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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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demnach, während der Krieg erst zehn Monate gedauert, ein Ausfall von
nahezu 100,000 Mann stattgefunden, ungerechnet was man in Asien verloren.
Zur Füllung dieser unermeßlichen Lücke hat der Zar bis dahin die Reserve
verwendet; mit andern Worten: von den circa 200,000 Mann dieser Truppen
ist die volle Hälfte der Linienarmee zu deren Ergänzung eingereiht worden, und
es verbleiben darnach, für denselben Zweck, nur noch 100,000 Mann, welche,
wenn die Opfer des nächsten Feldzuges von gleichem Umfange sind, in weiteren
zehn Monaten einzureihen sein winden, um die neuen Ausfälle zu decken. Um
diese Zeit wird Nußland über keine intacter Reserven mehr verfügen und sich
in der Nothwendigkeit befinden, die Ergänzung lediglich durch Necrutcnauö-
hebungen zu bewirken.

Hiermit dürfte, auch der räumlichen Gestaltung und den sonstigen Chancen
nach, eine neue Epoche für den großen Kampf ihren Anfang nehmen. Schwer¬
lich wird der Zar alsdann noch im Stande sein, den Nertheioigungskreis soweit
zu spannen als dies jetzt noch geschieht. Das System der Grenzvertheidigung
wirb aufgegeben und die Entscheidung weiter nach dem Innern zurückverlegt
werden müssen, was wiederum nicht anders denkbar ist, als daß man eine
Provinz nach der andern aufopfert. Es ist auf Grund dieser Ueberzeugung,
daß ich hier die Behauptung aufstelle: der Verlust der Krim ist die erste aus
einer langen Reihe andrer Einbußen, welche Nußland zu erleiden haben wird, wenn
anders die kriegführenden Mächte einig bleiben. Auch Preußens und Oestreichs
hilfsbereite Politik werden es davor nicht zu- retten vermögen, es sei denn, daß
beide Mächte als offene Verfechter der russischen Sache in den Kampf mit eintreten.

Diese Eventualität nun ist eS eben, um die sich in diesem Augenblick alle
Zweifel gruppiren. Kommt in Oestreich und Preußen die richtige Einsicht in
ihre wahren Interessen zur Geltung , so kann den Zaren nur ein baldiger,
allerdings die Ehre seiner Politik bloöstellender Frieden davor bewahren, sein
Reich außer der Krim auch Polens, Finnlands, Befsarabiens und der kauka¬
sischen Länder beraubt und zu einer Macht zweiten Ranges erniedrigt zu sehen.




Literatuvgeschichte.
Goethes Leben und Werke, in chronologischen Tafeln für gebildete Verehrer
des Dichters bearbeitet von E. I. sauve. Suvplementband zu sämmt¬
lichen Ausgaben von Goethes Werken. Gera, Kcmitz. -
Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Literatur und Kunst. Heraus-
gegeben von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. 1. Band.
2. Heft. Hannover, Nümpler. --

Das erste der genannten Bücher befriedigt ein wesentliches Bedürfniß der
Literaturgeschichte zweckmäßiger als eine ausführliche Biographie des Dichters.


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demnach, während der Krieg erst zehn Monate gedauert, ein Ausfall von
nahezu 100,000 Mann stattgefunden, ungerechnet was man in Asien verloren.
Zur Füllung dieser unermeßlichen Lücke hat der Zar bis dahin die Reserve
verwendet; mit andern Worten: von den circa 200,000 Mann dieser Truppen
ist die volle Hälfte der Linienarmee zu deren Ergänzung eingereiht worden, und
es verbleiben darnach, für denselben Zweck, nur noch 100,000 Mann, welche,
wenn die Opfer des nächsten Feldzuges von gleichem Umfange sind, in weiteren
zehn Monaten einzureihen sein winden, um die neuen Ausfälle zu decken. Um
diese Zeit wird Nußland über keine intacter Reserven mehr verfügen und sich
in der Nothwendigkeit befinden, die Ergänzung lediglich durch Necrutcnauö-
hebungen zu bewirken.

Hiermit dürfte, auch der räumlichen Gestaltung und den sonstigen Chancen
nach, eine neue Epoche für den großen Kampf ihren Anfang nehmen. Schwer¬
lich wird der Zar alsdann noch im Stande sein, den Nertheioigungskreis soweit
zu spannen als dies jetzt noch geschieht. Das System der Grenzvertheidigung
wirb aufgegeben und die Entscheidung weiter nach dem Innern zurückverlegt
werden müssen, was wiederum nicht anders denkbar ist, als daß man eine
Provinz nach der andern aufopfert. Es ist auf Grund dieser Ueberzeugung,
daß ich hier die Behauptung aufstelle: der Verlust der Krim ist die erste aus
einer langen Reihe andrer Einbußen, welche Nußland zu erleiden haben wird, wenn
anders die kriegführenden Mächte einig bleiben. Auch Preußens und Oestreichs
hilfsbereite Politik werden es davor nicht zu- retten vermögen, es sei denn, daß
beide Mächte als offene Verfechter der russischen Sache in den Kampf mit eintreten.

Diese Eventualität nun ist eS eben, um die sich in diesem Augenblick alle
Zweifel gruppiren. Kommt in Oestreich und Preußen die richtige Einsicht in
ihre wahren Interessen zur Geltung , so kann den Zaren nur ein baldiger,
allerdings die Ehre seiner Politik bloöstellender Frieden davor bewahren, sein
Reich außer der Krim auch Polens, Finnlands, Befsarabiens und der kauka¬
sischen Länder beraubt und zu einer Macht zweiten Ranges erniedrigt zu sehen.




Literatuvgeschichte.
Goethes Leben und Werke, in chronologischen Tafeln für gebildete Verehrer
des Dichters bearbeitet von E. I. sauve. Suvplementband zu sämmt¬
lichen Ausgaben von Goethes Werken. Gera, Kcmitz. -
Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Literatur und Kunst. Heraus-
gegeben von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. 1. Band.
2. Heft. Hannover, Nümpler. —

Das erste der genannten Bücher befriedigt ein wesentliches Bedürfniß der
Literaturgeschichte zweckmäßiger als eine ausführliche Biographie des Dichters.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/201>, abgerufen am 03.07.2024.