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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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hochdeutschen Sprache zu verwende" hat. I" diesem Wörterbuch wird er den
besten Aufschluß finden; er wird, außer der Erklärung des Wortes dnrch die
Herausgeber, bei allen irgend wichtigen Wörtern auch den Gebrauch derselben
durch die bedeutenderen Schriftsteller finden. Ja noch mehr. Die Geschichte der
einzelnen wichtigen Wörter und die Bildung ihrer Ableitungen ist in der einfachen,
bescheidenen Darstellung durch die Herausgeber so interessant und lehrreich ge¬
worden, daß bei sehr vielen Artikeln sogar die Lectüre in hohem Grade anziehend
und belehrend ist.

Und so sei das größte literarische Unternehmen der neuesten Zeit allen Ge¬
bildeten deutscher Nationen angelegentlichst empfohlen. Wenn es je ein National¬
werk gab, welches den verschiedenen deutscheu Stämme" ihren geistigen Zu¬
sammenhang und ihre brüderliche Verwandtschaft vor Angen führen kann, so ist
es dies Werk; und wenn es je eine Zeit gab, welche Ursache hat, mit Theil¬
nahme und herzlichem Interesse einem solchen Unternehmen entgegenzukommen, so
ist es unsre Zeit.




Amaranth,
von Oskar v. Redwitz. Zwölfte Auflage. Mainz, Kirchheim und Schott. 18S2.

Zwölf Auflagen in drei Jahren ist ein Erfolg, der von Seiten der Kritik seine
Berücksichtigung verdient. Wenn er auch auf das Urtheil über die Dichtung
keinen Einfluß ausüben kann, so giebt er doch Handhaben für eine nähere Kennt¬
niß des Publicniuö. Zudem hat die k. k. Regierung, die gern ans die Stimme
des Volkes lauscht, und ihr in allen Dingen, die mit der höhern Staatsraison
stimmen, gerecht zu werden sucht, diesem Votum der öffentlichen Meinung ihre An¬
erkennung nicht versagt; sie hat dem Dichter eine Professur in Wien verliehen.
Vor einigen Tagen wurde ein Erlaß des Ministeriums bekannt gemacht, in wel¬
chem die Motive für die Entlassung des Professor Hämisch in Prag ausgesprochen
waren: er ist abgesetzt worden^, nicht wegen irgend eines Disciplinarvergehens,
oder wegen Einmischung in staatsgefährliche Umtriebe, sondern einfach als An¬
hänger der Hegel'schen Philosophie. Die Hegel'sche Philosophie aber, wie das
Staatsministerium mit vielem Geist und Scharfsinn auseinandersetzt, regt mehr die
Phantasie, als den Verstand an, und in einem geordneten Staatswesen, in einer
auf klarer Verstandeseinsicht beruhenden Kirche ist die Phantasie ein unbrauchbares
Element. Es ist daher zweckmäßig von der k. k. Regierung, daß sie nicht, nur
durch die Absetzung phanrastereicher Philosophen die östreichische Logik wieder
herstellt, sondern daß sie auch dieses negative Mittel durch ein positives verstärkt,


hochdeutschen Sprache zu verwende» hat. I» diesem Wörterbuch wird er den
besten Aufschluß finden; er wird, außer der Erklärung des Wortes dnrch die
Herausgeber, bei allen irgend wichtigen Wörtern auch den Gebrauch derselben
durch die bedeutenderen Schriftsteller finden. Ja noch mehr. Die Geschichte der
einzelnen wichtigen Wörter und die Bildung ihrer Ableitungen ist in der einfachen,
bescheidenen Darstellung durch die Herausgeber so interessant und lehrreich ge¬
worden, daß bei sehr vielen Artikeln sogar die Lectüre in hohem Grade anziehend
und belehrend ist.

Und so sei das größte literarische Unternehmen der neuesten Zeit allen Ge¬
bildeten deutscher Nationen angelegentlichst empfohlen. Wenn es je ein National¬
werk gab, welches den verschiedenen deutscheu Stämme» ihren geistigen Zu¬
sammenhang und ihre brüderliche Verwandtschaft vor Angen führen kann, so ist
es dies Werk; und wenn es je eine Zeit gab, welche Ursache hat, mit Theil¬
nahme und herzlichem Interesse einem solchen Unternehmen entgegenzukommen, so
ist es unsre Zeit.




Amaranth,
von Oskar v. Redwitz. Zwölfte Auflage. Mainz, Kirchheim und Schott. 18S2.

Zwölf Auflagen in drei Jahren ist ein Erfolg, der von Seiten der Kritik seine
Berücksichtigung verdient. Wenn er auch auf das Urtheil über die Dichtung
keinen Einfluß ausüben kann, so giebt er doch Handhaben für eine nähere Kennt¬
niß des Publicniuö. Zudem hat die k. k. Regierung, die gern ans die Stimme
des Volkes lauscht, und ihr in allen Dingen, die mit der höhern Staatsraison
stimmen, gerecht zu werden sucht, diesem Votum der öffentlichen Meinung ihre An¬
erkennung nicht versagt; sie hat dem Dichter eine Professur in Wien verliehen.
Vor einigen Tagen wurde ein Erlaß des Ministeriums bekannt gemacht, in wel¬
chem die Motive für die Entlassung des Professor Hämisch in Prag ausgesprochen
waren: er ist abgesetzt worden^, nicht wegen irgend eines Disciplinarvergehens,
oder wegen Einmischung in staatsgefährliche Umtriebe, sondern einfach als An¬
hänger der Hegel'schen Philosophie. Die Hegel'sche Philosophie aber, wie das
Staatsministerium mit vielem Geist und Scharfsinn auseinandersetzt, regt mehr die
Phantasie, als den Verstand an, und in einem geordneten Staatswesen, in einer
auf klarer Verstandeseinsicht beruhenden Kirche ist die Phantasie ein unbrauchbares
Element. Es ist daher zweckmäßig von der k. k. Regierung, daß sie nicht, nur
durch die Absetzung phanrastereicher Philosophen die östreichische Logik wieder
herstellt, sondern daß sie auch dieses negative Mittel durch ein positives verstärkt,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/14>, abgerufen am 05.12.2024.