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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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und man befördert sein Wachsthum in einer Zeit, in der wir der Eintracht und
Starke im höchsten Grade bedürftig sind.


Der Zollverein.

-- Die Ratification deö Handels- und Zollvertrageö
zwischen Preußen und Oestreich, die nach langen Unterhandlungen endlich erfolgt
ist,, mich, falls die Ausführung den Bestimmungen desselben entspricht, und weder
geheime Stipulationen die zukünftige Stellung Preußens gefährden, noch im
Verlauf der Verhandlungen über die Necvustrnction des Zollvereins neue und
bedenkliche Momente hinzukommen, mit Befriedigung aufgenommen werden. Wir
tonnen hier nur den Eindruck wiedergeben, den eine schnelle Durchsicht deö ziemlich
umfangreichen und mit vielen in'ö Einzelne gehende" Bestimmungen ausgestatteten
Vertrags in uns erzeugt hat. Hiernach erscheinen aber die wesentlichsten
Bedingungen, welche die counuerzielle und politische Unabhängigkeit Preußens
erheischt, aufrecht erhalten. ES sind weder bindende Verpflichtungen für eine
bestimmte zukünftige Zolleinigung eingegangen, noch ist die Befugniß Preußens,
seinerseits TarifSäudcrungcn respect. Ermäßigungen eintreten zu lassen, ans
den Händen gegeben worden. Diese beiden Gesichtspunkte halten wir für die
wichtigste", und mit dem Vorbehalt ihrer stricte" Wahrung kann man die viel¬
fachen Erleichterungen des gegenseitigen Verkehrs, welche der Vertrag gewahrt,
nnr beifällig begrüßen. Nur einzelne Bestimmungen des Tarifs, z. B. die zoll¬
freie Einfuhr von Wolle und Getreide bedrohen die Agricultur, u"d die vom
Gedeihen derselbe" abhängige Industrie deö östlichen Preußens mit nicht unüber¬
windlichen, aber doch auf mehrere Jahre bedenklichen Gefahren. Die größte Bedeutung
des Vertrags liegt aber unstreitig in der gegründeten Hoffnung ans den Fortbestand
deö Zollvereins, die man in Folge seines Abschlusses fassen darf. Nachdem der
schwerste Stein des Anstoßes aus dem Wege geräumt ist, werde" die CvalitivuS-
regicrnngen wol fernerhin einer Einigung nicht mehr Schwierigkeiten in den
Weg legen, die für die höchsten Zutreffen ihrer Bevölkerungen ein unabweisbares
Bedürfniß ist, und als solches behandelt werden sollte. Die nichts weniger als
n"bete"kunde Lage der allgemeinen politischen Verhältnisse Europas fordert fernere
ebenso dringend dazu auf, als die Rücksicht, wenigstens ans diesem Gebiet nich
die gerechten Erwartungen der gesammten deutschen Nation scheitern zu lassen.
Gegenüber den drohenden Eventualitäten, die eine, vielleicht nahe Zukunft bringt,
können wir uns nur freuen, die Spannung zwischen Oestreich und Preußen durch
eine Ausgleichung beseitigt zu sehe", die wir stets gewünscht haben, insofern sie
nicht auf Preußens Kohle" geschieht. Möchte ein gleich günstiges Resultat, das
deu Fortbestand des Zollvereins, mit Einschluß der durch den Septembervertrag
ihm gewonnenen Staaten, sichert, nicht zu lauge auf sich warten lassen.


und man befördert sein Wachsthum in einer Zeit, in der wir der Eintracht und
Starke im höchsten Grade bedürftig sind.


Der Zollverein.

— Die Ratification deö Handels- und Zollvertrageö
zwischen Preußen und Oestreich, die nach langen Unterhandlungen endlich erfolgt
ist,, mich, falls die Ausführung den Bestimmungen desselben entspricht, und weder
geheime Stipulationen die zukünftige Stellung Preußens gefährden, noch im
Verlauf der Verhandlungen über die Necvustrnction des Zollvereins neue und
bedenkliche Momente hinzukommen, mit Befriedigung aufgenommen werden. Wir
tonnen hier nur den Eindruck wiedergeben, den eine schnelle Durchsicht deö ziemlich
umfangreichen und mit vielen in'ö Einzelne gehende» Bestimmungen ausgestatteten
Vertrags in uns erzeugt hat. Hiernach erscheinen aber die wesentlichsten
Bedingungen, welche die counuerzielle und politische Unabhängigkeit Preußens
erheischt, aufrecht erhalten. ES sind weder bindende Verpflichtungen für eine
bestimmte zukünftige Zolleinigung eingegangen, noch ist die Befugniß Preußens,
seinerseits TarifSäudcrungcn respect. Ermäßigungen eintreten zu lassen, ans
den Händen gegeben worden. Diese beiden Gesichtspunkte halten wir für die
wichtigste», und mit dem Vorbehalt ihrer stricte» Wahrung kann man die viel¬
fachen Erleichterungen des gegenseitigen Verkehrs, welche der Vertrag gewahrt,
nnr beifällig begrüßen. Nur einzelne Bestimmungen des Tarifs, z. B. die zoll¬
freie Einfuhr von Wolle und Getreide bedrohen die Agricultur, u»d die vom
Gedeihen derselbe» abhängige Industrie deö östlichen Preußens mit nicht unüber¬
windlichen, aber doch auf mehrere Jahre bedenklichen Gefahren. Die größte Bedeutung
des Vertrags liegt aber unstreitig in der gegründeten Hoffnung ans den Fortbestand
deö Zollvereins, die man in Folge seines Abschlusses fassen darf. Nachdem der
schwerste Stein des Anstoßes aus dem Wege geräumt ist, werde» die CvalitivuS-
regicrnngen wol fernerhin einer Einigung nicht mehr Schwierigkeiten in den
Weg legen, die für die höchsten Zutreffen ihrer Bevölkerungen ein unabweisbares
Bedürfniß ist, und als solches behandelt werden sollte. Die nichts weniger als
n»bete»kunde Lage der allgemeinen politischen Verhältnisse Europas fordert fernere
ebenso dringend dazu auf, als die Rücksicht, wenigstens ans diesem Gebiet nich
die gerechten Erwartungen der gesammten deutschen Nation scheitern zu lassen.
Gegenüber den drohenden Eventualitäten, die eine, vielleicht nahe Zukunft bringt,
können wir uns nur freuen, die Spannung zwischen Oestreich und Preußen durch
eine Ausgleichung beseitigt zu sehe», die wir stets gewünscht haben, insofern sie
nicht auf Preußens Kohle» geschieht. Möchte ein gleich günstiges Resultat, das
deu Fortbestand des Zollvereins, mit Einschluß der durch den Septembervertrag
ihm gewonnenen Staaten, sichert, nicht zu lauge auf sich warten lassen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/438>, abgerufen am 26.12.2024.