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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Der Laternenwärter. Aus dem Englischen übersetzt von Drngnlin.
Band 1. 2. 3. i. Leipzig, Kollmann. ---

Mit dem vierten Bande ist dieser Roman abgeschlossen. Wir haben zu
den Bemerkungen, die mir bei Gelegenheit der ersten Bände machten, wenig
hinzuzusetzen. Die religiöse Bekehrungösucht, die sich in der Novelle aus¬
spricht, ist zwar etwas lästig und zudringlich, aber doch nicht in übertriebenen
Maße und wir werden umsomehr damit versöhnt, da der Fond dieser Religio¬
sität ein tüchtiger und gesunder ist. Die Charaktere sind zum Theil originell
angelegt und sehr sauber dctaillirt, wenn sie auch kein höheres Interesse in
Anspruch nehmen. Die Komposition leidet an dem Fehler, welcher der ganzen
Schule anklebt, nämlich an der Gewohnheit des unnöthigen, peinlichen Ne-
rardirenö in Fällen, wo die Sache bereits reif ist. Das alte Gesetz, das vor¬
zugsweise Walter Scott überall so vortrefflich beobachtet hat, daß man zu
Anfang langsam und bedächtig zu Werke geht, jeden Umstand deutlich aus¬
einandersetzt und die ganze Breite deS Raums, den man beherrschen will,
uach allen Seiten hin erleuchtet; daß man aber, sobald die Geschichte reif ist,
Ul raschen und entschiedenen Zügen vorwärtstreibt, scheint sich bei der neuesten
Schule in das Gegentheil verkehrt zu haben; man skizzirt die ErPosition und
kommt bei der Katastrophe nicht vorwärts. -- Diese Vorwürfe treffen die
ganze Classe, innerhalb derselben gehört der Roman zu den besseren Leistungen. --




Zur Geschichte der Feuerungsmittel.

Es ist noch ein ziemlich gewöhnliches Vorurtheil, ,zu glauben, daß unter
den beschleunigten Fortschritten.der Gegenwart, die zwar an sich nicht völlig
M verachten seien, dem Leben alle Poesie abhanden komme. Als Beleg zu
dieser Phrase, welche namentlich Blätter oder Bücher von einem gewissen
Anhauch reactionärer Romantik bis zum Ueberdruß wiederholen, muß dann
uniner der Wald herhalten. Wie gern wir uns auch daran gewöhnen wollen
heißt es -- für immer weniger Geld oder Arbeit immer bessere Sachen
umzutaufen, so kann/uns doch dies Bischen lumpigen Schachergewinns nicht
gegen die traurigen Verluste abstumpfen, welche der Reiz und die Anmuth des
Daseins durch die unselige Feindschaft der Cultur gegen alle Urwälder und
Wüsteneien erleiden. Aus Klagen solchen Gehalts hat ein Lieblingsschriftsteller
unsrer Tage. W. ^. Riese in München, sogar eine vollständige Theorie ent¬
wickelt. Er hat des Weiteren nachgewiesen, daß überall in Deutschland die
revolutionäre Tendenz auf Rodung und Anbau geht, während ihm zufolge


Der Laternenwärter. Aus dem Englischen übersetzt von Drngnlin.
Band 1. 2. 3. i. Leipzig, Kollmann. —-

Mit dem vierten Bande ist dieser Roman abgeschlossen. Wir haben zu
den Bemerkungen, die mir bei Gelegenheit der ersten Bände machten, wenig
hinzuzusetzen. Die religiöse Bekehrungösucht, die sich in der Novelle aus¬
spricht, ist zwar etwas lästig und zudringlich, aber doch nicht in übertriebenen
Maße und wir werden umsomehr damit versöhnt, da der Fond dieser Religio¬
sität ein tüchtiger und gesunder ist. Die Charaktere sind zum Theil originell
angelegt und sehr sauber dctaillirt, wenn sie auch kein höheres Interesse in
Anspruch nehmen. Die Komposition leidet an dem Fehler, welcher der ganzen
Schule anklebt, nämlich an der Gewohnheit des unnöthigen, peinlichen Ne-
rardirenö in Fällen, wo die Sache bereits reif ist. Das alte Gesetz, das vor¬
zugsweise Walter Scott überall so vortrefflich beobachtet hat, daß man zu
Anfang langsam und bedächtig zu Werke geht, jeden Umstand deutlich aus¬
einandersetzt und die ganze Breite deS Raums, den man beherrschen will,
uach allen Seiten hin erleuchtet; daß man aber, sobald die Geschichte reif ist,
Ul raschen und entschiedenen Zügen vorwärtstreibt, scheint sich bei der neuesten
Schule in das Gegentheil verkehrt zu haben; man skizzirt die ErPosition und
kommt bei der Katastrophe nicht vorwärts. — Diese Vorwürfe treffen die
ganze Classe, innerhalb derselben gehört der Roman zu den besseren Leistungen. —




Zur Geschichte der Feuerungsmittel.

Es ist noch ein ziemlich gewöhnliches Vorurtheil, ,zu glauben, daß unter
den beschleunigten Fortschritten.der Gegenwart, die zwar an sich nicht völlig
M verachten seien, dem Leben alle Poesie abhanden komme. Als Beleg zu
dieser Phrase, welche namentlich Blätter oder Bücher von einem gewissen
Anhauch reactionärer Romantik bis zum Ueberdruß wiederholen, muß dann
uniner der Wald herhalten. Wie gern wir uns auch daran gewöhnen wollen
heißt es — für immer weniger Geld oder Arbeit immer bessere Sachen
umzutaufen, so kann/uns doch dies Bischen lumpigen Schachergewinns nicht
gegen die traurigen Verluste abstumpfen, welche der Reiz und die Anmuth des
Daseins durch die unselige Feindschaft der Cultur gegen alle Urwälder und
Wüsteneien erleiden. Aus Klagen solchen Gehalts hat ein Lieblingsschriftsteller
unsrer Tage. W. ^. Riese in München, sogar eine vollständige Theorie ent¬
wickelt. Er hat des Weiteren nachgewiesen, daß überall in Deutschland die
revolutionäre Tendenz auf Rodung und Anbau geht, während ihm zufolge


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[0349] Der Laternenwärter. Aus dem Englischen übersetzt von Drngnlin. Band 1. 2. 3. i. Leipzig, Kollmann. —- Mit dem vierten Bande ist dieser Roman abgeschlossen. Wir haben zu den Bemerkungen, die mir bei Gelegenheit der ersten Bände machten, wenig hinzuzusetzen. Die religiöse Bekehrungösucht, die sich in der Novelle aus¬ spricht, ist zwar etwas lästig und zudringlich, aber doch nicht in übertriebenen Maße und wir werden umsomehr damit versöhnt, da der Fond dieser Religio¬ sität ein tüchtiger und gesunder ist. Die Charaktere sind zum Theil originell angelegt und sehr sauber dctaillirt, wenn sie auch kein höheres Interesse in Anspruch nehmen. Die Komposition leidet an dem Fehler, welcher der ganzen Schule anklebt, nämlich an der Gewohnheit des unnöthigen, peinlichen Ne- rardirenö in Fällen, wo die Sache bereits reif ist. Das alte Gesetz, das vor¬ zugsweise Walter Scott überall so vortrefflich beobachtet hat, daß man zu Anfang langsam und bedächtig zu Werke geht, jeden Umstand deutlich aus¬ einandersetzt und die ganze Breite deS Raums, den man beherrschen will, uach allen Seiten hin erleuchtet; daß man aber, sobald die Geschichte reif ist, Ul raschen und entschiedenen Zügen vorwärtstreibt, scheint sich bei der neuesten Schule in das Gegentheil verkehrt zu haben; man skizzirt die ErPosition und kommt bei der Katastrophe nicht vorwärts. — Diese Vorwürfe treffen die ganze Classe, innerhalb derselben gehört der Roman zu den besseren Leistungen. — Zur Geschichte der Feuerungsmittel. Es ist noch ein ziemlich gewöhnliches Vorurtheil, ,zu glauben, daß unter den beschleunigten Fortschritten.der Gegenwart, die zwar an sich nicht völlig M verachten seien, dem Leben alle Poesie abhanden komme. Als Beleg zu dieser Phrase, welche namentlich Blätter oder Bücher von einem gewissen Anhauch reactionärer Romantik bis zum Ueberdruß wiederholen, muß dann uniner der Wald herhalten. Wie gern wir uns auch daran gewöhnen wollen heißt es — für immer weniger Geld oder Arbeit immer bessere Sachen umzutaufen, so kann/uns doch dies Bischen lumpigen Schachergewinns nicht gegen die traurigen Verluste abstumpfen, welche der Reiz und die Anmuth des Daseins durch die unselige Feindschaft der Cultur gegen alle Urwälder und Wüsteneien erleiden. Aus Klagen solchen Gehalts hat ein Lieblingsschriftsteller unsrer Tage. W. ^. Riese in München, sogar eine vollständige Theorie ent¬ wickelt. Er hat des Weiteren nachgewiesen, daß überall in Deutschland die revolutionäre Tendenz auf Rodung und Anbau geht, während ihm zufolge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/349>, abgerufen am 31.08.2024.