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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Verhältnissen sich bei jedem Einzelnen entwickelt, führen nothwendig zu weit
größerer Production, zu vermehrtem Handel und zu stärkerem Verbrauch, sie wer¬
den folglich Geld in immer größerer Masse nöthig machen, und lohnender Zins
wird da, wo es mit Nutzen angewendet werden kauu, bereitwillig dafür bezahlt
werden. So scheint die Gefahr einer Entwerthung der edlen Metalle noch auf
lange hinaus nicht vorhanden.

Die englische Regierung scheint nicht die Absicht zu haben, eine Münzstätte
in Australien zu errichte". Es giebt im brüischcu Reich uur eine Münzstätte,
die in London, sie steht unter der Leitung erprobter Beamten und eines Münz-
wardcius Master "k dero Mut), der zu dem Personal der höchsten Regierungsbe-
amten gehört. Es erscheint zweifelhaft, ob eine eben so strenge Controlle auel
bei einer Kolonie, die bei den Antipoden lieg't, stattfinden könnte, der geringste
Zweisel aber an der allerstrengsten Controlle würde das Vertrauen zu der aus¬
geprägten Landesmünze, welches jetzt felsenfest ist, erschüttern. Man wird daher
wahrscheinlich keine Münze in Australien errichten, souderu von dort Gold in
Barren als Waare versende" und als Zahlungsmittel benutze".

In den V. Staaten von Nordamerika wird dieselbe Politik verfolgt. Das
Gold von Kalifornien wird als Waare nach der Münze von Philadelphia gesandt,
denn es darf nur dort ausgeprägt werden, und von der Filialmünze, welche zu
San Franciöko errichtet werden sollte, ist jetzt Alles still.


-- Es ist auffallend, daß das Publicum den
diesjährigen Kammerverhandlungen eine viel größere Theilnahme zuwendet, als
während der vorigen Session der Fall war. Bei der romanhaften und pikanten
Entwickelung der Dinge in Frankreich, die mehr als eine ernste politische Krisis
das Interesse der großen Menge zu absorbiren im Stande war, durfte mau kaum
erwarte", daß unser" innern politischen Kämpfen, je mehr sie sich von den große"
allgemeinen Grundsätzen in das Detail entfernte", "och einige Aufmerksamkeit
geschenkt werde" würde. Und doch haben wir das seltene Schauspiel gehabt, daß
bis jetzt bei allen wichtigern Kammerverhandlungen in dieser Session die Znhörer-
ränme gefüllt waren. Ich bin nicht sanguinisch genng, ans diese Erscheinung,
die doch immer erst seit wenigen Wochen zu Tage getreten ist, besondere Hoff¬
nungen zu bauen; aber ich bin auch nicht blind genng, sie zu ignoriren und schon
jetzt die Möglichkeit in Abrede zu stellen, daß wir es hier mit den ersten Sympto¬
men eines Wechsels in der öffentlichen Stimmung zu thun haben könnte". Ich
muß ausdrücklich hervorheben, daß die bloße Neugierde, oder die bloße Theilnahme
am geistigen Kampf, die sich nach längerer Indolenz naturgemäß wieder regen
muß, uicht genügen, die größere Aufmerksamkeit des Publicums zu erklären;
denn die Kammer bat bei den letzten Wahlen gerade eine große Anzahl solcher
Kräfte eingebüßt, die in der parlamentarischen Debatte glänzten. Wenn


Verhältnissen sich bei jedem Einzelnen entwickelt, führen nothwendig zu weit
größerer Production, zu vermehrtem Handel und zu stärkerem Verbrauch, sie wer¬
den folglich Geld in immer größerer Masse nöthig machen, und lohnender Zins
wird da, wo es mit Nutzen angewendet werden kauu, bereitwillig dafür bezahlt
werden. So scheint die Gefahr einer Entwerthung der edlen Metalle noch auf
lange hinaus nicht vorhanden.

Die englische Regierung scheint nicht die Absicht zu haben, eine Münzstätte
in Australien zu errichte». Es giebt im brüischcu Reich uur eine Münzstätte,
die in London, sie steht unter der Leitung erprobter Beamten und eines Münz-
wardcius Master »k dero Mut), der zu dem Personal der höchsten Regierungsbe-
amten gehört. Es erscheint zweifelhaft, ob eine eben so strenge Controlle auel
bei einer Kolonie, die bei den Antipoden lieg't, stattfinden könnte, der geringste
Zweisel aber an der allerstrengsten Controlle würde das Vertrauen zu der aus¬
geprägten Landesmünze, welches jetzt felsenfest ist, erschüttern. Man wird daher
wahrscheinlich keine Münze in Australien errichten, souderu von dort Gold in
Barren als Waare versende» und als Zahlungsmittel benutze».

In den V. Staaten von Nordamerika wird dieselbe Politik verfolgt. Das
Gold von Kalifornien wird als Waare nach der Münze von Philadelphia gesandt,
denn es darf nur dort ausgeprägt werden, und von der Filialmünze, welche zu
San Franciöko errichtet werden sollte, ist jetzt Alles still.


— Es ist auffallend, daß das Publicum den
diesjährigen Kammerverhandlungen eine viel größere Theilnahme zuwendet, als
während der vorigen Session der Fall war. Bei der romanhaften und pikanten
Entwickelung der Dinge in Frankreich, die mehr als eine ernste politische Krisis
das Interesse der großen Menge zu absorbiren im Stande war, durfte mau kaum
erwarte», daß unser» innern politischen Kämpfen, je mehr sie sich von den große»
allgemeinen Grundsätzen in das Detail entfernte», »och einige Aufmerksamkeit
geschenkt werde» würde. Und doch haben wir das seltene Schauspiel gehabt, daß
bis jetzt bei allen wichtigern Kammerverhandlungen in dieser Session die Znhörer-
ränme gefüllt waren. Ich bin nicht sanguinisch genng, ans diese Erscheinung,
die doch immer erst seit wenigen Wochen zu Tage getreten ist, besondere Hoff¬
nungen zu bauen; aber ich bin auch nicht blind genng, sie zu ignoriren und schon
jetzt die Möglichkeit in Abrede zu stellen, daß wir es hier mit den ersten Sympto¬
men eines Wechsels in der öffentlichen Stimmung zu thun haben könnte». Ich
muß ausdrücklich hervorheben, daß die bloße Neugierde, oder die bloße Theilnahme
am geistigen Kampf, die sich nach längerer Indolenz naturgemäß wieder regen
muß, uicht genügen, die größere Aufmerksamkeit des Publicums zu erklären;
denn die Kammer bat bei den letzten Wahlen gerade eine große Anzahl solcher
Kräfte eingebüßt, die in der parlamentarischen Debatte glänzten. Wenn


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/306>, abgerufen am 26.12.2024.