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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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einer Blüthe seines Handels und seiner Industrie. Denkt ein die Niederländer,
an Belgien, an Frankreich, an Nordamerika. Wo die Willkür herrscht, wo die
Valuten nicht sicher find vor abenteuerlichen Operationen der'Regierung, das
Eigenthum gefährdet wird durch politische Zuckungen, und das Selbstgefühl der
Einzelnen gebrochen wird durch eiuen meinetwegen aufgeklärten Despotismus,
da vermag auch die beste Zollgesetzgebung nur Einzelne reich zu machen, nicht
aber in der Masse des Volkes Wohlstand und Gesittung zu verbreiten.

Und deshalb betonen wir, wie auch Ihr gethan habt, bei den Worten:
"Wir wünschen dereinst einen Zollallschluß an Oestreich," vor Allem das Wort,
verein se.




Wochenschau.
Der (preußische) Kriegsminister in der letzten Krisis.

Vom einem preu¬
ßischen Patrioten. Leipzig, Weidmann'sche Buchhandlung. 1851. -- Das vernichtende
Urtheil eines preußischen Militärs über die Thätigkeit des Kriegsministers in der ver-
hängnißvollen Zeit der militärischen Operationen, welche im vorigen Herbst zu erleben
unser Schicksal war. Kopflosigkeit, Lauigkeit, Mangel an Dispositionskraft werden an
den einzelnen Maaßregeln des Kriegsministeriumö bei Aufstellung des- Gröden'schen
Corps in Hessen, so wie bei Mobilisirung der gesammten Armee schlagend nachgewiesen,
und der Eindruck, deu die kleine Brochure macht, ist um so größer, da man die Trauer
eines tüchtigen Militärs und die warme Vaterlandsliebe aus jeder Seite heranserkennt.
Freilich ließ sich nichts Anderes erwarten, als daß bei einer so verhängnißvollen Be¬
handlung der Politik alle einzelnen Branche" der Administration ihren Theil von der
Konfusion abbekommen würden, welche in deu regierenden Kreisen Berlins am Ausgange
des vorigen Jahres geherrscht hat. Aber daß gerade das Kriegsministerium einen so
wesentlichen Antheil darau hatte, ist sür einen Preußen doch sehr bitter und schmerzlich.
Die in der Brochure dem Kriegsminister gemachten Vorwürfe ließen sich dnrch specielle
Beobachtungen in den einzelnen Kreisen der militärischen Thätigkeit wahrscheinlich bedeu¬
tend vermehren. Man könnte z. B. fragen, wie stand es in jener Zeit, da das Volk
täglich eine Kriegserklärung von oder an Oestreich erwarten mußte, mit der Armirung
der preußischen Festungen an der östreichischen Grenze; wie war der Vertheidungszustand
'von Reiße, von Glatz? -- Aber es nützt wenig, gegenwärtig Wunden bloßzulegen,
welche wir zu heilen nicht stark genug sind. -- Und hat unsere Opposition in Preußen
keine Kraft, diese Heilung zu versuchen? Die vorliegende Schrift ist eine offene und
wohlbegründete Anklage, sollte es keine Gelegenheit'geben, sie zur Rettung Preußens
aus gesetzlichem Wege zu benutzen?


einer Blüthe seines Handels und seiner Industrie. Denkt ein die Niederländer,
an Belgien, an Frankreich, an Nordamerika. Wo die Willkür herrscht, wo die
Valuten nicht sicher find vor abenteuerlichen Operationen der'Regierung, das
Eigenthum gefährdet wird durch politische Zuckungen, und das Selbstgefühl der
Einzelnen gebrochen wird durch eiuen meinetwegen aufgeklärten Despotismus,
da vermag auch die beste Zollgesetzgebung nur Einzelne reich zu machen, nicht
aber in der Masse des Volkes Wohlstand und Gesittung zu verbreiten.

Und deshalb betonen wir, wie auch Ihr gethan habt, bei den Worten:
„Wir wünschen dereinst einen Zollallschluß an Oestreich," vor Allem das Wort,
verein se.




Wochenschau.
Der (preußische) Kriegsminister in der letzten Krisis.

Vom einem preu¬
ßischen Patrioten. Leipzig, Weidmann'sche Buchhandlung. 1851. — Das vernichtende
Urtheil eines preußischen Militärs über die Thätigkeit des Kriegsministers in der ver-
hängnißvollen Zeit der militärischen Operationen, welche im vorigen Herbst zu erleben
unser Schicksal war. Kopflosigkeit, Lauigkeit, Mangel an Dispositionskraft werden an
den einzelnen Maaßregeln des Kriegsministeriumö bei Aufstellung des- Gröden'schen
Corps in Hessen, so wie bei Mobilisirung der gesammten Armee schlagend nachgewiesen,
und der Eindruck, deu die kleine Brochure macht, ist um so größer, da man die Trauer
eines tüchtigen Militärs und die warme Vaterlandsliebe aus jeder Seite heranserkennt.
Freilich ließ sich nichts Anderes erwarten, als daß bei einer so verhängnißvollen Be¬
handlung der Politik alle einzelnen Branche« der Administration ihren Theil von der
Konfusion abbekommen würden, welche in deu regierenden Kreisen Berlins am Ausgange
des vorigen Jahres geherrscht hat. Aber daß gerade das Kriegsministerium einen so
wesentlichen Antheil darau hatte, ist sür einen Preußen doch sehr bitter und schmerzlich.
Die in der Brochure dem Kriegsminister gemachten Vorwürfe ließen sich dnrch specielle
Beobachtungen in den einzelnen Kreisen der militärischen Thätigkeit wahrscheinlich bedeu¬
tend vermehren. Man könnte z. B. fragen, wie stand es in jener Zeit, da das Volk
täglich eine Kriegserklärung von oder an Oestreich erwarten mußte, mit der Armirung
der preußischen Festungen an der östreichischen Grenze; wie war der Vertheidungszustand
'von Reiße, von Glatz? — Aber es nützt wenig, gegenwärtig Wunden bloßzulegen,
welche wir zu heilen nicht stark genug sind. — Und hat unsere Opposition in Preußen
keine Kraft, diese Heilung zu versuchen? Die vorliegende Schrift ist eine offene und
wohlbegründete Anklage, sollte es keine Gelegenheit'geben, sie zur Rettung Preußens
aus gesetzlichem Wege zu benutzen?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/204>, abgerufen am 27.06.2024.