uns liegt, nie ganz ruhig sein. Die Wellen wiesen in der That
kleine Schaunikäppchcn und reckten sich denn und wann so hoch, daß sie voru-
überstürzten, den nächsten Wasserberg weithin mit weißem Gischt überdeckend.
Aber dieses Wogeudrängeu hat nichts von dein rasenden Ungestüm an sich, das
auf dem Pontus Euxinus den Schiffen Gefahr bringt.

Nach einer nicht ganz ruhigen Nacht in der schwaickcnden Koje bricht der
Morgen an. Die 'Passagiere steigen auf Deck. Rechts und links vom Schiff
ist Land in nicht allzuweiter Ferne sichtbar. Wir befinden uns mitten im make¬
donischer Meerbusen, dem Golf von Selauik.

Die Stadt, welche amphitheatralisch am Ufer hinansteigt, und, darin etwa
Algier vergleichbar, in Dreieckform erbaut, zuoberst mit einem Fort, welches ans
ältester Zeit sich herschreibt, schließt, bietet einen imposanten Anblick dar. Die
Mauern, welche sie umschließen, und vou Ausbaute" und Thürmen flankirt werden,
haben keinen Graben vor sich. Sie mögen "och ziemlich dieselben sein, welche'
jene Christengemeinde einschlossen, an die der Apostel Se. Paulus seine Epistel
richtete. Im Hafen ankerten einige Dujzeud Handelsschiffe, ein Lloyddampfer,
und zahlreiche Boote schaukelten ans den unruhig bewegten Wellen. Uebrigens
ist er dem Anscheine nach vortrefflich, tief, geräumig und gegen die meisten
Winde gedeckt. Hier wäre, nächst Konstantinopel, Burgas und Varna ein pas¬
sender Punkt, um eine Armee zu lande" , der passendste vielleicht auf der ganzen
Küste westlich von den Dardanellen. Cs ist nicht zu bezweifeln, daß diese Bc-


Grenzbote". I. 18si.
Militärische Landschaftsbilder ans der Türkei.
»MilM n^n^l- ^L.
Selanik (Salonichi, Thessalonich).

Der Monte Santo überragt in so dominirendcr Weise das ganze südliche
Vorland Macedoniens, daß er noch lange Zeit der hervortretendste Gesichtspunkt
bleibt, wenn auch bereits die uäherliegeudeu Ufer entschwunden sind. Das Meer
soll in dieser Gegend, namentlich dicht unter dein Vorgebirge, welches schon mei¬
lenweit hinter uns liegt, nie ganz ruhig sein. Die Wellen wiesen in der That
kleine Schaunikäppchcn und reckten sich denn und wann so hoch, daß sie voru-
überstürzten, den nächsten Wasserberg weithin mit weißem Gischt überdeckend.
Aber dieses Wogeudrängeu hat nichts von dein rasenden Ungestüm an sich, das
auf dem Pontus Euxinus den Schiffen Gefahr bringt.

Nach einer nicht ganz ruhigen Nacht in der schwaickcnden Koje bricht der
Morgen an. Die 'Passagiere steigen auf Deck. Rechts und links vom Schiff
ist Land in nicht allzuweiter Ferne sichtbar. Wir befinden uns mitten im make¬
donischer Meerbusen, dem Golf von Selauik.

Die Stadt, welche amphitheatralisch am Ufer hinansteigt, und, darin etwa
Algier vergleichbar, in Dreieckform erbaut, zuoberst mit einem Fort, welches ans
ältester Zeit sich herschreibt, schließt, bietet einen imposanten Anblick dar. Die
Mauern, welche sie umschließen, und vou Ausbaute» und Thürmen flankirt werden,
haben keinen Graben vor sich. Sie mögen »och ziemlich dieselben sein, welche'
jene Christengemeinde einschlossen, an die der Apostel Se. Paulus seine Epistel
richtete. Im Hafen ankerten einige Dujzeud Handelsschiffe, ein Lloyddampfer,
und zahlreiche Boote schaukelten ans den unruhig bewegten Wellen. Uebrigens
ist er dem Anscheine nach vortrefflich, tief, geräumig und gegen die meisten
Winde gedeckt. Hier wäre, nächst Konstantinopel, Burgas und Varna ein pas¬
sender Punkt, um eine Armee zu lande» , der passendste vielleicht auf der ganzen
Küste westlich von den Dardanellen. Cs ist nicht zu bezweifeln, daß diese Bc-


Grenzbote». I. 18si.
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[0449] Militärische Landschaftsbilder ans der Türkei. »MilM n^n^l- ^L. Selanik (Salonichi, Thessalonich). Der Monte Santo überragt in so dominirendcr Weise das ganze südliche Vorland Macedoniens, daß er noch lange Zeit der hervortretendste Gesichtspunkt bleibt, wenn auch bereits die uäherliegeudeu Ufer entschwunden sind. Das Meer soll in dieser Gegend, namentlich dicht unter dein Vorgebirge, welches schon mei¬ lenweit hinter uns liegt, nie ganz ruhig sein. Die Wellen wiesen in der That kleine Schaunikäppchcn und reckten sich denn und wann so hoch, daß sie voru- überstürzten, den nächsten Wasserberg weithin mit weißem Gischt überdeckend. Aber dieses Wogeudrängeu hat nichts von dein rasenden Ungestüm an sich, das auf dem Pontus Euxinus den Schiffen Gefahr bringt. Nach einer nicht ganz ruhigen Nacht in der schwaickcnden Koje bricht der Morgen an. Die 'Passagiere steigen auf Deck. Rechts und links vom Schiff ist Land in nicht allzuweiter Ferne sichtbar. Wir befinden uns mitten im make¬ donischer Meerbusen, dem Golf von Selauik. Die Stadt, welche amphitheatralisch am Ufer hinansteigt, und, darin etwa Algier vergleichbar, in Dreieckform erbaut, zuoberst mit einem Fort, welches ans ältester Zeit sich herschreibt, schließt, bietet einen imposanten Anblick dar. Die Mauern, welche sie umschließen, und vou Ausbaute» und Thürmen flankirt werden, haben keinen Graben vor sich. Sie mögen »och ziemlich dieselben sein, welche' jene Christengemeinde einschlossen, an die der Apostel Se. Paulus seine Epistel richtete. Im Hafen ankerten einige Dujzeud Handelsschiffe, ein Lloyddampfer, und zahlreiche Boote schaukelten ans den unruhig bewegten Wellen. Uebrigens ist er dem Anscheine nach vortrefflich, tief, geräumig und gegen die meisten Winde gedeckt. Hier wäre, nächst Konstantinopel, Burgas und Varna ein pas¬ sender Punkt, um eine Armee zu lande» , der passendste vielleicht auf der ganzen Küste westlich von den Dardanellen. Cs ist nicht zu bezweifeln, daß diese Bc- Grenzbote». I. 18si.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/449>, abgerufen am 03.07.2024.