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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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Ein moderner WmsdertlMter.

Bei dem großen Interesse, welches gegenwärtig an den Naturwissenschaften
überall genommen wird, halten wir es nicht für unangemessen, die freundlichen
Mittheilungen, welche uns von Seiten mehrer Männer von Fach gemacht sind,
zu benutzen, wenn auch unsre Leser bei uns an dergleichen Gegenstände nicht
gewöhnt sind, und wir behalten uns vor, auch künftig mit diesen Mittheilungen
fortzufahren. Wie einflußreich die Verbreitung der naturwissenschaftlichen Kennt¬
nisse auf die- allgemeine Bildung und Sittlichkeit einwirft, ist jedermann bekannt.
Sehr geistreich hat noch neuerdings Professor Zeiß in Weimar in einem Pro¬
gramm zur Feier des Wilhelmstages (30. October) darauf hingewiesen. Auf
der andern Seite mußte uns die Erfahrung des Tischrüekens und Geisterklopfens
davon überzeugen, daß trotz des ungeheuren Fortschritts der Naturwissenschaften
das größere Publieum in den ersten Grundbegriffen noch nicht fest ist, daß
jede neue Narrheit und Charlatanerie ihre Anhänger und selbst ihre Fanatiker
findet. Die Männer der Wissenschaft erwerben sich daher unzweifelhaft Dank,
wenn sie den Widerwillen, den jede Berührung mit dem Unsinn in, ihnen her¬
vorrufen muß, überwinde" und der hohlen Phrase, welche die Menge täuscht,
mit allen Waffen der Wissenschaft entgegentreten. -- Für heute bringen wir zwei
naturhistorische Mittheilungen.

, Die eine haben wir schon vor vierzehn Tagen angekündigt, als wir den
Versuch des Professor Wagner in Göttingen anzeigten, die Existenz der Seele
zum Gegenstand einer öffentlichen Disputation zu machen. Diese Gelegenheit
hat eine Einsendung an uns veranlaßt, die gewiß unsre Leser lebhast interessiren
wird, und die' wir daher im folgenden mittheilen.

Außerdem berichten wir über die Entlarvung eines Charlatans. -- In
Frankfurt am Main treibt seit einiger Zeit ein Herr Regazzoni aus Bergamo sein
Wesen, welcher sich Professor des Magnetismus nennt und durch die Vorstellun¬
gen von Somnambulen einen ziemlich starken Anhang um sich sammelt. Zwei
Aerzte, Dr. Schiff und l.)r. Friedleben, wurden dadurch veranlaßt, in der Woh-


Äreuzdo-ete. IV. 34
Ein moderner WmsdertlMter.

Bei dem großen Interesse, welches gegenwärtig an den Naturwissenschaften
überall genommen wird, halten wir es nicht für unangemessen, die freundlichen
Mittheilungen, welche uns von Seiten mehrer Männer von Fach gemacht sind,
zu benutzen, wenn auch unsre Leser bei uns an dergleichen Gegenstände nicht
gewöhnt sind, und wir behalten uns vor, auch künftig mit diesen Mittheilungen
fortzufahren. Wie einflußreich die Verbreitung der naturwissenschaftlichen Kennt¬
nisse auf die- allgemeine Bildung und Sittlichkeit einwirft, ist jedermann bekannt.
Sehr geistreich hat noch neuerdings Professor Zeiß in Weimar in einem Pro¬
gramm zur Feier des Wilhelmstages (30. October) darauf hingewiesen. Auf
der andern Seite mußte uns die Erfahrung des Tischrüekens und Geisterklopfens
davon überzeugen, daß trotz des ungeheuren Fortschritts der Naturwissenschaften
das größere Publieum in den ersten Grundbegriffen noch nicht fest ist, daß
jede neue Narrheit und Charlatanerie ihre Anhänger und selbst ihre Fanatiker
findet. Die Männer der Wissenschaft erwerben sich daher unzweifelhaft Dank,
wenn sie den Widerwillen, den jede Berührung mit dem Unsinn in, ihnen her¬
vorrufen muß, überwinde» und der hohlen Phrase, welche die Menge täuscht,
mit allen Waffen der Wissenschaft entgegentreten. — Für heute bringen wir zwei
naturhistorische Mittheilungen.

, Die eine haben wir schon vor vierzehn Tagen angekündigt, als wir den
Versuch des Professor Wagner in Göttingen anzeigten, die Existenz der Seele
zum Gegenstand einer öffentlichen Disputation zu machen. Diese Gelegenheit
hat eine Einsendung an uns veranlaßt, die gewiß unsre Leser lebhast interessiren
wird, und die' wir daher im folgenden mittheilen.

Außerdem berichten wir über die Entlarvung eines Charlatans. — In
Frankfurt am Main treibt seit einiger Zeit ein Herr Regazzoni aus Bergamo sein
Wesen, welcher sich Professor des Magnetismus nennt und durch die Vorstellun¬
gen von Somnambulen einen ziemlich starken Anhang um sich sammelt. Zwei
Aerzte, Dr. Schiff und l.)r. Friedleben, wurden dadurch veranlaßt, in der Woh-


Äreuzdo-ete. IV. 34
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[0249] Ein moderner WmsdertlMter. Bei dem großen Interesse, welches gegenwärtig an den Naturwissenschaften überall genommen wird, halten wir es nicht für unangemessen, die freundlichen Mittheilungen, welche uns von Seiten mehrer Männer von Fach gemacht sind, zu benutzen, wenn auch unsre Leser bei uns an dergleichen Gegenstände nicht gewöhnt sind, und wir behalten uns vor, auch künftig mit diesen Mittheilungen fortzufahren. Wie einflußreich die Verbreitung der naturwissenschaftlichen Kennt¬ nisse auf die- allgemeine Bildung und Sittlichkeit einwirft, ist jedermann bekannt. Sehr geistreich hat noch neuerdings Professor Zeiß in Weimar in einem Pro¬ gramm zur Feier des Wilhelmstages (30. October) darauf hingewiesen. Auf der andern Seite mußte uns die Erfahrung des Tischrüekens und Geisterklopfens davon überzeugen, daß trotz des ungeheuren Fortschritts der Naturwissenschaften das größere Publieum in den ersten Grundbegriffen noch nicht fest ist, daß jede neue Narrheit und Charlatanerie ihre Anhänger und selbst ihre Fanatiker findet. Die Männer der Wissenschaft erwerben sich daher unzweifelhaft Dank, wenn sie den Widerwillen, den jede Berührung mit dem Unsinn in, ihnen her¬ vorrufen muß, überwinde» und der hohlen Phrase, welche die Menge täuscht, mit allen Waffen der Wissenschaft entgegentreten. — Für heute bringen wir zwei naturhistorische Mittheilungen. , Die eine haben wir schon vor vierzehn Tagen angekündigt, als wir den Versuch des Professor Wagner in Göttingen anzeigten, die Existenz der Seele zum Gegenstand einer öffentlichen Disputation zu machen. Diese Gelegenheit hat eine Einsendung an uns veranlaßt, die gewiß unsre Leser lebhast interessiren wird, und die' wir daher im folgenden mittheilen. Außerdem berichten wir über die Entlarvung eines Charlatans. — In Frankfurt am Main treibt seit einiger Zeit ein Herr Regazzoni aus Bergamo sein Wesen, welcher sich Professor des Magnetismus nennt und durch die Vorstellun¬ gen von Somnambulen einen ziemlich starken Anhang um sich sammelt. Zwei Aerzte, Dr. Schiff und l.)r. Friedleben, wurden dadurch veranlaßt, in der Woh- Äreuzdo-ete. IV. 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/249>, abgerufen am 03.07.2024.