Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.welch' feinem Takte machte er von der Staffage Gebrauch! wogegen selbst bedeu¬ Wochenbericht. Preußen und die Koalition. > -- Das Blatt, welches in der gegenwärtigen Das sind ja Alles wieder ganz unerhörte Dinge! Zwar glauben wir wohl, daß Von einer Verfolgung wirklicher Rechtsansprüche östreichischer Seits könnte hier gar welch' feinem Takte machte er von der Staffage Gebrauch! wogegen selbst bedeu¬ Wochenbericht. Preußen und die Koalition. > — Das Blatt, welches in der gegenwärtigen Das sind ja Alles wieder ganz unerhörte Dinge! Zwar glauben wir wohl, daß Von einer Verfolgung wirklicher Rechtsansprüche östreichischer Seits könnte hier gar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94923"/> <p xml:id="ID_1427" prev="#ID_1426"> welch' feinem Takte machte er von der Staffage Gebrauch! wogegen selbst bedeu¬<lb/> tende Landschaftsmaler so häufig verstoßen, daß sie endlich gar auf den Ge¬<lb/> danken verfallen, ihre Bilder durch die zweite Hand eines Historikers staffiren<lb/> zu lassen. In dem Conversationssaal der neuen königlichen Residenz zu München<lb/> wurden zehn Landschaften, Scenen aus dem häuslichen und öffentlichen, städtischen<lb/> und ländlichen Leben der Griechen nach Rottmann's Aqnarellzeichnuugen von<lb/> Schilling in Tempera gemalt. Der Anblick dieser classischen Composition nöthigte<lb/> dem berühmten Kaulbach den charakteristischen Ausruf ab: „Rottmann könnte in<lb/> der Reihe unsrer ersten Historienmaler stehen, wenn er es nicht verzöge unter den<lb/> Landschaftern der Erste zu sein!"</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Wochenbericht.</head><lb/> <div n="2"> <head> Preußen und die Koalition. ></head> <p xml:id="ID_1428"> — Das Blatt, welches in der gegenwärtigen<lb/> politischen Windstille am fleißigsten für Überraschungen sorgt, ist die Kreuzzeitung. Bisher<lb/> war man ziemlich allgemein der Ansicht, daß ein Scheitern der handelspolitischen Conferen-<lb/> zen in Berlin keine andere Folge haben würde, als daß sich aus der einen Seite der September-<lb/> Verein, auf der andern der neue bayerische Zollverein mit mehr oder minder Annäherung an<lb/> den östreichisch-lichtcnstcinschcn organistrc» würde. Die Kreuzzeitung giebt uns über diesen<lb/> Punkt unerwartete Aufschlüsse. Nach ihr ist Oestreich fest entschlossen, Preußens Absichten<lb/> in dieser Beziehung nöthigen Falls in die Lust zu sprengen. Die Kreuzzeitung zeichnet<lb/> auch bereits den Plan vor, nach welchem Oestreich operiren wolle. Zuerst sollen<lb/> Braunschweig und die thüringischen Staaten (vielleicht auch Anhalt-Dessau ze.), weil sie<lb/> nicht rechtzeitig gekündigt hatten, von Bundeswegen aufgefordert werden, sich dem bay¬<lb/> rischen Zollverband anzuschließen; wenn das nicht fruchte, soll eine Bundescxecution<lb/> gegen sie verfügt und die rennenden Staaten mit Gewalt unter Oestreichs Herrschaft<lb/> gebracht werden. Außerdem theilt sie mit, daß Oestreich beim Bundestage bereits<lb/> einen vollständig formulirten Antrag gestellt habe, ihm die Besatzung der süddeutschen<lb/> Bundesfestungen ausschließlich zu übertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1429"> Das sind ja Alles wieder ganz unerhörte Dinge! Zwar glauben wir wohl, daß<lb/> Oestreich nach feinen neuesten Erfolgen möglichst ausgedehnte Ansprüche zu erheben<lb/> geneigt ist, und daß es einem Staat, der sich Olmütz hat gefallen lassen, Alles bieten<lb/> zu dürfen glaubt; aber es hat doch Alles seine Grenze. Soviel sieht Oestreich wohl<lb/> ein, daß seine Lage Preußen gegenüber gegenwärtig eine ganz andere ist, als im No¬<lb/> vember 1830. Damals standen alle Großmächte auf seiner Seite, jetzt würde es alle<lb/> gegen sich haben, wenn nicht etwa mit Louis Napoleon eine entento voräisls ab¬<lb/> geschlossen sein sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1430" next="#ID_1431"> Von einer Verfolgung wirklicher Rechtsansprüche östreichischer Seits könnte hier gar<lb/> keine Rede sein, sondern nur von Anwendung willkürlicher Gewalt, denn was jene Vor¬<lb/> stellung von der Fortdauer des Zollvereins nach Preußens Austritt betrifft, so liegt es<lb/> doch wol auf der Hand, daß alle einzelnen Bestimmungen des ehemaligen Zollvereins</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0482]
welch' feinem Takte machte er von der Staffage Gebrauch! wogegen selbst bedeu¬
tende Landschaftsmaler so häufig verstoßen, daß sie endlich gar auf den Ge¬
danken verfallen, ihre Bilder durch die zweite Hand eines Historikers staffiren
zu lassen. In dem Conversationssaal der neuen königlichen Residenz zu München
wurden zehn Landschaften, Scenen aus dem häuslichen und öffentlichen, städtischen
und ländlichen Leben der Griechen nach Rottmann's Aqnarellzeichnuugen von
Schilling in Tempera gemalt. Der Anblick dieser classischen Composition nöthigte
dem berühmten Kaulbach den charakteristischen Ausruf ab: „Rottmann könnte in
der Reihe unsrer ersten Historienmaler stehen, wenn er es nicht verzöge unter den
Landschaftern der Erste zu sein!"
Wochenbericht.
Preußen und die Koalition. > — Das Blatt, welches in der gegenwärtigen
politischen Windstille am fleißigsten für Überraschungen sorgt, ist die Kreuzzeitung. Bisher
war man ziemlich allgemein der Ansicht, daß ein Scheitern der handelspolitischen Conferen-
zen in Berlin keine andere Folge haben würde, als daß sich aus der einen Seite der September-
Verein, auf der andern der neue bayerische Zollverein mit mehr oder minder Annäherung an
den östreichisch-lichtcnstcinschcn organistrc» würde. Die Kreuzzeitung giebt uns über diesen
Punkt unerwartete Aufschlüsse. Nach ihr ist Oestreich fest entschlossen, Preußens Absichten
in dieser Beziehung nöthigen Falls in die Lust zu sprengen. Die Kreuzzeitung zeichnet
auch bereits den Plan vor, nach welchem Oestreich operiren wolle. Zuerst sollen
Braunschweig und die thüringischen Staaten (vielleicht auch Anhalt-Dessau ze.), weil sie
nicht rechtzeitig gekündigt hatten, von Bundeswegen aufgefordert werden, sich dem bay¬
rischen Zollverband anzuschließen; wenn das nicht fruchte, soll eine Bundescxecution
gegen sie verfügt und die rennenden Staaten mit Gewalt unter Oestreichs Herrschaft
gebracht werden. Außerdem theilt sie mit, daß Oestreich beim Bundestage bereits
einen vollständig formulirten Antrag gestellt habe, ihm die Besatzung der süddeutschen
Bundesfestungen ausschließlich zu übertragen.
Das sind ja Alles wieder ganz unerhörte Dinge! Zwar glauben wir wohl, daß
Oestreich nach feinen neuesten Erfolgen möglichst ausgedehnte Ansprüche zu erheben
geneigt ist, und daß es einem Staat, der sich Olmütz hat gefallen lassen, Alles bieten
zu dürfen glaubt; aber es hat doch Alles seine Grenze. Soviel sieht Oestreich wohl
ein, daß seine Lage Preußen gegenüber gegenwärtig eine ganz andere ist, als im No¬
vember 1830. Damals standen alle Großmächte auf seiner Seite, jetzt würde es alle
gegen sich haben, wenn nicht etwa mit Louis Napoleon eine entento voräisls ab¬
geschlossen sein sollte.
Von einer Verfolgung wirklicher Rechtsansprüche östreichischer Seits könnte hier gar
keine Rede sein, sondern nur von Anwendung willkürlicher Gewalt, denn was jene Vor¬
stellung von der Fortdauer des Zollvereins nach Preußens Austritt betrifft, so liegt es
doch wol auf der Hand, daß alle einzelnen Bestimmungen des ehemaligen Zollvereins
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