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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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und Gruppen aus dem gesellschaftlichen Leben enthält die Sammlung eine
kleine dramatisirte Novelle "Gisella", die Geschichte eines jungen Wüstlings,
der nach vielen abenteuerlichen Irrfahrten sich endlich in eine Landeöverrätherei
einläßt, und deshalb auf dem Schaffst enden soll, bis. eine verlassene und ver¬
rathene Geliebte ihn diesem schmählichen Tode entzieht. Das Talent, lebhaft
und ansprechend zu erzählen, zeigt sich auch in diesen Versuchen, leider anch
die Leichtfertigkeit der Arbeit, die Herrn v. Sternberg verhindert hat, sich in
der Literatur diejenige Stellung zu erringen, die seinem unbestreitbaren Talent
eigentlich zukäme. --


Alex. Dumas Schriften. Neue Reihe. Herausgegeben von Heine und Diez-
mann. Leipzig, Kollmann. -- Band 72--74, enthält: die Mohikaner
von Paris, Bd. 10--12. --

Die Fruchtbarkeit unsres Autors ist in der That erstaunlich. Wenn wir
auch davon abrechnen, was er mit der größten Unbefangenheit von der Welt
aus andern Schriftstellern, namentlich aus den deutschen abschreibt, so
bleibt doch die Mannhaftigkeit seiner Einfälle und Erfindungen unbegreiflich,
und dabei ist doch fast immer, was er schreibt, von einigem Interesse. Auch
der Inhalt dieses Bandes, die Liebesgeschichte zwischen einem Maler und einem
vornehmen Fräulein, so verbraucht an sich der Gegenstand erscheint, ist doch
mir soviel Geschick behandelt, daß man sie mit einiger Theilnahme durchblättern
kann; wir sagen durchblättern, denn Dumas erleichtert die Lectüre ungemein,
indem er überall eine Masse unnützer Redensarten einschiebt, die man über¬
schlagen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, einen der Hauptpunkte zu über¬
sehen ; denn solche verfehlt der Dichter niemals drei bis viermal zu wiederholen.
Freilich begegnen ihm dabei Menschlichkeiten; er hat mitunter vergessen, was
er einige Seiten vorher erzählt hat und erzählt etwas Anderes an dessen Stelle,
aber dergleichen liebenswürdige Schwächen stören nicht im mindesten, da man
nach dem Zusammenhang überhaupt nicht fragt. --

Gleichzeitig ist auch die zweite Uebersetzung erschienen: Die Mohikaner
von Paris u. s. w. Aus dem Französischen von Alvensleben. i. Bd.
Brüssel u. Leipzig, A. Schnee. --


Die Rebellen von Lübeck. Historischer Seeromau aus den Zeiten der Hansa.
Von Adolph Banner. 2. Bd. Dessau, Katz. --

sowol die Geschichtschreiber als die Novellisten haben in der neuesten
Zeit angefangen, bei der Betrachtung unsrer deutschen Vorzeit ihre Aufmerk¬
samkeit von dem Ritterthum auf das Städtewesen zu wenden. Wir können
uns über diese Wendung nur freuen, denn sie verräth einen richtigen politischen


und Gruppen aus dem gesellschaftlichen Leben enthält die Sammlung eine
kleine dramatisirte Novelle „Gisella", die Geschichte eines jungen Wüstlings,
der nach vielen abenteuerlichen Irrfahrten sich endlich in eine Landeöverrätherei
einläßt, und deshalb auf dem Schaffst enden soll, bis. eine verlassene und ver¬
rathene Geliebte ihn diesem schmählichen Tode entzieht. Das Talent, lebhaft
und ansprechend zu erzählen, zeigt sich auch in diesen Versuchen, leider anch
die Leichtfertigkeit der Arbeit, die Herrn v. Sternberg verhindert hat, sich in
der Literatur diejenige Stellung zu erringen, die seinem unbestreitbaren Talent
eigentlich zukäme. —


Alex. Dumas Schriften. Neue Reihe. Herausgegeben von Heine und Diez-
mann. Leipzig, Kollmann. — Band 72—74, enthält: die Mohikaner
von Paris, Bd. 10—12. —

Die Fruchtbarkeit unsres Autors ist in der That erstaunlich. Wenn wir
auch davon abrechnen, was er mit der größten Unbefangenheit von der Welt
aus andern Schriftstellern, namentlich aus den deutschen abschreibt, so
bleibt doch die Mannhaftigkeit seiner Einfälle und Erfindungen unbegreiflich,
und dabei ist doch fast immer, was er schreibt, von einigem Interesse. Auch
der Inhalt dieses Bandes, die Liebesgeschichte zwischen einem Maler und einem
vornehmen Fräulein, so verbraucht an sich der Gegenstand erscheint, ist doch
mir soviel Geschick behandelt, daß man sie mit einiger Theilnahme durchblättern
kann; wir sagen durchblättern, denn Dumas erleichtert die Lectüre ungemein,
indem er überall eine Masse unnützer Redensarten einschiebt, die man über¬
schlagen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, einen der Hauptpunkte zu über¬
sehen ; denn solche verfehlt der Dichter niemals drei bis viermal zu wiederholen.
Freilich begegnen ihm dabei Menschlichkeiten; er hat mitunter vergessen, was
er einige Seiten vorher erzählt hat und erzählt etwas Anderes an dessen Stelle,
aber dergleichen liebenswürdige Schwächen stören nicht im mindesten, da man
nach dem Zusammenhang überhaupt nicht fragt. —

Gleichzeitig ist auch die zweite Uebersetzung erschienen: Die Mohikaner
von Paris u. s. w. Aus dem Französischen von Alvensleben. i. Bd.
Brüssel u. Leipzig, A. Schnee. —


Die Rebellen von Lübeck. Historischer Seeromau aus den Zeiten der Hansa.
Von Adolph Banner. 2. Bd. Dessau, Katz. —

sowol die Geschichtschreiber als die Novellisten haben in der neuesten
Zeit angefangen, bei der Betrachtung unsrer deutschen Vorzeit ihre Aufmerk¬
samkeit von dem Ritterthum auf das Städtewesen zu wenden. Wir können
uns über diese Wendung nur freuen, denn sie verräth einen richtigen politischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/39>, abgerufen am 28.12.2024.