Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.Hamburg,
Pariser Brief. -- Es hat die französische Regierung in jüngster Zeit eine Hamburg,
Pariser Brief. — Es hat die französische Regierung in jüngster Zeit eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0359" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97605"/> </div> <div n="2"> <head> Hamburg,</head> <p xml:id="ID_939"><lb/> Ich berichtete Ihnen neulich von den Ansängen<lb/> unserer transatlantischen Damsschiffahrt, vielleicht ist es von Interesse, auf die zahlreichen<lb/> Verbindungen, die bereits durch Segelpackete mit transatlantischen Ländern bestehen,<lb/> ein Auge zu werfen. Concurrirend mit der Hamburg-amerikanischen Packetfahrtactien-<lb/> gescllschaft fahren 7 Schiffe des thätigen Rhedcrs Herrn Slomcm am -I. und 1ö. jedes<lb/> Monats nach Neuyork, derselbe unterhält durch i Packete die directe Verbindung mit<lb/> Quebek, durch A mit Neuorleans und Texas. Nach Rio Janeiro segelt jeden Monat<lb/> ein Schiff der Hamburg-brasilianischen Packetschiffahrtsgesellschaft. Die wichtigsten Hasen<lb/> der südamerikanischen Westküste Valdivia und Valparaiso werden wie Australien durch<lb/> 2 concurrirende Unternehmungen mit Hamburg verbunden, die Herren I. C. Godefroy<lb/> u. Sohn lassen über diese Häfen nach Port Adelaide, Melbourn und Sidnev 28 Schiffe<lb/> fahren, nach Valparaiso und Valdivia gehen 3 Packete der Herren D. F. Weber u. Como.,<lb/> nach Sidnev, und Melbourne 6 von Roß, Vidal u. Como. Bei einer so weiten und<lb/> festen' Basis der transatlantischen Verbindungen läßt sich sicher hoffen, daß die neue<lb/> Unternehmung großer Schrcmbendampscr nicht aus die Vermittelung des Verkehrs zwischen<lb/> Hamburg und Neuyork beschränkt bleiben wird; ein neues Feld öffnet sich der deutschen<lb/> Rhcdcrei, wenn der Antrag des englischen Handelöamtes angenommen wird, die Küsten¬<lb/> schiffahrt frei zu geben, wozu bekanntlich auch die Fahrt zwischen England und den<lb/> Kolonien gehört. Vielleicht wird dies den Vereinigten Staaten ein Beispiel sein, auch<lb/> ihre Beschränkung der Küstenvcrbinduugen auf die nationale Flagge aufzuheben, und wir<lb/> werden dann mit den beiden Staaten, deren Handelsmarine der deutschen noch überlegen<lb/> ist, in ganz freien Wettbewerb treten können.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Pariser Brief.</head> <p xml:id="ID_940" next="#ID_941"> — Es hat die französische Regierung in jüngster Zeit eine<lb/> Vorliebe für die Oeffentlichkeit bewiesen, die allein genügte, die Situation zu charakte-<lb/> risiren, in der wir uns befinden. Wenn absolute Herrscher an die öffentliche Meinung<lb/> appelliren, ist das immer ein Vorgänger großer Ereignisse. Die Kundmachung des<lb/> kaiserlichen Briefes an den Zaren beweist also schon an und für sich, wie entschieden die<lb/> Sache der Friedenspartei verloren ist. Der Brief selvst, der dem Anscheine nach ein<lb/> letzter Fricdensversuch sein soll, ist vollends das kriegcrischcste Documcnr, das bisher in<lb/> der orientalischen Frage veröffentlicht worden. Napoleon III. weist dem Zaren in einem<lb/> bündigen Resnmv alles Unrecht nach, das er begangen, und beschließt mit einer Be¬<lb/> rufung aus ein Programm, das der Zar offenbar als Bedingung seiner Anerkennung<lb/> der neuen Dynastie dem kaum gewählten Kaiser von Frankreich vorgeschrieben hatte.<lb/> Liebe des Friedens und Achtung der Verträge verlangt der Zar von dem gefürchteten<lb/> Eroberer in 8po, und dieser konnte in diesem Augenblicke keine schneidendere Ironie fin¬<lb/> den, als dieses Citat von seinem bon sui. Die zwischencingeschaltetcn Friedensverträge,<lb/> welche Napoleons Brief als rien 6c- piu8 simple betrachtet, müssen durch das, was vor¬<lb/> hergeht und was folgt, nothwendigerweise aufgehoben werden. Wir können daher nicht<lb/> begreifen, wie die Times in der Veröffentlichung des Briefes das Bestreben zu finden<lb/> glaubte, das Vorhandensein der letzten Friedenshoffnungcn dem Kaiser Napoleon III.<lb/> Zu vindiciren. Wir können nicht denken, daß Louis Napoleon mit diesem Briefe den<lb/> Sinn des Zaren zu wenden hoffte — daS scheint uns eine Absurdität nach allem, was<lb/> über die Haltung der französischen Regierung seit Menschikoffs Abreise aus Konstanti-<lb/> »opel bekannt geworden. Wenn dieses wirklich die Absicht des Kaisers gewesen wäre,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0359]
Hamburg,
Ich berichtete Ihnen neulich von den Ansängen
unserer transatlantischen Damsschiffahrt, vielleicht ist es von Interesse, auf die zahlreichen
Verbindungen, die bereits durch Segelpackete mit transatlantischen Ländern bestehen,
ein Auge zu werfen. Concurrirend mit der Hamburg-amerikanischen Packetfahrtactien-
gescllschaft fahren 7 Schiffe des thätigen Rhedcrs Herrn Slomcm am -I. und 1ö. jedes
Monats nach Neuyork, derselbe unterhält durch i Packete die directe Verbindung mit
Quebek, durch A mit Neuorleans und Texas. Nach Rio Janeiro segelt jeden Monat
ein Schiff der Hamburg-brasilianischen Packetschiffahrtsgesellschaft. Die wichtigsten Hasen
der südamerikanischen Westküste Valdivia und Valparaiso werden wie Australien durch
2 concurrirende Unternehmungen mit Hamburg verbunden, die Herren I. C. Godefroy
u. Sohn lassen über diese Häfen nach Port Adelaide, Melbourn und Sidnev 28 Schiffe
fahren, nach Valparaiso und Valdivia gehen 3 Packete der Herren D. F. Weber u. Como.,
nach Sidnev, und Melbourne 6 von Roß, Vidal u. Como. Bei einer so weiten und
festen' Basis der transatlantischen Verbindungen läßt sich sicher hoffen, daß die neue
Unternehmung großer Schrcmbendampscr nicht aus die Vermittelung des Verkehrs zwischen
Hamburg und Neuyork beschränkt bleiben wird; ein neues Feld öffnet sich der deutschen
Rhcdcrei, wenn der Antrag des englischen Handelöamtes angenommen wird, die Küsten¬
schiffahrt frei zu geben, wozu bekanntlich auch die Fahrt zwischen England und den
Kolonien gehört. Vielleicht wird dies den Vereinigten Staaten ein Beispiel sein, auch
ihre Beschränkung der Küstenvcrbinduugen auf die nationale Flagge aufzuheben, und wir
werden dann mit den beiden Staaten, deren Handelsmarine der deutschen noch überlegen
ist, in ganz freien Wettbewerb treten können.
Pariser Brief. — Es hat die französische Regierung in jüngster Zeit eine
Vorliebe für die Oeffentlichkeit bewiesen, die allein genügte, die Situation zu charakte-
risiren, in der wir uns befinden. Wenn absolute Herrscher an die öffentliche Meinung
appelliren, ist das immer ein Vorgänger großer Ereignisse. Die Kundmachung des
kaiserlichen Briefes an den Zaren beweist also schon an und für sich, wie entschieden die
Sache der Friedenspartei verloren ist. Der Brief selvst, der dem Anscheine nach ein
letzter Fricdensversuch sein soll, ist vollends das kriegcrischcste Documcnr, das bisher in
der orientalischen Frage veröffentlicht worden. Napoleon III. weist dem Zaren in einem
bündigen Resnmv alles Unrecht nach, das er begangen, und beschließt mit einer Be¬
rufung aus ein Programm, das der Zar offenbar als Bedingung seiner Anerkennung
der neuen Dynastie dem kaum gewählten Kaiser von Frankreich vorgeschrieben hatte.
Liebe des Friedens und Achtung der Verträge verlangt der Zar von dem gefürchteten
Eroberer in 8po, und dieser konnte in diesem Augenblicke keine schneidendere Ironie fin¬
den, als dieses Citat von seinem bon sui. Die zwischencingeschaltetcn Friedensverträge,
welche Napoleons Brief als rien 6c- piu8 simple betrachtet, müssen durch das, was vor¬
hergeht und was folgt, nothwendigerweise aufgehoben werden. Wir können daher nicht
begreifen, wie die Times in der Veröffentlichung des Briefes das Bestreben zu finden
glaubte, das Vorhandensein der letzten Friedenshoffnungcn dem Kaiser Napoleon III.
Zu vindiciren. Wir können nicht denken, daß Louis Napoleon mit diesem Briefe den
Sinn des Zaren zu wenden hoffte — daS scheint uns eine Absurdität nach allem, was
über die Haltung der französischen Regierung seit Menschikoffs Abreise aus Konstanti-
»opel bekannt geworden. Wenn dieses wirklich die Absicht des Kaisers gewesen wäre,
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