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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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und sonstigen bekannten Persönlichkeiten, mit denen er einen förmlichen
Neuigkcitstauschhandel etablirte. So besuchte er Rothschild, Pasquier, Mole,
Guizot, den Herzog von Decaze u. s. w. Er brachte jedem seine Ausbeute
des Tages und diese wuchs wie eine Lawine bei jeder Visite, die er machte.
Foudras verstand sich nicht aus Politik und er wußte oft selbst nicht den ge¬
heimen Sinn seiner Mittheilungen. Sein Hauptspaß war es aber, unter
allerlei Verkleidungen sich in den Kneipen und sonst unter daS Volk zu mengen
und es auszuhorchen. So rectificirte er oft die Berichte der ordentlichen Polizei¬
agenten und leistete allen Regierungen seit Ludwig Philipp manchen uneigen¬
nützigen Dienst. Er starb wie ein General auf dem Schlachtfelde. Einige
Momente vor seinem Tode soll er ausgerufen haben: "nun werde ich endlich
erfahren, was da drüben vorgeht!" --




Das Glücksspiel in deutschen Bädern.

Die reiche Auswahl von Heilquellen, welche unser Vaterland schmückt
"ut ihm eine so außerordentliche Anziehungskraft für Ausländer verleiht, wird
wahrhaft entstellt durch die daneben hergehende Erscheinung der Glücksspiele.
Man ist so sicher, da wo ein Bad ist, alsbald auch ein Roulett oder einen
Pharaotisch anzutreffen, daß man nicht recht mehr weiß, ob die Heilquelle
"der das Spiel eigentlich die besuchtesten Bäder bevölkert. Das fröhliche Jahr
hatte diesen Drachen in den finstersten Winkel seiner Höhle zurückge-
^deucht und die von zahllosen Parteiungen zerrissene deutsche National¬
versammlung war zum ersten Mal einig an dem Tage, als sie über sammt
I'che Spielhöllen ne Deutschland den Stab brach. Erst die siegende Reaction
^on 18S0 hat sie überall ihre giftigen Abgründe wieder öffnen lassen. Jn-
^sha machen sie von ihrem Triumph einen so unmäßigen Gebrauch, daß
Man mit einiger Sicherheit voraussagen kann, es wird ihnen dies Mal trotz des
wiederauferstandenen Bundestages den Hals kosten. Hat doch jeder deutsche
^eclat ohne Ausnahme dazu in seiner eignen Gesetzgebung die dringendste
Aufforderung. Alle unsre Staaten von Preußen bis Waldeck verbieten das
' lückSspiel und lassen den Uebertreter durch die Strafgesetze mit harter Strafe
edrohen. Nichtsdestoweniger halten einige dieser Staaten das Glücksspiel
G ^""^ sowenig Verwerfliches, daß sie es an den besuchtesten Orten ihres
chines im größten Maßstabe gestatten, sobald nur der Unternehmer ihren
^aus gehörig bedacht hat. Ein solches Verhältniß kann in dem Jahrhundert
^ Ausgleichung aller Rechte und der mit der Sittlichkeit zusammenfallenden
taatsklugheit keinen Bestand haben.


und sonstigen bekannten Persönlichkeiten, mit denen er einen förmlichen
Neuigkcitstauschhandel etablirte. So besuchte er Rothschild, Pasquier, Mole,
Guizot, den Herzog von Decaze u. s. w. Er brachte jedem seine Ausbeute
des Tages und diese wuchs wie eine Lawine bei jeder Visite, die er machte.
Foudras verstand sich nicht aus Politik und er wußte oft selbst nicht den ge¬
heimen Sinn seiner Mittheilungen. Sein Hauptspaß war es aber, unter
allerlei Verkleidungen sich in den Kneipen und sonst unter daS Volk zu mengen
und es auszuhorchen. So rectificirte er oft die Berichte der ordentlichen Polizei¬
agenten und leistete allen Regierungen seit Ludwig Philipp manchen uneigen¬
nützigen Dienst. Er starb wie ein General auf dem Schlachtfelde. Einige
Momente vor seinem Tode soll er ausgerufen haben: „nun werde ich endlich
erfahren, was da drüben vorgeht!" —




Das Glücksspiel in deutschen Bädern.

Die reiche Auswahl von Heilquellen, welche unser Vaterland schmückt
"ut ihm eine so außerordentliche Anziehungskraft für Ausländer verleiht, wird
wahrhaft entstellt durch die daneben hergehende Erscheinung der Glücksspiele.
Man ist so sicher, da wo ein Bad ist, alsbald auch ein Roulett oder einen
Pharaotisch anzutreffen, daß man nicht recht mehr weiß, ob die Heilquelle
"der das Spiel eigentlich die besuchtesten Bäder bevölkert. Das fröhliche Jahr
hatte diesen Drachen in den finstersten Winkel seiner Höhle zurückge-
^deucht und die von zahllosen Parteiungen zerrissene deutsche National¬
versammlung war zum ersten Mal einig an dem Tage, als sie über sammt
I'che Spielhöllen ne Deutschland den Stab brach. Erst die siegende Reaction
^on 18S0 hat sie überall ihre giftigen Abgründe wieder öffnen lassen. Jn-
^sha machen sie von ihrem Triumph einen so unmäßigen Gebrauch, daß
Man mit einiger Sicherheit voraussagen kann, es wird ihnen dies Mal trotz des
wiederauferstandenen Bundestages den Hals kosten. Hat doch jeder deutsche
^eclat ohne Ausnahme dazu in seiner eignen Gesetzgebung die dringendste
Aufforderung. Alle unsre Staaten von Preußen bis Waldeck verbieten das
' lückSspiel und lassen den Uebertreter durch die Strafgesetze mit harter Strafe
edrohen. Nichtsdestoweniger halten einige dieser Staaten das Glücksspiel
G ^""^ sowenig Verwerfliches, daß sie es an den besuchtesten Orten ihres
chines im größten Maßstabe gestatten, sobald nur der Unternehmer ihren
^aus gehörig bedacht hat. Ein solches Verhältniß kann in dem Jahrhundert
^ Ausgleichung aller Rechte und der mit der Sittlichkeit zusammenfallenden
taatsklugheit keinen Bestand haben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/399>, abgerufen am 27.07.2024.