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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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stürze". Der Oberkirchenrath, kürzlich durch die Kreuzzeitung recrutirt, erläßt
einen Aufruf an seine Getreuen: sie sollen, um der drohenden Gefahr zu begeg¬
nen, in sich gehen, die symbolischen'Bücher aufschlagen, und sich erinnern, was
in?r<s heißt, was Käs8, Gehn die Jesuiten dem Protestantismus zu Leibe, so
möge sich dieser -- an den Deutsch-Katholiken entschädigen. Denn mir die freien
Gemeinde" und der Rationalismus sei an der Wiederkunft der Jesuiten schuld.

Wir wollen es abwarten, was dem Katechismus aus diesem Gegensatz für
ein Vortheil erwachsen wird. Wir. unsrerseits wollen es den frommen Vätern
danken, daß sie uns durch ihren Besuch die fortdauernde Existenz einer eeclesisr
unit-ans nahe gerückt haben, so wie wir es einst dem Bischof Arnoldi und sei¬
nem heiligen Nock dankten. Wir wollen es gern hinnehmen, wenn die katholische
Kirche noch einige illustre Requisitionen macht, wie die Gräfin Hahn-Hahn und
Herr v. Florencvurt, wenn sie diese mir veranlaßt, zum Nutze" und Frommen
des Protestantismus noch einige Bekehrnngsbücher zu schreiben. Denn alteb
der protestantische Geist ist nicht todt, wenn er auch seinen Katechismus vergessen
haben sollte; er will nur etwas gerüttelt werden.

Der Staat möge dafür sorgen, die östreichischen Musketiere nicht wieder, wie
zu den Zeiten der Liga, übertrieben oft an die Elbmündungen durchzulassen; die
östreichischen Patres werden, uus nicht schaden.

Und wer in seinem Weltschmerz zu einer voreiligen Sehnsucht nach Ruhe
sich gedrängt sieht und diese im Schooße Petri suchen sollte, den möge Görres'
Beispiel belehren, daß ein solcher Sprung in den Abgrund der Mystik tiefer
führt, als man möchte: von der gnostischen Dreieinigkeit bis zu Brahma, Wischnu
und Schiva, vou den sieben bösen Geistern der Apokalypse bis zu dem Pandä-
monium der ostasiatischen Phantasie, wo alles Ueberschwäugliche "Ereigniß ist";
vou dem Bilderdienst unmittelbar zu den Hcxenprocessen.




Bldenbnrger Zustäizde.
^.s^,/

Der starke Genuß von Schwarzbrod und Kartoffeln mag neben dem feuchten
Klima Ursache sein, daß Scropheln ein herrschendes Leiden sind. Die leichte,
namentlich dem kindlichen Alter so willkommene und angemessene Kost des Obstes
ist dem Oldenburger leider versagt, oder beschränkt sich doch uur auf ein Weniges,
da einestheils viele Obstarten, wie Kirschen, Pflaumen, Trauben, Nüsse, wegen
Mangel an Sommerwärme nicht gedeihen, und zum Theil gar nicht gepflanzt
werden; andere dagegen, wie Aepfel und Birnen, von denen hin und wieder feine
Sorten von Liebhabern erzielt werden, sich doch keiner allgemeinen Pflege erfreuen.


stürze». Der Oberkirchenrath, kürzlich durch die Kreuzzeitung recrutirt, erläßt
einen Aufruf an seine Getreuen: sie sollen, um der drohenden Gefahr zu begeg¬
nen, in sich gehen, die symbolischen'Bücher aufschlagen, und sich erinnern, was
in?r<s heißt, was Käs8, Gehn die Jesuiten dem Protestantismus zu Leibe, so
möge sich dieser — an den Deutsch-Katholiken entschädigen. Denn mir die freien
Gemeinde» und der Rationalismus sei an der Wiederkunft der Jesuiten schuld.

Wir wollen es abwarten, was dem Katechismus aus diesem Gegensatz für
ein Vortheil erwachsen wird. Wir. unsrerseits wollen es den frommen Vätern
danken, daß sie uns durch ihren Besuch die fortdauernde Existenz einer eeclesisr
unit-ans nahe gerückt haben, so wie wir es einst dem Bischof Arnoldi und sei¬
nem heiligen Nock dankten. Wir wollen es gern hinnehmen, wenn die katholische
Kirche noch einige illustre Requisitionen macht, wie die Gräfin Hahn-Hahn und
Herr v. Florencvurt, wenn sie diese mir veranlaßt, zum Nutze» und Frommen
des Protestantismus noch einige Bekehrnngsbücher zu schreiben. Denn alteb
der protestantische Geist ist nicht todt, wenn er auch seinen Katechismus vergessen
haben sollte; er will nur etwas gerüttelt werden.

Der Staat möge dafür sorgen, die östreichischen Musketiere nicht wieder, wie
zu den Zeiten der Liga, übertrieben oft an die Elbmündungen durchzulassen; die
östreichischen Patres werden, uus nicht schaden.

Und wer in seinem Weltschmerz zu einer voreiligen Sehnsucht nach Ruhe
sich gedrängt sieht und diese im Schooße Petri suchen sollte, den möge Görres'
Beispiel belehren, daß ein solcher Sprung in den Abgrund der Mystik tiefer
führt, als man möchte: von der gnostischen Dreieinigkeit bis zu Brahma, Wischnu
und Schiva, vou den sieben bösen Geistern der Apokalypse bis zu dem Pandä-
monium der ostasiatischen Phantasie, wo alles Ueberschwäugliche „Ereigniß ist";
vou dem Bilderdienst unmittelbar zu den Hcxenprocessen.




Bldenbnrger Zustäizde.
^.s^,/

Der starke Genuß von Schwarzbrod und Kartoffeln mag neben dem feuchten
Klima Ursache sein, daß Scropheln ein herrschendes Leiden sind. Die leichte,
namentlich dem kindlichen Alter so willkommene und angemessene Kost des Obstes
ist dem Oldenburger leider versagt, oder beschränkt sich doch uur auf ein Weniges,
da einestheils viele Obstarten, wie Kirschen, Pflaumen, Trauben, Nüsse, wegen
Mangel an Sommerwärme nicht gedeihen, und zum Theil gar nicht gepflanzt
werden; andere dagegen, wie Aepfel und Birnen, von denen hin und wieder feine
Sorten von Liebhabern erzielt werden, sich doch keiner allgemeinen Pflege erfreuen.


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[0467] stürze». Der Oberkirchenrath, kürzlich durch die Kreuzzeitung recrutirt, erläßt einen Aufruf an seine Getreuen: sie sollen, um der drohenden Gefahr zu begeg¬ nen, in sich gehen, die symbolischen'Bücher aufschlagen, und sich erinnern, was in?r<s heißt, was Käs8, Gehn die Jesuiten dem Protestantismus zu Leibe, so möge sich dieser — an den Deutsch-Katholiken entschädigen. Denn mir die freien Gemeinde» und der Rationalismus sei an der Wiederkunft der Jesuiten schuld. Wir wollen es abwarten, was dem Katechismus aus diesem Gegensatz für ein Vortheil erwachsen wird. Wir. unsrerseits wollen es den frommen Vätern danken, daß sie uns durch ihren Besuch die fortdauernde Existenz einer eeclesisr unit-ans nahe gerückt haben, so wie wir es einst dem Bischof Arnoldi und sei¬ nem heiligen Nock dankten. Wir wollen es gern hinnehmen, wenn die katholische Kirche noch einige illustre Requisitionen macht, wie die Gräfin Hahn-Hahn und Herr v. Florencvurt, wenn sie diese mir veranlaßt, zum Nutze» und Frommen des Protestantismus noch einige Bekehrnngsbücher zu schreiben. Denn alteb der protestantische Geist ist nicht todt, wenn er auch seinen Katechismus vergessen haben sollte; er will nur etwas gerüttelt werden. Der Staat möge dafür sorgen, die östreichischen Musketiere nicht wieder, wie zu den Zeiten der Liga, übertrieben oft an die Elbmündungen durchzulassen; die östreichischen Patres werden, uus nicht schaden. Und wer in seinem Weltschmerz zu einer voreiligen Sehnsucht nach Ruhe sich gedrängt sieht und diese im Schooße Petri suchen sollte, den möge Görres' Beispiel belehren, daß ein solcher Sprung in den Abgrund der Mystik tiefer führt, als man möchte: von der gnostischen Dreieinigkeit bis zu Brahma, Wischnu und Schiva, vou den sieben bösen Geistern der Apokalypse bis zu dem Pandä- monium der ostasiatischen Phantasie, wo alles Ueberschwäugliche „Ereigniß ist"; vou dem Bilderdienst unmittelbar zu den Hcxenprocessen. Bldenbnrger Zustäizde. ^.s^,/ Der starke Genuß von Schwarzbrod und Kartoffeln mag neben dem feuchten Klima Ursache sein, daß Scropheln ein herrschendes Leiden sind. Die leichte, namentlich dem kindlichen Alter so willkommene und angemessene Kost des Obstes ist dem Oldenburger leider versagt, oder beschränkt sich doch uur auf ein Weniges, da einestheils viele Obstarten, wie Kirschen, Pflaumen, Trauben, Nüsse, wegen Mangel an Sommerwärme nicht gedeihen, und zum Theil gar nicht gepflanzt werden; andere dagegen, wie Aepfel und Birnen, von denen hin und wieder feine Sorten von Liebhabern erzielt werden, sich doch keiner allgemeinen Pflege erfreuen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/467>, abgerufen am 24.07.2024.