Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.Eine neue Sinfonie von Nils Gabe (or. 4, " ","r) hat einen Theil Die Nibelungen in England. Das Gedicht ist durch eine soeben erschienene Und doch ist gerade bei der Behandlung des Nibelungentextes durch Lachmann auch Verlag von F. L. Hevvig. - Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt" Druck von C. E. Elvert. Eine neue Sinfonie von Nils Gabe (or. 4, « »,»r) hat einen Theil Die Nibelungen in England. Das Gedicht ist durch eine soeben erschienene Und doch ist gerade bei der Behandlung des Nibelungentextes durch Lachmann auch Verlag von F. L. Hevvig. - Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt» Druck von C. E. Elvert. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0212" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91950"/> </div> <div n="2"> <head> Eine neue Sinfonie von Nils Gabe (or. 4, « »,»r)</head> <p xml:id="ID_638"> hat einen Theil<lb/> der Befürchtungen widerlegt, welche bei einer Charakterisirung des Componisten in diesen<lb/> Blättern ausgesprochen wurden. Sie ist ihrem Umfange nach unter seinen gleichen Werken<lb/> die kleinste, aber sie klingt frisch und fröhlich, fast in gleichem Charakter wie die Beetho-<lb/> ven'sche ö vur. Ihre Motive sind durchaus deutsch, mit Ausnahme des Scherzo, welches<lb/> sich ein wenig dem Nordischen zuneigt, und darum war es auch möglich, dem Ganzen<lb/> eine ächt deutsche Behandlungsweise zu Theil werden zu lasse». Besonders lobenswerth<lb/> erscheint, daß wir hier wirklichen, ganz ausgesprochenen Motiven begegnen, nicht den<lb/> kleinen Sätzchen, wie sie in den frühern Sinfonien so oft erschienen und von dem Com¬<lb/> ponisten unter allerlei Verwandlungen zu Tode gehetzt wurden. Die Jnstrumentation ist,<lb/> wie bei Gabe vorauszusetzen, vortrefflich, voll der manchfaltigsten und doch ausgesuchtesten<lb/> Effecte. Die Sinfonie erfreute sich lebhafter Theilnahme im Gewandhause und es ist<lb/> ihr weite Verbreitung zu wünschen. Sie ist nicht schwer auszuführen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Die Nibelungen in England.</head> <p xml:id="ID_639"> Das Gedicht ist durch eine soeben erschienene<lb/> Uebersetzung von Will. Lettsom (IKo MI ot elle Niobelungers; otkerwlse tke Look<lb/> ok KriomIM), die sich an eine unkritische Ausgabe hält, aber nach den in Blackwood<lb/> mitgetheilten Proben den Geist des Originals ziemlich getreu wiederzugeben scheint, im<lb/> Begriff, in England populär zu werden. Es ist die erste vollständige. Eine andere<lb/> Uebersetzung von Birch (Berlin 18-48), welche der Lachmann'schen Ausgabe folgt, wird<lb/> von dem Kritiker in Blackwood schlecht gemacht, der diese Gelegenheit, wie es bei den<lb/> Engländern gewöhnlich zu geschehen pflegt, nicht vorübergehen läßt, ohne auf die seit<lb/> Wolf bei den deutschen Philologen angeblich herrschende Manier, bestimmte Personen in<lb/> Collectivbegriffe aufzulösen, loszuziehen. Er fertigt Lachmann's großartige Forschungen<lb/> mit der Bemerkung ab: „Ein Engländer von gesundem Menschenverstand darf nur den<lb/> Lettsom'schen Text lesen, um über die Mühe und Angst zu erstaunen, welche sich die<lb/> deutschen Gelehrten machen, Unsinn zu beweisen. Mink est kam sbsuräum quoä non<lb/> Lorixskrit sliqujs Korinaiwrnm."</p><lb/> <p xml:id="ID_640"> Und doch ist gerade bei der Behandlung des Nibelungentextes durch Lachmann auch<lb/> für ein oberflächliches Urtheil zu begreifen, daß das schönste unserer nationalen Helden¬<lb/> gedichte nicht an einem Ort und von einem Verfasser erfunden sein kann, so groß<lb/> sind die innern Widersprüche, so zahlreich die Wiederholungen, so verschieden Stil, Ton<lb/> und Verskunst der einzelnen Abschnitte des Gedichts. — Es gehört viel englische Stör-<lb/> rigkeit dazu, die Hauptsachen in der schlagenden Beweisführung des großen deutschen<lb/> Kritikers nicht einzuräumen. Für die lateinische Philologie hat übrigens Lachmann —<lb/> hier nebenbei bemerkt — durch seine Ausgabe des Lucrez in neuester Zeit wieder etwas<lb/> Vortreffliches gethan. Die Ausgabe des römischen Dichters ist ein Werk der größten<lb/> Gelehrsamkeit und Lachmann's Untersuchungen über die Handschriften des Autors sind<lb/> eine Reihe so scharfsinniger (und richtiger) Combinationen, daß der Leser gut thut, das<lb/> Buch von Zeit zu Zeit wegzulegen und sich leise zu . schütteln, denn er ist in entschiedener<lb/> Gefahr, vor Erstaunen starr zu werden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verlag von F. L. Hevvig. - Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt»<lb/> Druck von C. E. Elvert.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0212]
Eine neue Sinfonie von Nils Gabe (or. 4, « »,»r) hat einen Theil
der Befürchtungen widerlegt, welche bei einer Charakterisirung des Componisten in diesen
Blättern ausgesprochen wurden. Sie ist ihrem Umfange nach unter seinen gleichen Werken
die kleinste, aber sie klingt frisch und fröhlich, fast in gleichem Charakter wie die Beetho-
ven'sche ö vur. Ihre Motive sind durchaus deutsch, mit Ausnahme des Scherzo, welches
sich ein wenig dem Nordischen zuneigt, und darum war es auch möglich, dem Ganzen
eine ächt deutsche Behandlungsweise zu Theil werden zu lasse». Besonders lobenswerth
erscheint, daß wir hier wirklichen, ganz ausgesprochenen Motiven begegnen, nicht den
kleinen Sätzchen, wie sie in den frühern Sinfonien so oft erschienen und von dem Com¬
ponisten unter allerlei Verwandlungen zu Tode gehetzt wurden. Die Jnstrumentation ist,
wie bei Gabe vorauszusetzen, vortrefflich, voll der manchfaltigsten und doch ausgesuchtesten
Effecte. Die Sinfonie erfreute sich lebhafter Theilnahme im Gewandhause und es ist
ihr weite Verbreitung zu wünschen. Sie ist nicht schwer auszuführen.
Die Nibelungen in England. Das Gedicht ist durch eine soeben erschienene
Uebersetzung von Will. Lettsom (IKo MI ot elle Niobelungers; otkerwlse tke Look
ok KriomIM), die sich an eine unkritische Ausgabe hält, aber nach den in Blackwood
mitgetheilten Proben den Geist des Originals ziemlich getreu wiederzugeben scheint, im
Begriff, in England populär zu werden. Es ist die erste vollständige. Eine andere
Uebersetzung von Birch (Berlin 18-48), welche der Lachmann'schen Ausgabe folgt, wird
von dem Kritiker in Blackwood schlecht gemacht, der diese Gelegenheit, wie es bei den
Engländern gewöhnlich zu geschehen pflegt, nicht vorübergehen läßt, ohne auf die seit
Wolf bei den deutschen Philologen angeblich herrschende Manier, bestimmte Personen in
Collectivbegriffe aufzulösen, loszuziehen. Er fertigt Lachmann's großartige Forschungen
mit der Bemerkung ab: „Ein Engländer von gesundem Menschenverstand darf nur den
Lettsom'schen Text lesen, um über die Mühe und Angst zu erstaunen, welche sich die
deutschen Gelehrten machen, Unsinn zu beweisen. Mink est kam sbsuräum quoä non
Lorixskrit sliqujs Korinaiwrnm."
Und doch ist gerade bei der Behandlung des Nibelungentextes durch Lachmann auch
für ein oberflächliches Urtheil zu begreifen, daß das schönste unserer nationalen Helden¬
gedichte nicht an einem Ort und von einem Verfasser erfunden sein kann, so groß
sind die innern Widersprüche, so zahlreich die Wiederholungen, so verschieden Stil, Ton
und Verskunst der einzelnen Abschnitte des Gedichts. — Es gehört viel englische Stör-
rigkeit dazu, die Hauptsachen in der schlagenden Beweisführung des großen deutschen
Kritikers nicht einzuräumen. Für die lateinische Philologie hat übrigens Lachmann —
hier nebenbei bemerkt — durch seine Ausgabe des Lucrez in neuester Zeit wieder etwas
Vortreffliches gethan. Die Ausgabe des römischen Dichters ist ein Werk der größten
Gelehrsamkeit und Lachmann's Untersuchungen über die Handschriften des Autors sind
eine Reihe so scharfsinniger (und richtiger) Combinationen, daß der Leser gut thut, das
Buch von Zeit zu Zeit wegzulegen und sich leise zu . schütteln, denn er ist in entschiedener
Gefahr, vor Erstaunen starr zu werden.
Verlag von F. L. Hevvig. - Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt»
Druck von C. E. Elvert.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |