Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.W o es e n b e r i es t. Sieg der Liberalen. -- Das neue Jahr Daily News verglich neulich das Disraclische Budget mit den Wahl¬ W o es e n b e r i es t. Sieg der Liberalen. — Das neue Jahr Daily News verglich neulich das Disraclische Budget mit den Wahl¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185915"/> </div> <div n="1"> <head> W o es e n b e r i es t.</head><lb/> <div n="2"> <head> Sieg der Liberalen.</head> <p xml:id="ID_102"> — Das neue Jahr<lb/> eröffnet sich, wenn die Dinge nicht plötzlich wieder unischlagen, unter günstigen Auspizien<lb/> für die liberale Sache, In England ist das Tory-Ministerium gestürzt und ein aus Whigs<lb/> und Peeliten gebildetes Cabinet im Begriff, die Zügel der Verwaltung zu übernehmen,<lb/> in Spanien erlahmt die Verwegenheit des strafbarsten Neactivusprojeetes vor der glor¬<lb/> reichen Manifestation eines eben so wüthigen, als unbeugsame» Widerstandes, und eine<lb/> Aenderung ist eingetreten, welche hoffentlich bald die constitutionelle Partei an das<lb/> Ruder des Staats bringen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_103" next="#ID_104"> Daily News verglich neulich das Disraclische Budget mit den Wahl¬<lb/> bestechungen der Tones, die sich bei den Wahlen dnrch Freibier Wähler geworben<lb/> haben, und meinten, daß die Gewohnheit dieser Taktik einen Finanzplan eingegeben<lb/> habe, welcher die Nation dnrch die Aussicht auf billigere Bierpreise verlocken wolle, dem<lb/> Agricnltnrintcrefse durch die Verminderung der Malz- und Hopscnstcucr eine indirecte<lb/> Entschädigung zu geben. Der Versuch ist jedoch nicht gelungen. Nach viertägiger<lb/> Debatte ist Herrn Disraeli's Budget mit einer Majorität von 19 Stimmen im Unter-<lb/> Hause verworfen, und damit das Ministerium Derby nach clfmonatlichcm Bestände ge¬<lb/> stürzt worden. Formell handelte es sich nur um den Beschluß, ob man mit der Haus¬<lb/> steuer überhaupt eine Veränderung vornehmen wolle, und bis zuletzt versuchte Herr<lb/> Disraeli die Frage auf diesem engen Terrain zu halten, um die zahlreichen Neu-<lb/> linge im Parlament zu ködern, die principiell nichts gegen eine Erhöhung der Hausstcucr<lb/> hatten, und in der bloßen Anerkennung eines Princips, ohne sich zu feiner praktischen<lb/> Anwendung zu verbinden, nichts Arges sahen. Sir James Graham und Mr. Gladsioue<lb/> gebührt das Verdienst, diesem Bemühen mit Erfolg widerstanden zu haben, und deshalb<lb/> war während der ganzen Debatte stets das ganze Budget der Gegenstand der Ver¬<lb/> handlung, und es handelte sich nicht mehr um das Princip der Hausstcucr, sondern<lb/> um die Frage, ob man zu dem gegenwärtigen Ministerium Vertrauen genug habe, um<lb/> ihm eine Erhöhung der Steuern zu bewilligen, und die Antwort ist verneinend ausge-<lb/> fallen. Der Kampf war hartnäckig, doch sah man kurz nach Beginn der Debatte schon,<lb/> wie sein Ende sein würde, denn Herr Disraeli stand so gut wie allein — die Unter¬<lb/> stützung der Herren Walpole und Pakington hat ihm eher geschadet — den bedeutendsten<lb/> finanziellen Talenten des Unterhauses gegenüber, die sein aus den ersten Blick so glänzend<lb/> aussehendes Budget schonungslos des falschen Flitters entkleideten, nud alle wunden<lb/> Stellen desselben hervorhoben, Auch hier waren es wieder Sir James Graham und<lb/> Mr. Gladstone, welche nachwiese», wie das ministerielle Budget, indem es erst einen<lb/> Ueberschuß durch Erhöhung der Steuern schaffte, um ihn zur Herabsetzung anderer ver¬<lb/> wenden zu können, allen Grundsätzen einer gesunde» Fi»a»zpolitik widerspreche». Wie<lb/> leide»schaftlich der Kampf Mr. Disraeli bewegt hatte, zeigte sich an seiner Schlußrede,<lb/> in der er seine Gegner mit einer Bitterkeit und einer Heftigkeit der Sprache angriff,<lb/> die kaum andere Grenze» zu kennen schien, als den Ordnungsruf des Sprechers, und<lb/> die ma» laiige nicht im Unterhause gehört hat. So sagte er von Sir Eh. Wood, er<lb/> verwechsele Tadelsucht mit kritischem Sinn, und Jusolenz mit Rechtschaffenheit, und von<lb/> Sir James Graham, er beachte ih» zwar, könne ihn aber nicht achte». Ueberhaupt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
W o es e n b e r i es t.
Sieg der Liberalen. — Das neue Jahr
eröffnet sich, wenn die Dinge nicht plötzlich wieder unischlagen, unter günstigen Auspizien
für die liberale Sache, In England ist das Tory-Ministerium gestürzt und ein aus Whigs
und Peeliten gebildetes Cabinet im Begriff, die Zügel der Verwaltung zu übernehmen,
in Spanien erlahmt die Verwegenheit des strafbarsten Neactivusprojeetes vor der glor¬
reichen Manifestation eines eben so wüthigen, als unbeugsame» Widerstandes, und eine
Aenderung ist eingetreten, welche hoffentlich bald die constitutionelle Partei an das
Ruder des Staats bringen wird.
Daily News verglich neulich das Disraclische Budget mit den Wahl¬
bestechungen der Tones, die sich bei den Wahlen dnrch Freibier Wähler geworben
haben, und meinten, daß die Gewohnheit dieser Taktik einen Finanzplan eingegeben
habe, welcher die Nation dnrch die Aussicht auf billigere Bierpreise verlocken wolle, dem
Agricnltnrintcrefse durch die Verminderung der Malz- und Hopscnstcucr eine indirecte
Entschädigung zu geben. Der Versuch ist jedoch nicht gelungen. Nach viertägiger
Debatte ist Herrn Disraeli's Budget mit einer Majorität von 19 Stimmen im Unter-
Hause verworfen, und damit das Ministerium Derby nach clfmonatlichcm Bestände ge¬
stürzt worden. Formell handelte es sich nur um den Beschluß, ob man mit der Haus¬
steuer überhaupt eine Veränderung vornehmen wolle, und bis zuletzt versuchte Herr
Disraeli die Frage auf diesem engen Terrain zu halten, um die zahlreichen Neu-
linge im Parlament zu ködern, die principiell nichts gegen eine Erhöhung der Hausstcucr
hatten, und in der bloßen Anerkennung eines Princips, ohne sich zu feiner praktischen
Anwendung zu verbinden, nichts Arges sahen. Sir James Graham und Mr. Gladsioue
gebührt das Verdienst, diesem Bemühen mit Erfolg widerstanden zu haben, und deshalb
war während der ganzen Debatte stets das ganze Budget der Gegenstand der Ver¬
handlung, und es handelte sich nicht mehr um das Princip der Hausstcucr, sondern
um die Frage, ob man zu dem gegenwärtigen Ministerium Vertrauen genug habe, um
ihm eine Erhöhung der Steuern zu bewilligen, und die Antwort ist verneinend ausge-
fallen. Der Kampf war hartnäckig, doch sah man kurz nach Beginn der Debatte schon,
wie sein Ende sein würde, denn Herr Disraeli stand so gut wie allein — die Unter¬
stützung der Herren Walpole und Pakington hat ihm eher geschadet — den bedeutendsten
finanziellen Talenten des Unterhauses gegenüber, die sein aus den ersten Blick so glänzend
aussehendes Budget schonungslos des falschen Flitters entkleideten, nud alle wunden
Stellen desselben hervorhoben, Auch hier waren es wieder Sir James Graham und
Mr. Gladstone, welche nachwiese», wie das ministerielle Budget, indem es erst einen
Ueberschuß durch Erhöhung der Steuern schaffte, um ihn zur Herabsetzung anderer ver¬
wenden zu können, allen Grundsätzen einer gesunde» Fi»a»zpolitik widerspreche». Wie
leide»schaftlich der Kampf Mr. Disraeli bewegt hatte, zeigte sich an seiner Schlußrede,
in der er seine Gegner mit einer Bitterkeit und einer Heftigkeit der Sprache angriff,
die kaum andere Grenze» zu kennen schien, als den Ordnungsruf des Sprechers, und
die ma» laiige nicht im Unterhause gehört hat. So sagte er von Sir Eh. Wood, er
verwechsele Tadelsucht mit kritischem Sinn, und Jusolenz mit Rechtschaffenheit, und von
Sir James Graham, er beachte ih» zwar, könne ihn aber nicht achte». Ueberhaupt
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