Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.schalsten eines irregeführten Haufensbestand (!). Er wußte, daß die Regierung sei¬ Die Erfolge der Türken haben den Moniteur redselig gemacht nud er bringt schalsten eines irregeführten Haufensbestand (!). Er wußte, daß die Regierung sei¬ Die Erfolge der Türken haben den Moniteur redselig gemacht nud er bringt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97061"/> <p xml:id="ID_1094" prev="#ID_1093"> schalsten eines irregeführten Haufensbestand (!). Er wußte, daß die Regierung sei¬<lb/> nes Landes nur sicher und erfolgreich dnrch eine Verwaltung geführt zu werden<lb/> vermochte, welche sich des bestimmten und unzweideutigen Vertrauens des Parla¬<lb/> ments und Souveräns erfreute, und er war nicht Willens, seine Hand zur Be¬<lb/> schleunigung des Zeitpunktes zu reichen, in welchem die beiden Parlamcntshäuser<lb/> nothwendig in einen Zustand beständiger Mißhclligkeit über Lebensfragen gerathen<lb/> würden, welche die Ruhe und den Bestand des Reiches bedingten."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> </head><lb/> <p xml:id="ID_1095" next="#ID_1096"> Die Erfolge der Türken haben den Moniteur redselig gemacht nud er bringt<lb/> uns heute eine Widerlegung des russischen Manifestes vom 1. November. Es<lb/> gehörte eben nicht viel Dialektik dazu, diese diplomatische Transscription von Aesops<lb/> Fabel: „der Wolf und das Lamm" zu entkräften. Die Forderungen des Za¬<lb/> ren geschahen ohne Veranlassung von Seite der Türkei. — Die Großmächte<lb/> selbst haben erkannt, daß die Note der Wiener Conferenz nach der von Rußland<lb/> veröffentlichten Deutung unannehmbar werde, und es ist nicht wahr, daß Ru߬<lb/> land zu den Waffen greife, um die Türkei zu zwingen, die Verträge zu beobach¬<lb/> ten. Rußland allein habe die Verträge verletzt, indem seine Armeen den Prnth<lb/> überschritten, und die Türkei antworte dnrch ihren Uebergang über die Donau blos<lb/> auf einen rechtswidrigen Angriff. Der Moniteur setzt dies in einfacher historischer<lb/> Weise auseinander, und darum nur um so schlagender und treffender. Der Mo¬<lb/> niteur mag selbst erstaunt sein, einmal uicht mehr und nicht weniger als die reine<lb/> Wahrheit gesagt zu haben. Das ist eine donne tortnire, welche den diplomati¬<lb/> schen Canzleicn selten genug widerfährt. Die Folgen dieser Erklärung sind noch<lb/> nicht zu ermessen, und wir sprechen unsere bescheidenen Zweifel gegen die Annahme<lb/> ans, Baron Kiselcss werde sich dadurch veranlaßt sehen, seine Pässe zu fordern.<lb/> Rußland ist vorläufig nicht in der Lage, eine so stolze Haltung zu beobachten.<lb/> Jedenfalls wird es dazu vorerst einer Weisung von Seite der russischen Re¬<lb/> gierung bedürfen, und diese kann erst in einigen Tagen hier sein. Herr von<lb/> Kiselcss hat zwar schon eine Erklärung wegen des GencralstabeS, welcher Baragnay<lb/> d'Hillicrs begleitet, gefordert, allein dies geschah nur in Form einer Unterhal-<lb/> tung, und der russische Gesandte gab sich auch vollkommen zufrieden mit der aus¬<lb/> weichenden Antwort des Herrn Drouyn de l'Hills. Rußland kann in der That<lb/> den westlichen Regierungen gegenüber nichts über das Knie brechen, da es ?v<lb/> den Vortheil der östreichisch-preußischen Neutralität zu verlieren Gefahr liefe.<lb/> Man darf sich nämlich über die Haltung der beiden deutschen Großmächte, und<lb/> insbesondere Oestreichs, nicht täuschen. Wenn sie sich zu völliger Neutralität be-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0356]
schalsten eines irregeführten Haufensbestand (!). Er wußte, daß die Regierung sei¬
nes Landes nur sicher und erfolgreich dnrch eine Verwaltung geführt zu werden
vermochte, welche sich des bestimmten und unzweideutigen Vertrauens des Parla¬
ments und Souveräns erfreute, und er war nicht Willens, seine Hand zur Be¬
schleunigung des Zeitpunktes zu reichen, in welchem die beiden Parlamcntshäuser
nothwendig in einen Zustand beständiger Mißhclligkeit über Lebensfragen gerathen
würden, welche die Ruhe und den Bestand des Reiches bedingten."
Die Erfolge der Türken haben den Moniteur redselig gemacht nud er bringt
uns heute eine Widerlegung des russischen Manifestes vom 1. November. Es
gehörte eben nicht viel Dialektik dazu, diese diplomatische Transscription von Aesops
Fabel: „der Wolf und das Lamm" zu entkräften. Die Forderungen des Za¬
ren geschahen ohne Veranlassung von Seite der Türkei. — Die Großmächte
selbst haben erkannt, daß die Note der Wiener Conferenz nach der von Rußland
veröffentlichten Deutung unannehmbar werde, und es ist nicht wahr, daß Ru߬
land zu den Waffen greife, um die Türkei zu zwingen, die Verträge zu beobach¬
ten. Rußland allein habe die Verträge verletzt, indem seine Armeen den Prnth
überschritten, und die Türkei antworte dnrch ihren Uebergang über die Donau blos
auf einen rechtswidrigen Angriff. Der Moniteur setzt dies in einfacher historischer
Weise auseinander, und darum nur um so schlagender und treffender. Der Mo¬
niteur mag selbst erstaunt sein, einmal uicht mehr und nicht weniger als die reine
Wahrheit gesagt zu haben. Das ist eine donne tortnire, welche den diplomati¬
schen Canzleicn selten genug widerfährt. Die Folgen dieser Erklärung sind noch
nicht zu ermessen, und wir sprechen unsere bescheidenen Zweifel gegen die Annahme
ans, Baron Kiselcss werde sich dadurch veranlaßt sehen, seine Pässe zu fordern.
Rußland ist vorläufig nicht in der Lage, eine so stolze Haltung zu beobachten.
Jedenfalls wird es dazu vorerst einer Weisung von Seite der russischen Re¬
gierung bedürfen, und diese kann erst in einigen Tagen hier sein. Herr von
Kiselcss hat zwar schon eine Erklärung wegen des GencralstabeS, welcher Baragnay
d'Hillicrs begleitet, gefordert, allein dies geschah nur in Form einer Unterhal-
tung, und der russische Gesandte gab sich auch vollkommen zufrieden mit der aus¬
weichenden Antwort des Herrn Drouyn de l'Hills. Rußland kann in der That
den westlichen Regierungen gegenüber nichts über das Knie brechen, da es ?v
den Vortheil der östreichisch-preußischen Neutralität zu verlieren Gefahr liefe.
Man darf sich nämlich über die Haltung der beiden deutschen Großmächte, und
insbesondere Oestreichs, nicht täuschen. Wenn sie sich zu völliger Neutralität be-
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