Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.Es ist dabei durch und durch poetisch, geht nie in das rein Stoffliche auf und Aber auch die Fehler in der Komposition sind bei beiden gemeinsam. Mörike wird es überhaupt schwer, sich mit seinen Stoffen einer strengen Allein man kann diese Fehler wol bedauern, ohne daß sie dem Werth der Das französische Budget. Die Finanzwirthschaft ist bekanntlich nicht die stärkste Seite des französischen Es ist dabei durch und durch poetisch, geht nie in das rein Stoffliche auf und Aber auch die Fehler in der Komposition sind bei beiden gemeinsam. Mörike wird es überhaupt schwer, sich mit seinen Stoffen einer strengen Allein man kann diese Fehler wol bedauern, ohne daß sie dem Werth der Das französische Budget. Die Finanzwirthschaft ist bekanntlich nicht die stärkste Seite des französischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96449"/> <p xml:id="ID_948" prev="#ID_947"> Es ist dabei durch und durch poetisch, geht nie in das rein Stoffliche auf und<lb/> zeigt uns auch in den barockesten Formen immer einen heitern Sonnenblick, der<lb/> uns den Pulsschlag des Lebens fühlen läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_949"> Aber auch die Fehler in der Komposition sind bei beiden gemeinsam.</p><lb/> <p xml:id="ID_950"> Mörike wird es überhaupt schwer, sich mit seinen Stoffen einer strengen<lb/> Einheit zu fugen. Auch in dem „Maler Rollen" waren die Episoden bereits zu<lb/> häufig. Das Idyll am Bodensee besteht ans zwei voneinander ziemlich getrenn¬<lb/> ten Erzählungen, die an sich zwar sehr interessant sind, von denen aber die eine<lb/> die andere stört. Das Märchen endlich ist viel zu weit ausgeführt, denn der¬<lb/> gleichen verlangt ein sehr bestimmtes Maß, wenn man bei der Stimmung<lb/> bleiben soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_951"> Allein man kann diese Fehler wol bedauern, ohne daß sie dem Werth der<lb/> künstlerischen Schöpfung znnahetre^en. Wer noch irgend einen Sinn für kräf¬<lb/> tige Plastik, für gemüthliche Laune und für die Naivetät vaterländischer Stoffe<lb/> hegt, wird an diesen beiden Schriften seine große Freude haben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das französische Budget.</head><lb/> <p xml:id="ID_952" next="#ID_953"> Die Finanzwirthschaft ist bekanntlich nicht die stärkste Seite des französischen<lb/> Staatswesens und ist es, wenige und kurze Ausnahmen abgerechnet, auch nie<lb/> gewesen. Selbst die dreiunddreißig Jahre constitutioneller Monarchie haben trotz<lb/> der öffentlichen Discussion und parlamentarischen Prüfung, denen das Budget<lb/> unterlag, die gröbsten Mißbräuche nicht abstellen können. Der kostspielige<lb/> Apparat des französischen Verwaltungsmechauismus, der, indem er die Staats-<lb/> gewalt bis in die entferntesten und untersten Kreise fühlbar macht, dem Staats¬<lb/> schatz unzählige Lasten auferlegt, begünstigt die tiefeingewnrzelte Sucht der Ve^<lb/> schweuduug und erzeugt jährlich eine Masse „unvorhergesehener" Ausgaben, die<lb/> auf dem ordentlichen Budget nicht verzeichnet sind, sondern unter dein Namen<lb/> Supplementarcredite nachhinken, und jedes mühsam hcrausgerechnete Gleichgewicht<lb/> zerstören. Unter der Julirevolution hatte sich ein wahrhaftes System finanzieller<lb/> Fiction ausgebildet. Jedes Jahr legte der Finanzminister ein Budget vor, in<lb/> dem Einnahmen und Ausgaben sich deckten oder gar el» Ueberschuß sich heraus¬<lb/> stellte, und jedes Jahr schwoll die schwebende Schuld höher an, bis dann von<lb/> Zeit zu Zeit eine Portion neuer Renten creirt und in das große Schuldbuch<lb/> eingetragen wurde. Das ordentliche Budget enthielt Positionen, die notorisch<lb/> unrichtig waren und an die kein Mensch glaubte. So war z. B., um nur eins<lb/> M erwähnen, die algiersche Armee stets mit der Hälfte ihres wirklichen Bestandes<lb/> angesetzt, und die andere Hälfte den Supplementarcredite» vorbehalten. Die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0274]
Es ist dabei durch und durch poetisch, geht nie in das rein Stoffliche auf und
zeigt uns auch in den barockesten Formen immer einen heitern Sonnenblick, der
uns den Pulsschlag des Lebens fühlen läßt.
Aber auch die Fehler in der Komposition sind bei beiden gemeinsam.
Mörike wird es überhaupt schwer, sich mit seinen Stoffen einer strengen
Einheit zu fugen. Auch in dem „Maler Rollen" waren die Episoden bereits zu
häufig. Das Idyll am Bodensee besteht ans zwei voneinander ziemlich getrenn¬
ten Erzählungen, die an sich zwar sehr interessant sind, von denen aber die eine
die andere stört. Das Märchen endlich ist viel zu weit ausgeführt, denn der¬
gleichen verlangt ein sehr bestimmtes Maß, wenn man bei der Stimmung
bleiben soll.
Allein man kann diese Fehler wol bedauern, ohne daß sie dem Werth der
künstlerischen Schöpfung znnahetre^en. Wer noch irgend einen Sinn für kräf¬
tige Plastik, für gemüthliche Laune und für die Naivetät vaterländischer Stoffe
hegt, wird an diesen beiden Schriften seine große Freude haben.
Das französische Budget.
Die Finanzwirthschaft ist bekanntlich nicht die stärkste Seite des französischen
Staatswesens und ist es, wenige und kurze Ausnahmen abgerechnet, auch nie
gewesen. Selbst die dreiunddreißig Jahre constitutioneller Monarchie haben trotz
der öffentlichen Discussion und parlamentarischen Prüfung, denen das Budget
unterlag, die gröbsten Mißbräuche nicht abstellen können. Der kostspielige
Apparat des französischen Verwaltungsmechauismus, der, indem er die Staats-
gewalt bis in die entferntesten und untersten Kreise fühlbar macht, dem Staats¬
schatz unzählige Lasten auferlegt, begünstigt die tiefeingewnrzelte Sucht der Ve^
schweuduug und erzeugt jährlich eine Masse „unvorhergesehener" Ausgaben, die
auf dem ordentlichen Budget nicht verzeichnet sind, sondern unter dein Namen
Supplementarcredite nachhinken, und jedes mühsam hcrausgerechnete Gleichgewicht
zerstören. Unter der Julirevolution hatte sich ein wahrhaftes System finanzieller
Fiction ausgebildet. Jedes Jahr legte der Finanzminister ein Budget vor, in
dem Einnahmen und Ausgaben sich deckten oder gar el» Ueberschuß sich heraus¬
stellte, und jedes Jahr schwoll die schwebende Schuld höher an, bis dann von
Zeit zu Zeit eine Portion neuer Renten creirt und in das große Schuldbuch
eingetragen wurde. Das ordentliche Budget enthielt Positionen, die notorisch
unrichtig waren und an die kein Mensch glaubte. So war z. B., um nur eins
M erwähnen, die algiersche Armee stets mit der Hälfte ihres wirklichen Bestandes
angesetzt, und die andere Hälfte den Supplementarcredite» vorbehalten. Die
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