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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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lichen Charakters im Kriege in einer Weise zur Aeußerung kommen, die sich unter
keinen andern Verhältnissen entwickeln können, und zwar ganz abgesehen von der
Kriegsnrsache. Die absurde Theorie Mr. Cobden's ist, daß, weil große Eigen¬
schaften im Kriege, den er ans Prinzip mißbilligt, entwickelt werden, dieselben
nicht groß sind. Nach ihm sind Muth, Beständigkeit, Selbstverläugnung, Unbe¬
stechlichkeit, Fassung und Selbstbeherrschung im Unglück, Mäßigung, Menschlichkeit
und Ehrlichkeit im Sieg, unerschütterliche Treue gegen die, welche sich ans den
Führer verlassen und von ihm abhängen, große administrative Begabung, fast all¬
wissende Voraussicht, unerschöpfliche Fruchtbarkeit der Hilfsmittel, und göttliche
Geistesgegenwart keine großen Eigenschaften, wenn sie im .Kriege zur Anwendung
kommen. Sonach müßte also die Sache, in welcher Eigenschaften sich äußern,
ihre Vortrefflichkeit bestimmen. Alltäglich geht Mr. Cobden, wenn er das
Unterhaus besucht, zwischen den Bildsäulen Haupten'S, und Falkland's, hin¬
durch. Diese Männer fochten aus entgegengesetzten Seiten; aber wir wüßten
wahrhaftig nicht zu sagen, welcher von beiden der größere Engländer, oder der
aufrichtigere Patriot gewesen ist. War nicht Washington's Ruhm ein militairischer?
War er nicht aus dieselben Eigenschaften gegründet, die Mr. Cobden an dem
Herzog v. Wellington tadelt -- auf freudige Zuversicht und Beständigkeit im Un¬
glück -- auf Treue gegen die, welche ihm den Befehl gegeben -- auf Selbstver-
läugnung -- auf Entsagung von leiblichen Genüssen -- auf ein hohes Pflicht¬
gefühl als das erste und größte Erforderniß? Die Sache der französischen Re¬
publikaner war gerecht; -- aber ihre Werkzeuge, ihre Führer, ihre Thaten waren
schändlich und verrucht. Die Sache des Prätendenten war schlecht, wer aber
kann seine Geschichte lesen, den begeisternden Heroismus, die unerschütterliche
Treue, die fleckenlose Ehre, die hochherzige Hingebung vieler Anhänger dieser ver¬
lorenen Sache sehen, ohne besser von dem menschlichen Charakter zu denken?
Wir läugnen, daß die Sache die That heilige oder verdamme. Der Diener des
Staats soll nicht sein Herr sein. Individuen sind nicht aus eigenem Rechte be¬
fugt, über die Klugheit oder Gerechtigkeit einer von der großen Allgemeinheit
durch die legitimen Rcgiernngsorgane beschlossenen Maßregel zu entscheiden. Die
Verantwortlichkeit für einen Beschloß trifft nicht das Individuum, souderu die Ge¬
sammtheit. Der Einzelne hat weiter nichts zu thun, als die Pflicht, die ihm die
ganze Gesellschaft aufgetragen hat, mit Aufrichtigkeit und getreuer Selbstverläug-
nung zu erfüllen, und je eifriger und ehrlicher er dies thut, desto höher ist er zu
schätzen. Das vergißt Mr. Cobden in seiner Würdigung militärischen Verdienstes
ganz und gar."


Pariser Briefe. 6.

-- Die Börse schöpft neuen Muth, der Friede
ist gesichert, die Armee wird reducirt, die Finanzen sind so glänzend, daß wir
in unserer Verlegenheit, den Ueberfluß zu verwenden, den Sold der Unteroffiziere


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lichen Charakters im Kriege in einer Weise zur Aeußerung kommen, die sich unter
keinen andern Verhältnissen entwickeln können, und zwar ganz abgesehen von der
Kriegsnrsache. Die absurde Theorie Mr. Cobden's ist, daß, weil große Eigen¬
schaften im Kriege, den er ans Prinzip mißbilligt, entwickelt werden, dieselben
nicht groß sind. Nach ihm sind Muth, Beständigkeit, Selbstverläugnung, Unbe¬
stechlichkeit, Fassung und Selbstbeherrschung im Unglück, Mäßigung, Menschlichkeit
und Ehrlichkeit im Sieg, unerschütterliche Treue gegen die, welche sich ans den
Führer verlassen und von ihm abhängen, große administrative Begabung, fast all¬
wissende Voraussicht, unerschöpfliche Fruchtbarkeit der Hilfsmittel, und göttliche
Geistesgegenwart keine großen Eigenschaften, wenn sie im .Kriege zur Anwendung
kommen. Sonach müßte also die Sache, in welcher Eigenschaften sich äußern,
ihre Vortrefflichkeit bestimmen. Alltäglich geht Mr. Cobden, wenn er das
Unterhaus besucht, zwischen den Bildsäulen Haupten'S, und Falkland's, hin¬
durch. Diese Männer fochten aus entgegengesetzten Seiten; aber wir wüßten
wahrhaftig nicht zu sagen, welcher von beiden der größere Engländer, oder der
aufrichtigere Patriot gewesen ist. War nicht Washington's Ruhm ein militairischer?
War er nicht aus dieselben Eigenschaften gegründet, die Mr. Cobden an dem
Herzog v. Wellington tadelt — auf freudige Zuversicht und Beständigkeit im Un¬
glück — auf Treue gegen die, welche ihm den Befehl gegeben — auf Selbstver-
läugnung — auf Entsagung von leiblichen Genüssen — auf ein hohes Pflicht¬
gefühl als das erste und größte Erforderniß? Die Sache der französischen Re¬
publikaner war gerecht; — aber ihre Werkzeuge, ihre Führer, ihre Thaten waren
schändlich und verrucht. Die Sache des Prätendenten war schlecht, wer aber
kann seine Geschichte lesen, den begeisternden Heroismus, die unerschütterliche
Treue, die fleckenlose Ehre, die hochherzige Hingebung vieler Anhänger dieser ver¬
lorenen Sache sehen, ohne besser von dem menschlichen Charakter zu denken?
Wir läugnen, daß die Sache die That heilige oder verdamme. Der Diener des
Staats soll nicht sein Herr sein. Individuen sind nicht aus eigenem Rechte be¬
fugt, über die Klugheit oder Gerechtigkeit einer von der großen Allgemeinheit
durch die legitimen Rcgiernngsorgane beschlossenen Maßregel zu entscheiden. Die
Verantwortlichkeit für einen Beschloß trifft nicht das Individuum, souderu die Ge¬
sammtheit. Der Einzelne hat weiter nichts zu thun, als die Pflicht, die ihm die
ganze Gesellschaft aufgetragen hat, mit Aufrichtigkeit und getreuer Selbstverläug-
nung zu erfüllen, und je eifriger und ehrlicher er dies thut, desto höher ist er zu
schätzen. Das vergißt Mr. Cobden in seiner Würdigung militärischen Verdienstes
ganz und gar."


Pariser Briefe. 6.

— Die Börse schöpft neuen Muth, der Friede
ist gesichert, die Armee wird reducirt, die Finanzen sind so glänzend, daß wir
in unserer Verlegenheit, den Ueberfluß zu verwenden, den Sold der Unteroffiziere


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/403>, abgerufen am 26.12.2024.