Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.aber nicht an die einfache und ziemlich interessante Erzählung deö Athenäus ge¬ Aber alle die angedeuteten Schwächen unsers Dichters siud nur die Fehler Ans dem Königsschloffe von Warschau. In dem alten Königöschlosse zu Warschau thront der Herr von Polen , der aber nicht an die einfache und ziemlich interessante Erzählung deö Athenäus ge¬ Aber alle die angedeuteten Schwächen unsers Dichters siud nur die Fehler Ans dem Königsschloffe von Warschau. In dem alten Königöschlosse zu Warschau thront der Herr von Polen , der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0187" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91925"/> <p xml:id="ID_537" prev="#ID_536"> aber nicht an die einfache und ziemlich interessante Erzählung deö Athenäus ge¬<lb/> halten, sondern eine Intrigue daraus gemacht, die zu verwickelt ist, um wahrhaft<lb/> spannen zu können. — Um acht Tage laug die schöne Courtisane genießen zu können,<lb/> verkauft der junge Flötenspieler Chalcidias seine Freiheit, mit der Absicht, sich nach<lb/> Ablauf derselben zu todten. Der punische Geizhals Bomilkar kauft ihn, weil er weiß,<lb/> daß Lais ein nicht unbedeutendes Interesse an ihm nimmt, und weil er hofft, von ihr<lb/> einen großen Gewinn zu ziehen. Er erzählt ihr, welches Opfer Chalcidias um ihren<lb/> Besitz gebracht hat, und veranlaßt sie, aus Dankbarkeit für seine Befreiung hun¬<lb/> dert Talente zu zahlen. Ans Dankbarkeit wird Liebe, und die Courtisane geht als<lb/> brave Frau mit dem armen Flötenspieler dnrch. — Der Anlage nach ist dieses<lb/> wohl das schwächste von Angler's Stücken, dagegen hat seine Sprache an Kraft<lb/> und Leben gewonnen. — Nur mit der Correctheit derselben ist die französische<lb/> Kritik uoch keineswegs zufrieden. Sie ist darin zum Heil der Poesie und nament¬<lb/> lich der Bühne bei Weitem strenger als unsere deutsche Kritik, die sich deu<lb/> lächerlichsten Schwulst, die unerträglichsten Trivialitäten, und eine Combination<lb/> heterogener Begriffe gefallen läßt, die ein Hohn ist gegen deu gesunden Men¬<lb/> schenverstand und das Gefühl des Schönen. — Unter Correctheit versteht die<lb/> französische Kritik ganz mit Recht jene Einheit deö Stils und des Tons, ohne<lb/> die kein Kunstwerk denkbar ist. Bei der Schule Victor Hugo's, wie bei unserer<lb/> jungdeutschen, scheint es dagegen zur wahren Poesie zu gehören, wenn man<lb/> fortwährend aus dem kühnsten Schwung metaphysischer Bilder in das Haushalt¬<lb/> geschwätz der Wäscherinnen gehetzt wird. I^e «IM e'est, I'Konilno; die Jncor-<lb/> rectheit unseres Ausdrucks liegt in der Unsicherheit unsers Denkens und in der<lb/> Haltlosigkeit unsers Charakters. —</p><lb/> <p xml:id="ID_538"> Aber alle die angedeuteten Schwächen unsers Dichters siud nur die Fehler<lb/> eines großen Talents von ernsten Streben, uur uoch ohne die volle Reife der<lb/> künstlerische!! Bildung und die Tiefe eines über die Oberfläche hinausgehenden<lb/> Studiums der menschlichen Natur. In diesem Sinne wollten wir das deutsche<lb/> Publicum aus ihn aufmerksam machen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ans dem Königsschloffe von Warschau.</head><lb/> <p xml:id="ID_539" next="#ID_540"> In dem alten Königöschlosse zu Warschau thront der Herr von Polen , der<lb/> erste Diener seines Kaisers, der Fürst Paskiewicz, Gras von Warschau, Eriwan :c.,<lb/> Statthalter des Königreichs, Generalfeldmarschall ?c. Das Haus, in welchem er<lb/> wohnt, hat seine historischen Merkwürdigkeiten, die zahlreichen Erinnerungen an<lb/> die polnischen Regenten verloren; was des Forttragens werth war, wurde nach</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0187]
aber nicht an die einfache und ziemlich interessante Erzählung deö Athenäus ge¬
halten, sondern eine Intrigue daraus gemacht, die zu verwickelt ist, um wahrhaft
spannen zu können. — Um acht Tage laug die schöne Courtisane genießen zu können,
verkauft der junge Flötenspieler Chalcidias seine Freiheit, mit der Absicht, sich nach
Ablauf derselben zu todten. Der punische Geizhals Bomilkar kauft ihn, weil er weiß,
daß Lais ein nicht unbedeutendes Interesse an ihm nimmt, und weil er hofft, von ihr
einen großen Gewinn zu ziehen. Er erzählt ihr, welches Opfer Chalcidias um ihren
Besitz gebracht hat, und veranlaßt sie, aus Dankbarkeit für seine Befreiung hun¬
dert Talente zu zahlen. Ans Dankbarkeit wird Liebe, und die Courtisane geht als
brave Frau mit dem armen Flötenspieler dnrch. — Der Anlage nach ist dieses
wohl das schwächste von Angler's Stücken, dagegen hat seine Sprache an Kraft
und Leben gewonnen. — Nur mit der Correctheit derselben ist die französische
Kritik uoch keineswegs zufrieden. Sie ist darin zum Heil der Poesie und nament¬
lich der Bühne bei Weitem strenger als unsere deutsche Kritik, die sich deu
lächerlichsten Schwulst, die unerträglichsten Trivialitäten, und eine Combination
heterogener Begriffe gefallen läßt, die ein Hohn ist gegen deu gesunden Men¬
schenverstand und das Gefühl des Schönen. — Unter Correctheit versteht die
französische Kritik ganz mit Recht jene Einheit deö Stils und des Tons, ohne
die kein Kunstwerk denkbar ist. Bei der Schule Victor Hugo's, wie bei unserer
jungdeutschen, scheint es dagegen zur wahren Poesie zu gehören, wenn man
fortwährend aus dem kühnsten Schwung metaphysischer Bilder in das Haushalt¬
geschwätz der Wäscherinnen gehetzt wird. I^e «IM e'est, I'Konilno; die Jncor-
rectheit unseres Ausdrucks liegt in der Unsicherheit unsers Denkens und in der
Haltlosigkeit unsers Charakters. —
Aber alle die angedeuteten Schwächen unsers Dichters siud nur die Fehler
eines großen Talents von ernsten Streben, uur uoch ohne die volle Reife der
künstlerische!! Bildung und die Tiefe eines über die Oberfläche hinausgehenden
Studiums der menschlichen Natur. In diesem Sinne wollten wir das deutsche
Publicum aus ihn aufmerksam machen.
Ans dem Königsschloffe von Warschau.
In dem alten Königöschlosse zu Warschau thront der Herr von Polen , der
erste Diener seines Kaisers, der Fürst Paskiewicz, Gras von Warschau, Eriwan :c.,
Statthalter des Königreichs, Generalfeldmarschall ?c. Das Haus, in welchem er
wohnt, hat seine historischen Merkwürdigkeiten, die zahlreichen Erinnerungen an
die polnischen Regenten verloren; was des Forttragens werth war, wurde nach
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