Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zu befahren sind, bei anhaltendem Regen aber, also einen beträchtlichen Theil
des Jahrs hindurch, in einen chocolatearligen Brei sich auflösen, der das Fahren
unmöglich, das Gehen höchst schwierig macht. Dieser Mißstand ist um so größer,
weil es noch gar sehr an Kunststraßen fehlt, die freilich dort nur mit große"
Kosten hergestellt werden können. Die Marschbewohner, welche den Kleikvth
mit hohen,-über die Beinkleider gezogenen Wasserstiefeln durcharbeiten, bekommen
hierdurch leicht einen eigenthümlichen Gang, bei dem die Fußspitzen einwärts ge¬
stellt sind.' Solche Stiefeln send auch die schönen anzulegen genöthigt, wenn sie
Winters in weißen Kleidern und zum Ball gehen. Sind sie endlich, nach stnn-
delangem Versinken und Auftauchen, in dem Gasthofe, wo die Lustbarkeit statt¬
findet, Mit dieser Fußbekleidung, schwere Erdklumpen mit sich schleppend, ange¬
langt: so sollte man glauben, daß die Tanzlust über der Strapaze verraucht sei.
Aber nein! sie treten, nachdem sie die Chanssure gewechselt, sofort in völlig
städtischer Tracht in die Tanzreihcn und zeigen die tapferste Ausdauer.

Außer den schweren Stiefeln braucht der Marschländer anch noch den
Springstock, Kluwstuck genannt, an dem er sich über die. Gräben, welche fein
Land allerwärts durchschneiden, hinwegschwingt.

(Fortsetzung folgt.)




C o r r e s p o n d e n z.
Der Zolleongreß in Berlin.

Während die Resultate der Berliner Verhandlungen durch ganz Deutschland mit
ängstlicher Spannung erwartet werden, tauchen plötzlich in der Tagespresse drei' Acten¬
stücke -- Beschlüsse der Darmstädter Oppvsitionsvcrsammlung -- aus, welche einen sehr
merkwürdigen Inhalt haben, wie man ihn auch bei den gegenwärtigen Verhältnisse"
Deutschlands kaum zu erwarten berechtigt war. Durch das erste verpflichten sich die
Opposstionsregicrnngcn, zu Bertin keine Verhandlungen wegen Erneuerung und Erweite¬
rung des Zollvereins zum Abschluß zu bringen, so lange nicht mit Oestreich wegen der
Zollcinigung zu Berlin unterhandelt sei. In dem zweiten erklären dieselben Oppo-
sitionsrcgierungcn außer Baden, welches sich von weiteren Schritten gegen Preußen vor¬
läufig ausgeschlossen hat, daß sie die alten Zollvcreinsverträgc unter einander auch fer¬
ner als fortbestehend betrachten; sie verpflichten sich, mit keinem andern Staat (Preu¬
ßen, Hannover u. s. w.) einen Zvllcinigungsvcrtrag anders als gemeinschaftlich
einzugehen; sie verpflichten sich ferner, falls nicht vor Ablauf des Jahres 18S3 mit
allseitiger Zustimmung eine Zollcinigung zwischen ihnen und anderen Staaten zu
Stande gekommen sei, einen besondern Zollverein für Bayern, Sachsen, Württemberg, die
beiden Hessen und Nassau zu bilden. In dem dritten Aktenstück verpflichtet sich Oest¬
reich ans Grund der Wiener Konferenzen, mit den Oppositionsstaaten abzuschließen und


zu befahren sind, bei anhaltendem Regen aber, also einen beträchtlichen Theil
des Jahrs hindurch, in einen chocolatearligen Brei sich auflösen, der das Fahren
unmöglich, das Gehen höchst schwierig macht. Dieser Mißstand ist um so größer,
weil es noch gar sehr an Kunststraßen fehlt, die freilich dort nur mit große»
Kosten hergestellt werden können. Die Marschbewohner, welche den Kleikvth
mit hohen,-über die Beinkleider gezogenen Wasserstiefeln durcharbeiten, bekommen
hierdurch leicht einen eigenthümlichen Gang, bei dem die Fußspitzen einwärts ge¬
stellt sind.' Solche Stiefeln send auch die schönen anzulegen genöthigt, wenn sie
Winters in weißen Kleidern und zum Ball gehen. Sind sie endlich, nach stnn-
delangem Versinken und Auftauchen, in dem Gasthofe, wo die Lustbarkeit statt¬
findet, Mit dieser Fußbekleidung, schwere Erdklumpen mit sich schleppend, ange¬
langt: so sollte man glauben, daß die Tanzlust über der Strapaze verraucht sei.
Aber nein! sie treten, nachdem sie die Chanssure gewechselt, sofort in völlig
städtischer Tracht in die Tanzreihcn und zeigen die tapferste Ausdauer.

Außer den schweren Stiefeln braucht der Marschländer anch noch den
Springstock, Kluwstuck genannt, an dem er sich über die. Gräben, welche fein
Land allerwärts durchschneiden, hinwegschwingt.

(Fortsetzung folgt.)




C o r r e s p o n d e n z.
Der Zolleongreß in Berlin.

Während die Resultate der Berliner Verhandlungen durch ganz Deutschland mit
ängstlicher Spannung erwartet werden, tauchen plötzlich in der Tagespresse drei' Acten¬
stücke — Beschlüsse der Darmstädter Oppvsitionsvcrsammlung — aus, welche einen sehr
merkwürdigen Inhalt haben, wie man ihn auch bei den gegenwärtigen Verhältnisse»
Deutschlands kaum zu erwarten berechtigt war. Durch das erste verpflichten sich die
Opposstionsregicrnngcn, zu Bertin keine Verhandlungen wegen Erneuerung und Erweite¬
rung des Zollvereins zum Abschluß zu bringen, so lange nicht mit Oestreich wegen der
Zollcinigung zu Berlin unterhandelt sei. In dem zweiten erklären dieselben Oppo-
sitionsrcgierungcn außer Baden, welches sich von weiteren Schritten gegen Preußen vor¬
läufig ausgeschlossen hat, daß sie die alten Zollvcreinsverträgc unter einander auch fer¬
ner als fortbestehend betrachten; sie verpflichten sich, mit keinem andern Staat (Preu¬
ßen, Hannover u. s. w.) einen Zvllcinigungsvcrtrag anders als gemeinschaftlich
einzugehen; sie verpflichten sich ferner, falls nicht vor Ablauf des Jahres 18S3 mit
allseitiger Zustimmung eine Zollcinigung zwischen ihnen und anderen Staaten zu
Stande gekommen sei, einen besondern Zollverein für Bayern, Sachsen, Württemberg, die
beiden Hessen und Nassau zu bilden. In dem dritten Aktenstück verpflichtet sich Oest¬
reich ans Grund der Wiener Konferenzen, mit den Oppositionsstaaten abzuschließen und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0242" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94143"/>
            <p xml:id="ID_673" prev="#ID_672"> zu befahren sind, bei anhaltendem Regen aber, also einen beträchtlichen Theil<lb/>
des Jahrs hindurch, in einen chocolatearligen Brei sich auflösen, der das Fahren<lb/>
unmöglich, das Gehen höchst schwierig macht. Dieser Mißstand ist um so größer,<lb/>
weil es noch gar sehr an Kunststraßen fehlt, die freilich dort nur mit große»<lb/>
Kosten hergestellt werden können. Die Marschbewohner, welche den Kleikvth<lb/>
mit hohen,-über die Beinkleider gezogenen Wasserstiefeln durcharbeiten, bekommen<lb/>
hierdurch leicht einen eigenthümlichen Gang, bei dem die Fußspitzen einwärts ge¬<lb/>
stellt sind.' Solche Stiefeln send auch die schönen anzulegen genöthigt, wenn sie<lb/>
Winters in weißen Kleidern und zum Ball gehen. Sind sie endlich, nach stnn-<lb/>
delangem Versinken und Auftauchen, in dem Gasthofe, wo die Lustbarkeit statt¬<lb/>
findet, Mit dieser Fußbekleidung, schwere Erdklumpen mit sich schleppend, ange¬<lb/>
langt: so sollte man glauben, daß die Tanzlust über der Strapaze verraucht sei.<lb/>
Aber nein! sie treten, nachdem sie die Chanssure gewechselt, sofort in völlig<lb/>
städtischer Tracht in die Tanzreihcn und zeigen die tapferste Ausdauer.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_674"> Außer den schweren Stiefeln braucht der Marschländer anch noch den<lb/>
Springstock, Kluwstuck genannt, an dem er sich über die. Gräben, welche fein<lb/>
Land allerwärts durchschneiden, hinwegschwingt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_675"> (Fortsetzung folgt.)</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> C o r r e s p o n d e n z.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Der Zolleongreß in Berlin.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_676" next="#ID_677"> Während die Resultate der Berliner Verhandlungen durch ganz Deutschland mit<lb/>
ängstlicher Spannung erwartet werden, tauchen plötzlich in der Tagespresse drei' Acten¬<lb/>
stücke &#x2014; Beschlüsse der Darmstädter Oppvsitionsvcrsammlung &#x2014; aus, welche einen sehr<lb/>
merkwürdigen Inhalt haben, wie man ihn auch bei den gegenwärtigen Verhältnisse»<lb/>
Deutschlands kaum zu erwarten berechtigt war. Durch das erste verpflichten sich die<lb/>
Opposstionsregicrnngcn, zu Bertin keine Verhandlungen wegen Erneuerung und Erweite¬<lb/>
rung des Zollvereins zum Abschluß zu bringen, so lange nicht mit Oestreich wegen der<lb/>
Zollcinigung zu Berlin unterhandelt sei. In dem zweiten erklären dieselben Oppo-<lb/>
sitionsrcgierungcn außer Baden, welches sich von weiteren Schritten gegen Preußen vor¬<lb/>
läufig ausgeschlossen hat, daß sie die alten Zollvcreinsverträgc unter einander auch fer¬<lb/>
ner als fortbestehend betrachten; sie verpflichten sich, mit keinem andern Staat (Preu¬<lb/>
ßen, Hannover u. s. w.) einen Zvllcinigungsvcrtrag anders als gemeinschaftlich<lb/>
einzugehen; sie verpflichten sich ferner, falls nicht vor Ablauf des Jahres 18S3 mit<lb/>
allseitiger Zustimmung eine Zollcinigung zwischen ihnen und anderen Staaten zu<lb/>
Stande gekommen sei, einen besondern Zollverein für Bayern, Sachsen, Württemberg, die<lb/>
beiden Hessen und Nassau zu bilden. In dem dritten Aktenstück verpflichtet sich Oest¬<lb/>
reich ans Grund der Wiener Konferenzen, mit den Oppositionsstaaten abzuschließen und</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0242] zu befahren sind, bei anhaltendem Regen aber, also einen beträchtlichen Theil des Jahrs hindurch, in einen chocolatearligen Brei sich auflösen, der das Fahren unmöglich, das Gehen höchst schwierig macht. Dieser Mißstand ist um so größer, weil es noch gar sehr an Kunststraßen fehlt, die freilich dort nur mit große» Kosten hergestellt werden können. Die Marschbewohner, welche den Kleikvth mit hohen,-über die Beinkleider gezogenen Wasserstiefeln durcharbeiten, bekommen hierdurch leicht einen eigenthümlichen Gang, bei dem die Fußspitzen einwärts ge¬ stellt sind.' Solche Stiefeln send auch die schönen anzulegen genöthigt, wenn sie Winters in weißen Kleidern und zum Ball gehen. Sind sie endlich, nach stnn- delangem Versinken und Auftauchen, in dem Gasthofe, wo die Lustbarkeit statt¬ findet, Mit dieser Fußbekleidung, schwere Erdklumpen mit sich schleppend, ange¬ langt: so sollte man glauben, daß die Tanzlust über der Strapaze verraucht sei. Aber nein! sie treten, nachdem sie die Chanssure gewechselt, sofort in völlig städtischer Tracht in die Tanzreihcn und zeigen die tapferste Ausdauer. Außer den schweren Stiefeln braucht der Marschländer anch noch den Springstock, Kluwstuck genannt, an dem er sich über die. Gräben, welche fein Land allerwärts durchschneiden, hinwegschwingt. (Fortsetzung folgt.) C o r r e s p o n d e n z. Der Zolleongreß in Berlin. Während die Resultate der Berliner Verhandlungen durch ganz Deutschland mit ängstlicher Spannung erwartet werden, tauchen plötzlich in der Tagespresse drei' Acten¬ stücke — Beschlüsse der Darmstädter Oppvsitionsvcrsammlung — aus, welche einen sehr merkwürdigen Inhalt haben, wie man ihn auch bei den gegenwärtigen Verhältnisse» Deutschlands kaum zu erwarten berechtigt war. Durch das erste verpflichten sich die Opposstionsregicrnngcn, zu Bertin keine Verhandlungen wegen Erneuerung und Erweite¬ rung des Zollvereins zum Abschluß zu bringen, so lange nicht mit Oestreich wegen der Zollcinigung zu Berlin unterhandelt sei. In dem zweiten erklären dieselben Oppo- sitionsrcgierungcn außer Baden, welches sich von weiteren Schritten gegen Preußen vor¬ läufig ausgeschlossen hat, daß sie die alten Zollvcreinsverträgc unter einander auch fer¬ ner als fortbestehend betrachten; sie verpflichten sich, mit keinem andern Staat (Preu¬ ßen, Hannover u. s. w.) einen Zvllcinigungsvcrtrag anders als gemeinschaftlich einzugehen; sie verpflichten sich ferner, falls nicht vor Ablauf des Jahres 18S3 mit allseitiger Zustimmung eine Zollcinigung zwischen ihnen und anderen Staaten zu Stande gekommen sei, einen besondern Zollverein für Bayern, Sachsen, Württemberg, die beiden Hessen und Nassau zu bilden. In dem dritten Aktenstück verpflichtet sich Oest¬ reich ans Grund der Wiener Konferenzen, mit den Oppositionsstaaten abzuschließen und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/242
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/242>, abgerufen am 05.12.2024.