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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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und Anordnung bittet. Sonst möchte eine bestimmte Situation, ein einzelner Moment
nur dann günstig sein, wenn er von großer, allgemein bekannter Bedeutung ist. Für
Wieland scheint nun das gewählte Motiv günstig, da es die heitere, leichte Unter¬
haltung, die gutmüthig satyrische Laune seiner Werke ausspricht, die sich auch nach
Versicherung Derjenigen, welche ihn persönlich gekannt haben, in seiner Erscheinung aus¬
gedrückt haben soll, und die auch die vorhandenen Bildnisse errathen lassen. Die zu diesem
Motiv passende, etwas vorgebeugte Haltung des Kopfes erinnert nebenbei an den Aus¬
druck dieser Bildnisse aus spätern Jahren. Aus der zwar sorgfältigen, aber doch nicht
sehr ausgeführten Zeichnung kann man abnehmen, daß Herr Gaffer diese Aehnlichkeit
i" den verjüngten Zügen wird festzuhalten wissen.

Am Meisten sprach man sich, und wohl mit Recht, gegen die übcrkrästige Figur
aus, die mit den vorhandenen Bildnissen, mit der noch von Vielen gekannten person"
lichen Erscheinung und mit dem feinen, zierlichen Sinn und Eindruck seiner Werke
contrastirt. Die etwas zu geschwungene Stellung, wobei die rechte Hüfte ungewöhnlich
hervortritt, wird in der Ausführung gewiß gemildert werde". Zuletzt ist noch die
etwas kleinliche Lyra zu tadeln, die an dem stützenden Baumsturz aufgehängt war.
Mit dieser hat es fast dieselbe Bewandtniß, wie mit dem Kranz bei Schiller und
Goethe: Will man sie nicht, als Hauptbczeichnnng sür den Sänger, in die Hand geben,
wofür wol wenig Stimmen sein dürsten, so ist sie nur als ein Attribut, mehr als
schmückendes Beiwerk zu behandeln, vielleicht am schicklichsten an den Stamm zu stellen
oder zu lehnen. Ob Herr Gaffer, bevor er an die Ausführung geht, erst ein kleines
Modell machen wird, woraus man allerdings eine deutlichere Anschauung erhalten
würde, oder ob die Ausführung des sür den Guß zu fertigenden großen Modells nach
dieser Zeichnung genehmigt wird, darüber ist im Publicum nichts verlautet.


Kunstvereine und Ausstellungen in Thüringischen
Städten: Der Erfurter Kunstverein, welcher bisher sehr thätig gewesen ist, größere
und kleinere Werke jetzt lebender Künstler sür größere und Sonder-Ausstellungen, öfter
aus Privatbesitz, herbeizuschaffen, und sich dadurch das kunstliebende Publicum Erfurts
und der benachbarten Städte zu Dank verpflichtet hat, beabsichtigt jetzt eiuen Turnus von
Ausstellungen in denjenigen thüringischen Städten.die nicht schon einem andern dergleichen
Turnus angeschlossen sind, einzurichten, und hat dazu bereits Aufforderung und Vorschläge
nach Weimar, Eisenach, Naumburg u. c>. O. ergehen lassen, von mehreren auch schon die
Zusage des Beitrittes erhalten.

Der Gedanke und das Bemühen, durch dergleichen Anstalten Sinn und Liebe für
die Kunst allgemeiner zu verbreiten, ist unter allen Umständen lobenswerth, und es wäre
zu wünschen, daß dies der Weg zum Ziele sei, weil damit den Künstlern zugleich er¬
weiterte Aussicht aus wachsende materielle Vortheile, die eben nicht zu entbehren sind,
in Aussicht gestellt würde. Die günstige Wirkung eines solchen Unternehmens würde
aber voraussetzen, daß der Verein durch Zusendung von Werken unterstützt würde,
welche den Stand der jetzigen Kunst in ihren verschiedenen Zweigen auf der Höhe
zeigen, und zwar von Seiten, die den Ankauf derselben nicht als Zweck der Ausstel¬
lung ansehen. Durch das Ansammeln einer Masse mittelmäßiger und geringer Malereien
wird mehr geschadet und der Kunstbildung im Publicum mehr entgegengearbeitet, als


und Anordnung bittet. Sonst möchte eine bestimmte Situation, ein einzelner Moment
nur dann günstig sein, wenn er von großer, allgemein bekannter Bedeutung ist. Für
Wieland scheint nun das gewählte Motiv günstig, da es die heitere, leichte Unter¬
haltung, die gutmüthig satyrische Laune seiner Werke ausspricht, die sich auch nach
Versicherung Derjenigen, welche ihn persönlich gekannt haben, in seiner Erscheinung aus¬
gedrückt haben soll, und die auch die vorhandenen Bildnisse errathen lassen. Die zu diesem
Motiv passende, etwas vorgebeugte Haltung des Kopfes erinnert nebenbei an den Aus¬
druck dieser Bildnisse aus spätern Jahren. Aus der zwar sorgfältigen, aber doch nicht
sehr ausgeführten Zeichnung kann man abnehmen, daß Herr Gaffer diese Aehnlichkeit
i» den verjüngten Zügen wird festzuhalten wissen.

Am Meisten sprach man sich, und wohl mit Recht, gegen die übcrkrästige Figur
aus, die mit den vorhandenen Bildnissen, mit der noch von Vielen gekannten person«
lichen Erscheinung und mit dem feinen, zierlichen Sinn und Eindruck seiner Werke
contrastirt. Die etwas zu geschwungene Stellung, wobei die rechte Hüfte ungewöhnlich
hervortritt, wird in der Ausführung gewiß gemildert werde». Zuletzt ist noch die
etwas kleinliche Lyra zu tadeln, die an dem stützenden Baumsturz aufgehängt war.
Mit dieser hat es fast dieselbe Bewandtniß, wie mit dem Kranz bei Schiller und
Goethe: Will man sie nicht, als Hauptbczeichnnng sür den Sänger, in die Hand geben,
wofür wol wenig Stimmen sein dürsten, so ist sie nur als ein Attribut, mehr als
schmückendes Beiwerk zu behandeln, vielleicht am schicklichsten an den Stamm zu stellen
oder zu lehnen. Ob Herr Gaffer, bevor er an die Ausführung geht, erst ein kleines
Modell machen wird, woraus man allerdings eine deutlichere Anschauung erhalten
würde, oder ob die Ausführung des sür den Guß zu fertigenden großen Modells nach
dieser Zeichnung genehmigt wird, darüber ist im Publicum nichts verlautet.


Kunstvereine und Ausstellungen in Thüringischen
Städten: Der Erfurter Kunstverein, welcher bisher sehr thätig gewesen ist, größere
und kleinere Werke jetzt lebender Künstler sür größere und Sonder-Ausstellungen, öfter
aus Privatbesitz, herbeizuschaffen, und sich dadurch das kunstliebende Publicum Erfurts
und der benachbarten Städte zu Dank verpflichtet hat, beabsichtigt jetzt eiuen Turnus von
Ausstellungen in denjenigen thüringischen Städten.die nicht schon einem andern dergleichen
Turnus angeschlossen sind, einzurichten, und hat dazu bereits Aufforderung und Vorschläge
nach Weimar, Eisenach, Naumburg u. c>. O. ergehen lassen, von mehreren auch schon die
Zusage des Beitrittes erhalten.

Der Gedanke und das Bemühen, durch dergleichen Anstalten Sinn und Liebe für
die Kunst allgemeiner zu verbreiten, ist unter allen Umständen lobenswerth, und es wäre
zu wünschen, daß dies der Weg zum Ziele sei, weil damit den Künstlern zugleich er¬
weiterte Aussicht aus wachsende materielle Vortheile, die eben nicht zu entbehren sind,
in Aussicht gestellt würde. Die günstige Wirkung eines solchen Unternehmens würde
aber voraussetzen, daß der Verein durch Zusendung von Werken unterstützt würde,
welche den Stand der jetzigen Kunst in ihren verschiedenen Zweigen auf der Höhe
zeigen, und zwar von Seiten, die den Ankauf derselben nicht als Zweck der Ausstel¬
lung ansehen. Durch das Ansammeln einer Masse mittelmäßiger und geringer Malereien
wird mehr geschadet und der Kunstbildung im Publicum mehr entgegengearbeitet, als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/363>, abgerufen am 26.12.2024.