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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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heit der Nationalitäten allmählich zu verwischen ansingen. Das Commuuallebeu
entwickelte sich; man machte.durch Association öffentliche Anpflanzungen, und es
wurde möglich, an eine Regelung der Arbeitsleistungen in Natura zu denken. Die
verschiedenen Culturen vervollkommneten sich, namentlich die des Tabaks, und auch
der Seiden- und Baumwvllcnbau gewann an Ausdehnung. Die Bienenzucht
wurde eingeführt. Die Bvdcucrzeugnisse vervielfältigten und verbesserten sich,
und der Farmer, der in Besitz eines Hofes v. 8---10 Hcctarcn to. 32 Morgen)
war, konnte auf ein Jahreseinkommen von mindestens 1200 Fras. rechnen.

Von jetzt an bis 1860, wo die Kolonisation einen neuen Aufschwung nimmt,
ist mit Ausnahme der bereits aufgegebenen Versuche von 1848, der Fortschritt
der Kolonisation solid, aber nicht auffällig. Er besteht hauptsächlich in der lang¬
samen, aber stetigen Zunahme der Bevölkerung der Dörfer, in der Vermehrung der
ertheilten Concessionen, in der Verbesserung der Bewirthschastungsmethvde, in
der Einführung gewinnbringender und für Boden und Klima besser geeigneter
Culturarten. Die Ausfuhr von Nohproducteu des Landes bleibt fast stationair,
""d beträgt mir 3,879,614 Fras. Der weiteren Entwickelung und dem gegen¬
wärtigen Zustande der Kolonie widmen wir einen zweiten Artikel.




Die constitutionelle Partei in Preußen.

Die preußischen Konstitutionellen sind seit der Märzrevolution von verschiedenen
Seiten mit Vorwürfen verfolgt, mit Hohn überschüttet worden der wirklichen oder
angeblichen Schwankungen und Nachgiebigkeiten wegen, in welche sie durch die
Gewalt der Ereignisse gedrängt wurden, oder die ihnen wenigstens scheinbar zur
Last fielen. Ein besonnenes und gemäßigtes Urtheil muß schon jetzt zu der Ein¬
sicht kommen, daß eine Partei, die sich in so außerordentlich schwieriger Stellung,
wie die constitutionelle, inmitten des Sturmes furchtbarer Umwälzungen und der
ihm folgenden reißenden Rückströmuug der Contrerevolution befand, Mißgriffen
und Täuschungen nicht entgehen konnte; ja selbst daß da, wo dieselben hätten
vermieden werden können, die Umstände ihnen zur Entschuldigung dienen. Die
letzten beiden Jahre ferner köunen Jedem, der nicht durch leidenschaftlich parteiische
Verblendung oder dnrch bornirte Vorliebe für einseitige Principien befangen ist,
den Beweis liefern, daß weder Mangel an Gefinnnngstreuc, noch an Beharrlich¬
keit die Fehlgriffe der constitutionellen Partei und ihre daraus entspringenden
Unfälle und Niederlagen verschuldet haben; in demselben Augenblick, wo die
letzten, schwachen Aussichten des Sieges ihrer Politik für lange sich verdunkelten,
schaarte sie sich enger, als vorher, um ihr Banner und setzte eiuen Kampf fort,


heit der Nationalitäten allmählich zu verwischen ansingen. Das Commuuallebeu
entwickelte sich; man machte.durch Association öffentliche Anpflanzungen, und es
wurde möglich, an eine Regelung der Arbeitsleistungen in Natura zu denken. Die
verschiedenen Culturen vervollkommneten sich, namentlich die des Tabaks, und auch
der Seiden- und Baumwvllcnbau gewann an Ausdehnung. Die Bienenzucht
wurde eingeführt. Die Bvdcucrzeugnisse vervielfältigten und verbesserten sich,
und der Farmer, der in Besitz eines Hofes v. 8—-10 Hcctarcn to. 32 Morgen)
war, konnte auf ein Jahreseinkommen von mindestens 1200 Fras. rechnen.

Von jetzt an bis 1860, wo die Kolonisation einen neuen Aufschwung nimmt,
ist mit Ausnahme der bereits aufgegebenen Versuche von 1848, der Fortschritt
der Kolonisation solid, aber nicht auffällig. Er besteht hauptsächlich in der lang¬
samen, aber stetigen Zunahme der Bevölkerung der Dörfer, in der Vermehrung der
ertheilten Concessionen, in der Verbesserung der Bewirthschastungsmethvde, in
der Einführung gewinnbringender und für Boden und Klima besser geeigneter
Culturarten. Die Ausfuhr von Nohproducteu des Landes bleibt fast stationair,
»»d beträgt mir 3,879,614 Fras. Der weiteren Entwickelung und dem gegen¬
wärtigen Zustande der Kolonie widmen wir einen zweiten Artikel.




Die constitutionelle Partei in Preußen.

Die preußischen Konstitutionellen sind seit der Märzrevolution von verschiedenen
Seiten mit Vorwürfen verfolgt, mit Hohn überschüttet worden der wirklichen oder
angeblichen Schwankungen und Nachgiebigkeiten wegen, in welche sie durch die
Gewalt der Ereignisse gedrängt wurden, oder die ihnen wenigstens scheinbar zur
Last fielen. Ein besonnenes und gemäßigtes Urtheil muß schon jetzt zu der Ein¬
sicht kommen, daß eine Partei, die sich in so außerordentlich schwieriger Stellung,
wie die constitutionelle, inmitten des Sturmes furchtbarer Umwälzungen und der
ihm folgenden reißenden Rückströmuug der Contrerevolution befand, Mißgriffen
und Täuschungen nicht entgehen konnte; ja selbst daß da, wo dieselben hätten
vermieden werden können, die Umstände ihnen zur Entschuldigung dienen. Die
letzten beiden Jahre ferner köunen Jedem, der nicht durch leidenschaftlich parteiische
Verblendung oder dnrch bornirte Vorliebe für einseitige Principien befangen ist,
den Beweis liefern, daß weder Mangel an Gefinnnngstreuc, noch an Beharrlich¬
keit die Fehlgriffe der constitutionellen Partei und ihre daraus entspringenden
Unfälle und Niederlagen verschuldet haben; in demselben Augenblick, wo die
letzten, schwachen Aussichten des Sieges ihrer Politik für lange sich verdunkelten,
schaarte sie sich enger, als vorher, um ihr Banner und setzte eiuen Kampf fort,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/142>, abgerufen am 26.12.2024.