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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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Fanny Elster hat in Hamburg einen Dr. Hahn geheirathet, sich aber die Fort¬
führung ihres bisherigen Namens ausbedungen. -- Der Tänzer Stulmüller in Ber¬
lin hat an seinem 23jährigen Jubiläum von der Bühne Abschied genommen. --

Lota Montez läßt sich von einem amerikanischen Dichter ein Drama schreiben/
in welchem ihre ganze Lebensgeschichte, die Münchner Landsfeld-Episode und die neueste
Prügelei mit dem italienischen Grafen mit eingeschlossen, vorkommen soll. Die Rolle
der Lota Montez will sie selber spielen.


Musik.

Die Musikalienhandlung von Breitkopf und Härtel veröffentlichte in
der jüngsten Zeit: Recitative und Chöre aus dem unvollendeten Orato¬
rium Christus, von Fel. Mendelssohn-Bartholdy. op. 97; 26steh der nach¬
gelassenen Werke. Partitur, t Thlr. Diese Fragmente zerfallen in zwei Hauptstücke,
eines dem Anfange des ersten Theils angehörend, das andere aus der Mitte des zwei¬
ten Theils. Eröffnet wird das erste Stück durch-ein erzählendes Recitativ des Tenors,
dem ein dreistimmiger Gesang der Könige folgt (6 Dur, Z ; Wir haben seinen Stern
gesehen! Wo ist der neugeborne König der Juden?), welcher ganz in Uebereinstimmung
mit dem einfachen Charakter dieses Gesanges und im engen Anschluß an die gebrauch¬
te" Männerstimmen nur von Viola, 2 Celli und Contrabaß begleitet wird. Ihm folgt
unmittelbar ein großer vollstimmiger Chor (Es Dur, Es wird ein Stern in Juda
aufgehn), von vollständigem Orchester begleitet, der am Schlüsse in den Choral: "Wie
schön leuchtet der Morgenstern," übergeht. Dieser Chor ist in einem großen, weiten
Plane angelegt, und der ihm eingefügte Choral bildet einen würdigen, festlichen Schluß,
der im echten Wcihnachtsschimmer erglänzt. Dieses ganze erste Bruchstück läßt sich als
Cantate für den Weihnachtsgottesdienst sehr passend gebrauchen, noch besser für das
Fest der heiligen drei Könige.-- Nicht minder interessant, aber weniger für dergleichen
praktische, Zwecke brauchbar, ist das dem zweiten Theile des Oratoriums entlehnte Stück,
welches einen Theil der Passionsgeschichte enthält. Es beginnt mit Recitativ: Und
der ganze Haufe stund aus und fingen an, ihn zu verklagen. Chor (? moll):
Diesen finden wir, daß er das Volk abwendet. Recitativ: Pilatus sprach zu den
Hohenpriestern: Ich finde keine Ursach' an diesem Menschen. Chor: Er hat das Volk
erregt (0 moll ^/g). Recitativ: Pilatus sprach: Ich finde keine Schuld an ihm ze.
Chor: Hinweg mit Diesem und gieb uns Barrabam los^ Recitativ: Da rief Pila-
tus zu ihnen und wollte Jesum loslassen. Chor: Kreuzige ihn (6 moll). Recitativ:
Pilatus sprach: Nehmet ihn und kreuzige ihn.. Chor: Wir haben ein Gesetz und nach
diesem soll er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht (L Dur). Reen.:
Da überantwortete er ihn. Chor (K moll, 2/4): Ihr Töchter Zions, weinet über euch
selbst und über eure Kiuder. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, da werdet ihr zu
den Bergen sagen: fallt über uns, und zu den Hügeln: deckt uns. Den Schluß
dieses ganzen Abschnittes bildet ein für Männerstimmen geschriebener Choral (Melodie:
In allen meinen Thaten), begleitet von Violen, Celli's und Contrabässen. Die Aus¬
führung' dieses ganzen Stücks hat uns mit Bewunderung erfüllt, besonders ergreifen
die zwischen die Recitative eingeschobenen Chöre durch die geschickte dramatische Behand¬
lung und gut angelegte Steigerung. Hervorzuheben scheint uns am meisten der Aus¬
druck der Worte: Kreuzige ihn, dessen entsprechende wilde Instrumentalbegleitung die
stark accentuirtem Worte sehr wirksam unterstützt. Ergreifend wirkt der länger aus¬
geführte Schlußchor: Ihr Töchter Zions, welchen im klagenden Motive Sopran und
Alt beginnen. Aus dieser wehmüthigen Stimmung erhebt er sich in der Mitte zu dem
Schrei der Verzweiflung: fallt über uns, worauf dumpfer Nachhall der Worte: deckt
uns, als ergreifender Contrast im pisnissimo nachfolgt Die Instrumentirung dieses
Chors ist mit der geschickten Hand des Meisters gefertigt; sie erdrückt nie, auch nicht
in den Stellen des höchsten Affects, die Worte und Motive des Chors, in den wei¬
cheren Stellen schimmert sie in der milden Färbung, welche dieser Klagegesang voraus-


Fanny Elster hat in Hamburg einen Dr. Hahn geheirathet, sich aber die Fort¬
führung ihres bisherigen Namens ausbedungen. — Der Tänzer Stulmüller in Ber¬
lin hat an seinem 23jährigen Jubiläum von der Bühne Abschied genommen. —

Lota Montez läßt sich von einem amerikanischen Dichter ein Drama schreiben/
in welchem ihre ganze Lebensgeschichte, die Münchner Landsfeld-Episode und die neueste
Prügelei mit dem italienischen Grafen mit eingeschlossen, vorkommen soll. Die Rolle
der Lota Montez will sie selber spielen.


Musik.

Die Musikalienhandlung von Breitkopf und Härtel veröffentlichte in
der jüngsten Zeit: Recitative und Chöre aus dem unvollendeten Orato¬
rium Christus, von Fel. Mendelssohn-Bartholdy. op. 97; 26steh der nach¬
gelassenen Werke. Partitur, t Thlr. Diese Fragmente zerfallen in zwei Hauptstücke,
eines dem Anfange des ersten Theils angehörend, das andere aus der Mitte des zwei¬
ten Theils. Eröffnet wird das erste Stück durch-ein erzählendes Recitativ des Tenors,
dem ein dreistimmiger Gesang der Könige folgt (6 Dur, Z ; Wir haben seinen Stern
gesehen! Wo ist der neugeborne König der Juden?), welcher ganz in Uebereinstimmung
mit dem einfachen Charakter dieses Gesanges und im engen Anschluß an die gebrauch¬
te» Männerstimmen nur von Viola, 2 Celli und Contrabaß begleitet wird. Ihm folgt
unmittelbar ein großer vollstimmiger Chor (Es Dur, Es wird ein Stern in Juda
aufgehn), von vollständigem Orchester begleitet, der am Schlüsse in den Choral: „Wie
schön leuchtet der Morgenstern," übergeht. Dieser Chor ist in einem großen, weiten
Plane angelegt, und der ihm eingefügte Choral bildet einen würdigen, festlichen Schluß,
der im echten Wcihnachtsschimmer erglänzt. Dieses ganze erste Bruchstück läßt sich als
Cantate für den Weihnachtsgottesdienst sehr passend gebrauchen, noch besser für das
Fest der heiligen drei Könige.— Nicht minder interessant, aber weniger für dergleichen
praktische, Zwecke brauchbar, ist das dem zweiten Theile des Oratoriums entlehnte Stück,
welches einen Theil der Passionsgeschichte enthält. Es beginnt mit Recitativ: Und
der ganze Haufe stund aus und fingen an, ihn zu verklagen. Chor (? moll):
Diesen finden wir, daß er das Volk abwendet. Recitativ: Pilatus sprach zu den
Hohenpriestern: Ich finde keine Ursach' an diesem Menschen. Chor: Er hat das Volk
erregt (0 moll ^/g). Recitativ: Pilatus sprach: Ich finde keine Schuld an ihm ze.
Chor: Hinweg mit Diesem und gieb uns Barrabam los^ Recitativ: Da rief Pila-
tus zu ihnen und wollte Jesum loslassen. Chor: Kreuzige ihn (6 moll). Recitativ:
Pilatus sprach: Nehmet ihn und kreuzige ihn.. Chor: Wir haben ein Gesetz und nach
diesem soll er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht (L Dur). Reen.:
Da überantwortete er ihn. Chor (K moll, 2/4): Ihr Töchter Zions, weinet über euch
selbst und über eure Kiuder. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, da werdet ihr zu
den Bergen sagen: fallt über uns, und zu den Hügeln: deckt uns. Den Schluß
dieses ganzen Abschnittes bildet ein für Männerstimmen geschriebener Choral (Melodie:
In allen meinen Thaten), begleitet von Violen, Celli's und Contrabässen. Die Aus¬
führung' dieses ganzen Stücks hat uns mit Bewunderung erfüllt, besonders ergreifen
die zwischen die Recitative eingeschobenen Chöre durch die geschickte dramatische Behand¬
lung und gut angelegte Steigerung. Hervorzuheben scheint uns am meisten der Aus¬
druck der Worte: Kreuzige ihn, dessen entsprechende wilde Instrumentalbegleitung die
stark accentuirtem Worte sehr wirksam unterstützt. Ergreifend wirkt der länger aus¬
geführte Schlußchor: Ihr Töchter Zions, welchen im klagenden Motive Sopran und
Alt beginnen. Aus dieser wehmüthigen Stimmung erhebt er sich in der Mitte zu dem
Schrei der Verzweiflung: fallt über uns, worauf dumpfer Nachhall der Worte: deckt
uns, als ergreifender Contrast im pisnissimo nachfolgt Die Instrumentirung dieses
Chors ist mit der geschickten Hand des Meisters gefertigt; sie erdrückt nie, auch nicht
in den Stellen des höchsten Affects, die Worte und Motive des Chors, in den wei¬
cheren Stellen schimmert sie in der milden Färbung, welche dieser Klagegesang voraus-


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[0409] Fanny Elster hat in Hamburg einen Dr. Hahn geheirathet, sich aber die Fort¬ führung ihres bisherigen Namens ausbedungen. — Der Tänzer Stulmüller in Ber¬ lin hat an seinem 23jährigen Jubiläum von der Bühne Abschied genommen. — Lota Montez läßt sich von einem amerikanischen Dichter ein Drama schreiben/ in welchem ihre ganze Lebensgeschichte, die Münchner Landsfeld-Episode und die neueste Prügelei mit dem italienischen Grafen mit eingeschlossen, vorkommen soll. Die Rolle der Lota Montez will sie selber spielen. Musik. Die Musikalienhandlung von Breitkopf und Härtel veröffentlichte in der jüngsten Zeit: Recitative und Chöre aus dem unvollendeten Orato¬ rium Christus, von Fel. Mendelssohn-Bartholdy. op. 97; 26steh der nach¬ gelassenen Werke. Partitur, t Thlr. Diese Fragmente zerfallen in zwei Hauptstücke, eines dem Anfange des ersten Theils angehörend, das andere aus der Mitte des zwei¬ ten Theils. Eröffnet wird das erste Stück durch-ein erzählendes Recitativ des Tenors, dem ein dreistimmiger Gesang der Könige folgt (6 Dur, Z ; Wir haben seinen Stern gesehen! Wo ist der neugeborne König der Juden?), welcher ganz in Uebereinstimmung mit dem einfachen Charakter dieses Gesanges und im engen Anschluß an die gebrauch¬ te» Männerstimmen nur von Viola, 2 Celli und Contrabaß begleitet wird. Ihm folgt unmittelbar ein großer vollstimmiger Chor (Es Dur, Es wird ein Stern in Juda aufgehn), von vollständigem Orchester begleitet, der am Schlüsse in den Choral: „Wie schön leuchtet der Morgenstern," übergeht. Dieser Chor ist in einem großen, weiten Plane angelegt, und der ihm eingefügte Choral bildet einen würdigen, festlichen Schluß, der im echten Wcihnachtsschimmer erglänzt. Dieses ganze erste Bruchstück läßt sich als Cantate für den Weihnachtsgottesdienst sehr passend gebrauchen, noch besser für das Fest der heiligen drei Könige.— Nicht minder interessant, aber weniger für dergleichen praktische, Zwecke brauchbar, ist das dem zweiten Theile des Oratoriums entlehnte Stück, welches einen Theil der Passionsgeschichte enthält. Es beginnt mit Recitativ: Und der ganze Haufe stund aus und fingen an, ihn zu verklagen. Chor (? moll): Diesen finden wir, daß er das Volk abwendet. Recitativ: Pilatus sprach zu den Hohenpriestern: Ich finde keine Ursach' an diesem Menschen. Chor: Er hat das Volk erregt (0 moll ^/g). Recitativ: Pilatus sprach: Ich finde keine Schuld an ihm ze. Chor: Hinweg mit Diesem und gieb uns Barrabam los^ Recitativ: Da rief Pila- tus zu ihnen und wollte Jesum loslassen. Chor: Kreuzige ihn (6 moll). Recitativ: Pilatus sprach: Nehmet ihn und kreuzige ihn.. Chor: Wir haben ein Gesetz und nach diesem soll er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht (L Dur). Reen.: Da überantwortete er ihn. Chor (K moll, 2/4): Ihr Töchter Zions, weinet über euch selbst und über eure Kiuder. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, da werdet ihr zu den Bergen sagen: fallt über uns, und zu den Hügeln: deckt uns. Den Schluß dieses ganzen Abschnittes bildet ein für Männerstimmen geschriebener Choral (Melodie: In allen meinen Thaten), begleitet von Violen, Celli's und Contrabässen. Die Aus¬ führung' dieses ganzen Stücks hat uns mit Bewunderung erfüllt, besonders ergreifen die zwischen die Recitative eingeschobenen Chöre durch die geschickte dramatische Behand¬ lung und gut angelegte Steigerung. Hervorzuheben scheint uns am meisten der Aus¬ druck der Worte: Kreuzige ihn, dessen entsprechende wilde Instrumentalbegleitung die stark accentuirtem Worte sehr wirksam unterstützt. Ergreifend wirkt der länger aus¬ geführte Schlußchor: Ihr Töchter Zions, welchen im klagenden Motive Sopran und Alt beginnen. Aus dieser wehmüthigen Stimmung erhebt er sich in der Mitte zu dem Schrei der Verzweiflung: fallt über uns, worauf dumpfer Nachhall der Worte: deckt uns, als ergreifender Contrast im pisnissimo nachfolgt Die Instrumentirung dieses Chors ist mit der geschickten Hand des Meisters gefertigt; sie erdrückt nie, auch nicht in den Stellen des höchsten Affects, die Worte und Motive des Chors, in den wei¬ cheren Stellen schimmert sie in der milden Färbung, welche dieser Klagegesang voraus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/409>, abgerufen am 05.12.2024.