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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Luxus und Schönheit des modernen Lebens/)
Der Tabak und die Cigarren der Havanna!).

Alle großen Männer haben viele Feinde gehabt, alle großen Erfindungen
des Menschengeschlechts, Schießpulver, Buchdruckerkunst, Eisenbahnen sind eben
oft verflucht als gesegnet worden. Das ist natürlich, denn große Männer,
Kanonen, Buchdruckerschwärze und Wasserdampf haben von je die Ruhe der
Menschheit gestört, das Oberste zu Anderst gekehrt und eine große Anzahl von
gutmüthigen Erdgeborenen gestoßen, gedrückt und ans andere Weise schlecht
behandelt. Der Tabak aber erschien ans der Erde nicht wie jene im kriegerischen Har-
"'sah, sondern als ein milder, calmirender, schmerzstillender Freund, welcher geräusch-
in die Tiefen des menschlichen Gemüthes hineinzog, und von da ans in blauen
^ingelwolken wieder über die Erde wogte, dieselbe verschönernd und verklärend,
^cum eine solche wohlthätige Erscheinung dennoch von übler Nachrede und dem
Böswilliger verfolgt wird, so erhält dies in dem weisen Beobachter die
schmerzliche Ueberzeugung, daß das Gute und Schöne ans dieser Erde nie zu
unbestrittener Anerkennung gelangt. Wer die Cigarren haßt, für Den schreiben
nicht, er mag ein redlicher, erträglicher Mitmensch sein, aber er hat die ver¬
kehrte Weltanschauung; wem es gleichgiltig ist, ob seine Brüder gute oder schlechte
^garren rauchen, für Den schreiben wir auch nicht, er mag klug sein, aber in
seinem Herzen glimmt nicht die Kohle der Gemüthlichkeit. Nur für Solche find
le folgenden Zeilen berechnet, welche wissen, daß die Wvltenringe, womit die
Geister der Tabaksstande uns umziehen, eine lustige Kette bilden, durch welche
er Sterbliche mit allen schonen Gestalten der Traumwelt in Rapport gesetzt wird.

Seit der Tabak in der Geschichte aufgetreten ist, hat er auf deu Deutschen
'° große Wirkungen ausgeübt, daß mau die letzten Perioden unsrer Entwickelung



>nid s- diesem Titel wollen d. G. eine Neiho Artikel bringen, in denen der Genuß, Luxus
Kult "'^^ '"^ ^" schönen Künsten in gewisser Verbindung stehen, oder für die
WN'erlMtnisse unsrer Zeit bezeichnend sind, charattcnsirr werde"..
Grenzboten. IV. -I8öl. ' 11
Luxus und Schönheit des modernen Lebens/)
Der Tabak und die Cigarren der Havanna!).

Alle großen Männer haben viele Feinde gehabt, alle großen Erfindungen
des Menschengeschlechts, Schießpulver, Buchdruckerkunst, Eisenbahnen sind eben
oft verflucht als gesegnet worden. Das ist natürlich, denn große Männer,
Kanonen, Buchdruckerschwärze und Wasserdampf haben von je die Ruhe der
Menschheit gestört, das Oberste zu Anderst gekehrt und eine große Anzahl von
gutmüthigen Erdgeborenen gestoßen, gedrückt und ans andere Weise schlecht
behandelt. Der Tabak aber erschien ans der Erde nicht wie jene im kriegerischen Har-
"'sah, sondern als ein milder, calmirender, schmerzstillender Freund, welcher geräusch-
in die Tiefen des menschlichen Gemüthes hineinzog, und von da ans in blauen
^ingelwolken wieder über die Erde wogte, dieselbe verschönernd und verklärend,
^cum eine solche wohlthätige Erscheinung dennoch von übler Nachrede und dem
Böswilliger verfolgt wird, so erhält dies in dem weisen Beobachter die
schmerzliche Ueberzeugung, daß das Gute und Schöne ans dieser Erde nie zu
unbestrittener Anerkennung gelangt. Wer die Cigarren haßt, für Den schreiben
nicht, er mag ein redlicher, erträglicher Mitmensch sein, aber er hat die ver¬
kehrte Weltanschauung; wem es gleichgiltig ist, ob seine Brüder gute oder schlechte
^garren rauchen, für Den schreiben wir auch nicht, er mag klug sein, aber in
seinem Herzen glimmt nicht die Kohle der Gemüthlichkeit. Nur für Solche find
le folgenden Zeilen berechnet, welche wissen, daß die Wvltenringe, womit die
Geister der Tabaksstande uns umziehen, eine lustige Kette bilden, durch welche
er Sterbliche mit allen schonen Gestalten der Traumwelt in Rapport gesetzt wird.

Seit der Tabak in der Geschichte aufgetreten ist, hat er auf deu Deutschen
'° große Wirkungen ausgeübt, daß mau die letzten Perioden unsrer Entwickelung



>nid s- diesem Titel wollen d. G. eine Neiho Artikel bringen, in denen der Genuß, Luxus
Kult "'^^ '"^ ^" schönen Künsten in gewisser Verbindung stehen, oder für die
WN'erlMtnisse unsrer Zeit bezeichnend sind, charattcnsirr werde»..
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[0085] Luxus und Schönheit des modernen Lebens/) Der Tabak und die Cigarren der Havanna!). Alle großen Männer haben viele Feinde gehabt, alle großen Erfindungen des Menschengeschlechts, Schießpulver, Buchdruckerkunst, Eisenbahnen sind eben oft verflucht als gesegnet worden. Das ist natürlich, denn große Männer, Kanonen, Buchdruckerschwärze und Wasserdampf haben von je die Ruhe der Menschheit gestört, das Oberste zu Anderst gekehrt und eine große Anzahl von gutmüthigen Erdgeborenen gestoßen, gedrückt und ans andere Weise schlecht behandelt. Der Tabak aber erschien ans der Erde nicht wie jene im kriegerischen Har- "'sah, sondern als ein milder, calmirender, schmerzstillender Freund, welcher geräusch- in die Tiefen des menschlichen Gemüthes hineinzog, und von da ans in blauen ^ingelwolken wieder über die Erde wogte, dieselbe verschönernd und verklärend, ^cum eine solche wohlthätige Erscheinung dennoch von übler Nachrede und dem Böswilliger verfolgt wird, so erhält dies in dem weisen Beobachter die schmerzliche Ueberzeugung, daß das Gute und Schöne ans dieser Erde nie zu unbestrittener Anerkennung gelangt. Wer die Cigarren haßt, für Den schreiben nicht, er mag ein redlicher, erträglicher Mitmensch sein, aber er hat die ver¬ kehrte Weltanschauung; wem es gleichgiltig ist, ob seine Brüder gute oder schlechte ^garren rauchen, für Den schreiben wir auch nicht, er mag klug sein, aber in seinem Herzen glimmt nicht die Kohle der Gemüthlichkeit. Nur für Solche find le folgenden Zeilen berechnet, welche wissen, daß die Wvltenringe, womit die Geister der Tabaksstande uns umziehen, eine lustige Kette bilden, durch welche er Sterbliche mit allen schonen Gestalten der Traumwelt in Rapport gesetzt wird. Seit der Tabak in der Geschichte aufgetreten ist, hat er auf deu Deutschen '° große Wirkungen ausgeübt, daß mau die letzten Perioden unsrer Entwickelung >nid s- diesem Titel wollen d. G. eine Neiho Artikel bringen, in denen der Genuß, Luxus Kult "'^^ '"^ ^" schönen Künsten in gewisser Verbindung stehen, oder für die WN'erlMtnisse unsrer Zeit bezeichnend sind, charattcnsirr werde».. Grenzboten. IV. -I8öl. ' 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/85>, abgerufen am 23.07.2024.