Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.Komikers, den überhaupt die Localbühne in Deutschland jetzt besitzen mag. Da Aus Konstantinopel, -- -- Es ist bemerkenswerth, Bei der Auswahl der anzugreifenden Fronten benahmen sich die Franzosen Was die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Truppen sür einen Gewaltact, Komikers, den überhaupt die Localbühne in Deutschland jetzt besitzen mag. Da Aus Konstantinopel, — — Es ist bemerkenswerth, Bei der Auswahl der anzugreifenden Fronten benahmen sich die Franzosen Was die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Truppen sür einen Gewaltact, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0365" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98679"/> <p xml:id="ID_1158" prev="#ID_1157"> Komikers, den überhaupt die Localbühne in Deutschland jetzt besitzen mag. Da<lb/> auch die alten Lieblinge unsres Publicums, Nestrvy und Scholz, als Fechter und<lb/> Caligula mitwirken, so wird wol der Fechter in der Arena ebenso häufig über die<lb/> Breter gehen als der Originalfcchter. Was die Travestie selbst betrifft, welche sich<lb/> beinahe Scene für Scene an die Tragödie hält, so bewährt sich anch hier wie<lb/> überall das ein fühllos un riclicule. Nicht ohne bleibende Wirkung dürfte übrigens<lb/> diese Gelcgenheitsposse sür die ernstere Bildung unsres Kunstgeschmacks dadurch sein,<lb/> daß Karl Treumann mit seinem trefflichen Nachahmungstalent unsre erste tragische<lb/> Heldin — von ehedem, Madame Rettich, die Darstellerin der Thusnelda im Burg-<lb/> theater, vollständig und sehr richtig persistirt. Es hat sich grade in der letzten<lb/> Zeit in der hiesigen Presse über den Werth der alten und neuen Schule an unsrer<lb/> Hofbühne eine kleine Discussion entwickelt. Von einer neuen Schule kaun freilich<lb/> nicht die Rede sein, dazu fehlt bisher noch der Meister und eine feststehende Rich¬<lb/> tung. Aber die alte ist eine wirklich bestehende Kunstrichtung, die grade in Wien<lb/> ihre vorzüglichsten Repräsentanten hat. Madame Rettich gehört ganz und gar zu<lb/> den traditionellen Größen dieser Schule, welche durch reiche Sentimentalität in der<lb/> Auffassung und gespreizte Manicrirtheit in der Durchführung die Haupteffecte her-<lb/> vorzubringen sucht und so selbst die guten, echten Seiten des durchgebildeten Künst¬<lb/> lers, welche man so gern an unsren älteren Schauspielern bewundert, nicht hervor¬<lb/> treten läßt. Der persistirenden Darstellung des Vorstadtkomikers dürste es vielleicht<lb/> gelingen, was aller noch so weise raisonnirenden Kritik schwer gelingen wird, näm¬<lb/> lich das verwöhnte Publicum selbst sehr greifbar von der Unnatur jener hergebrach¬<lb/> ten Tragik zu überzeugen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Aus Konstantinopel,</head> <p xml:id="ID_1159"> — — Es ist bemerkenswerth,<lb/> daß die Russen bei Sebastopvl sich zum ersten Mal im Vertheidigen einer großen<lb/> Festung versuchen, und die Engländer ebenfalls einen Platz von mehr als mittlerem<lb/> Umfang und großer Gcschützmacht zum ersten Mal angreifen (die Festungen, welche<lb/> sie im spanischen Kriege belagerten, standen weit hinter Sebastopol zurück). Beiden,<lb/> den Russen wie den Briten, muß man das Kompliment machen, daß sie sich tüchtig<lb/> benehmen, und im besonderen es an ausdauernder Tapferkeit nicht mangeln lassen.<lb/> Die Franzosen sind alte und vollendete Meister in der Belagerungskunst, und es<lb/> versteht sich von selbst, daß sie sich auch hier als solche bewähren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1160"> Bei der Auswahl der anzugreifenden Fronten benahmen sich die Franzosen<lb/> schlau genug. Sie wählten sür sich den linken Flügel, auf welchem das Terrain<lb/> geringere Schwierigkeiten bietet, und überließen den britischen Bundesgenossen das<lb/> felsigere zur Rechten. Hieraus wird es später erklärlich werden, wenn die eng¬<lb/> lischen Sappeurarbeiten hinter den französischen zurückgeblieben sein sollten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1161" next="#ID_1162"> Was die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Truppen sür einen Gewaltact,<lb/> wie der Sturm einer ist, anlangt, so war im ganzen Lager nnr eine Stimme<lb/> darüber, daß den englischen Bullenbeißern darin der Vorzug zukomme. Tapferkeit<lb/> überhaupt ist der Grundzug der britischen Truppen. Bei der Erstürmung ver¬<lb/> schiedener Batterien in der Schlacht an der Alma, neuerdings wieder im Tressen<lb/> von Balaklava, und bei mehren anderen Gelegenheiten, trat dieselbe cclatant hervor.<lb/> In seiner ausgestreckten Haltung, rüstig vorwärts schreitend, erschien der Engländer</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0365]
Komikers, den überhaupt die Localbühne in Deutschland jetzt besitzen mag. Da
auch die alten Lieblinge unsres Publicums, Nestrvy und Scholz, als Fechter und
Caligula mitwirken, so wird wol der Fechter in der Arena ebenso häufig über die
Breter gehen als der Originalfcchter. Was die Travestie selbst betrifft, welche sich
beinahe Scene für Scene an die Tragödie hält, so bewährt sich anch hier wie
überall das ein fühllos un riclicule. Nicht ohne bleibende Wirkung dürfte übrigens
diese Gelcgenheitsposse sür die ernstere Bildung unsres Kunstgeschmacks dadurch sein,
daß Karl Treumann mit seinem trefflichen Nachahmungstalent unsre erste tragische
Heldin — von ehedem, Madame Rettich, die Darstellerin der Thusnelda im Burg-
theater, vollständig und sehr richtig persistirt. Es hat sich grade in der letzten
Zeit in der hiesigen Presse über den Werth der alten und neuen Schule an unsrer
Hofbühne eine kleine Discussion entwickelt. Von einer neuen Schule kaun freilich
nicht die Rede sein, dazu fehlt bisher noch der Meister und eine feststehende Rich¬
tung. Aber die alte ist eine wirklich bestehende Kunstrichtung, die grade in Wien
ihre vorzüglichsten Repräsentanten hat. Madame Rettich gehört ganz und gar zu
den traditionellen Größen dieser Schule, welche durch reiche Sentimentalität in der
Auffassung und gespreizte Manicrirtheit in der Durchführung die Haupteffecte her-
vorzubringen sucht und so selbst die guten, echten Seiten des durchgebildeten Künst¬
lers, welche man so gern an unsren älteren Schauspielern bewundert, nicht hervor¬
treten läßt. Der persistirenden Darstellung des Vorstadtkomikers dürste es vielleicht
gelingen, was aller noch so weise raisonnirenden Kritik schwer gelingen wird, näm¬
lich das verwöhnte Publicum selbst sehr greifbar von der Unnatur jener hergebrach¬
ten Tragik zu überzeugen.
Aus Konstantinopel, — — Es ist bemerkenswerth,
daß die Russen bei Sebastopvl sich zum ersten Mal im Vertheidigen einer großen
Festung versuchen, und die Engländer ebenfalls einen Platz von mehr als mittlerem
Umfang und großer Gcschützmacht zum ersten Mal angreifen (die Festungen, welche
sie im spanischen Kriege belagerten, standen weit hinter Sebastopol zurück). Beiden,
den Russen wie den Briten, muß man das Kompliment machen, daß sie sich tüchtig
benehmen, und im besonderen es an ausdauernder Tapferkeit nicht mangeln lassen.
Die Franzosen sind alte und vollendete Meister in der Belagerungskunst, und es
versteht sich von selbst, daß sie sich auch hier als solche bewähren.
Bei der Auswahl der anzugreifenden Fronten benahmen sich die Franzosen
schlau genug. Sie wählten sür sich den linken Flügel, auf welchem das Terrain
geringere Schwierigkeiten bietet, und überließen den britischen Bundesgenossen das
felsigere zur Rechten. Hieraus wird es später erklärlich werden, wenn die eng¬
lischen Sappeurarbeiten hinter den französischen zurückgeblieben sein sollten.
Was die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Truppen sür einen Gewaltact,
wie der Sturm einer ist, anlangt, so war im ganzen Lager nnr eine Stimme
darüber, daß den englischen Bullenbeißern darin der Vorzug zukomme. Tapferkeit
überhaupt ist der Grundzug der britischen Truppen. Bei der Erstürmung ver¬
schiedener Batterien in der Schlacht an der Alma, neuerdings wieder im Tressen
von Balaklava, und bei mehren anderen Gelegenheiten, trat dieselbe cclatant hervor.
In seiner ausgestreckten Haltung, rüstig vorwärts schreitend, erschien der Engländer
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