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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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sei, daß Personen "vom höchsten Range" zu gemeinnützigen Unternehmungen den
Grundstein legen und demselben dadurch die nöthige Weihe geben: nur dazu sei
der Wladyka von Sarajewo gerufen worden, nicht aber, um als gewöhnlicher Ar¬
beiter sich zu ermüden. Diese absonderliche Ansicht von der hohen Wurde eines
Griechisch-slawischen Bischofs ist eben so überraschend, als die Bereitwilligkeit,
mit welcher der Seraskier einer journalistischen Jnterpellation Rede steht. Dadurch
werden die Angelegenheiten der Raja gewissermassen zu einer internationalen
Angelegenheit gemacht, und der slawischen Presse das Recht der Intervention
in Sachen der Raja zugestände". Interessant ist dieser Zwischenfall auch dadurch,
daß die Oestrcichische Regierung, welche doch stets die sonverainste Verachtung
der Presse affectirt, beinahe gleichzeitig (durch das Patent vom 4. Juli)
die Presse als eine Macht anerkennt, "welcher ans die Dauer keiner Regierung
zu widerstehen vermag." Und doch giebt es Leute, die am Fortschreiten der
Menschheit zweifeln!




Hans Jörgel senior in London
In Briefen an seinen Freund Kappelbaumer in Wien.

Nit wahr, mein bester Herr v. Kappelbaumer, dös Haltens Ihnen nimmer
träumen lassen, daß der Jörgel ans seine alten Tag so'n Esel sein und von Wien
fortgehen wird, wann's grad im Prater am Allerschönsten wird. Und wo meinens
geht der Jörgel hin? Nach -- London, denkens Ihnen mir, nach dem gefähr¬
lichen -- London, wos die Konstitution und den Parclay Perkins erfunden haben;
wo sich die allerhöchsten Mylords und Myladics den gauzen Tag in Oel") be¬
rufen, und in denen benebelten Gassen so fürchterlich boxen; und wos liebe lange
Jahr kein Füukerl Sonn uit giebt, wegen die vielen politischen Hallunken, die
nit werth sein, daß sie sie bescheinen thut; aber der Seeräuber, der Erz-Palmer-
ston, laßt sie halt frei rumlaufen, aus puren Gift gegens allerhöchste Kaiserhaus.
Schaums, der Jörgel hat sich denkt: umsonst its gwiß nit, daß die Scribenteu-
bagage die Köpf' voll hat von den Heideupark^) in London und derer Aus-
stellungskvmödie; mußt doch schaun, was da wieder vor Spijzbnbereien thinker
stecken, 's gibt wol so ein kleins Berbrüdernngs- und Nefolnzivnsgschäftl;
da muß man die Herren Engelländer mit die armen verführten Völker nit allein
lassen. Na, na, der Jörgel it ah dabei!




") Ale.
Hyde Part.
33*

sei, daß Personen „vom höchsten Range" zu gemeinnützigen Unternehmungen den
Grundstein legen und demselben dadurch die nöthige Weihe geben: nur dazu sei
der Wladyka von Sarajewo gerufen worden, nicht aber, um als gewöhnlicher Ar¬
beiter sich zu ermüden. Diese absonderliche Ansicht von der hohen Wurde eines
Griechisch-slawischen Bischofs ist eben so überraschend, als die Bereitwilligkeit,
mit welcher der Seraskier einer journalistischen Jnterpellation Rede steht. Dadurch
werden die Angelegenheiten der Raja gewissermassen zu einer internationalen
Angelegenheit gemacht, und der slawischen Presse das Recht der Intervention
in Sachen der Raja zugestände». Interessant ist dieser Zwischenfall auch dadurch,
daß die Oestrcichische Regierung, welche doch stets die sonverainste Verachtung
der Presse affectirt, beinahe gleichzeitig (durch das Patent vom 4. Juli)
die Presse als eine Macht anerkennt, „welcher ans die Dauer keiner Regierung
zu widerstehen vermag." Und doch giebt es Leute, die am Fortschreiten der
Menschheit zweifeln!




Hans Jörgel senior in London
In Briefen an seinen Freund Kappelbaumer in Wien.

Nit wahr, mein bester Herr v. Kappelbaumer, dös Haltens Ihnen nimmer
träumen lassen, daß der Jörgel ans seine alten Tag so'n Esel sein und von Wien
fortgehen wird, wann's grad im Prater am Allerschönsten wird. Und wo meinens
geht der Jörgel hin? Nach — London, denkens Ihnen mir, nach dem gefähr¬
lichen — London, wos die Konstitution und den Parclay Perkins erfunden haben;
wo sich die allerhöchsten Mylords und Myladics den gauzen Tag in Oel") be¬
rufen, und in denen benebelten Gassen so fürchterlich boxen; und wos liebe lange
Jahr kein Füukerl Sonn uit giebt, wegen die vielen politischen Hallunken, die
nit werth sein, daß sie sie bescheinen thut; aber der Seeräuber, der Erz-Palmer-
ston, laßt sie halt frei rumlaufen, aus puren Gift gegens allerhöchste Kaiserhaus.
Schaums, der Jörgel hat sich denkt: umsonst its gwiß nit, daß die Scribenteu-
bagage die Köpf' voll hat von den Heideupark^) in London und derer Aus-
stellungskvmödie; mußt doch schaun, was da wieder vor Spijzbnbereien thinker
stecken, 's gibt wol so ein kleins Berbrüdernngs- und Nefolnzivnsgschäftl;
da muß man die Herren Engelländer mit die armen verführten Völker nit allein
lassen. Na, na, der Jörgel it ah dabei!




") Ale.
Hyde Part.
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[0267] sei, daß Personen „vom höchsten Range" zu gemeinnützigen Unternehmungen den Grundstein legen und demselben dadurch die nöthige Weihe geben: nur dazu sei der Wladyka von Sarajewo gerufen worden, nicht aber, um als gewöhnlicher Ar¬ beiter sich zu ermüden. Diese absonderliche Ansicht von der hohen Wurde eines Griechisch-slawischen Bischofs ist eben so überraschend, als die Bereitwilligkeit, mit welcher der Seraskier einer journalistischen Jnterpellation Rede steht. Dadurch werden die Angelegenheiten der Raja gewissermassen zu einer internationalen Angelegenheit gemacht, und der slawischen Presse das Recht der Intervention in Sachen der Raja zugestände». Interessant ist dieser Zwischenfall auch dadurch, daß die Oestrcichische Regierung, welche doch stets die sonverainste Verachtung der Presse affectirt, beinahe gleichzeitig (durch das Patent vom 4. Juli) die Presse als eine Macht anerkennt, „welcher ans die Dauer keiner Regierung zu widerstehen vermag." Und doch giebt es Leute, die am Fortschreiten der Menschheit zweifeln! Hans Jörgel senior in London In Briefen an seinen Freund Kappelbaumer in Wien. Nit wahr, mein bester Herr v. Kappelbaumer, dös Haltens Ihnen nimmer träumen lassen, daß der Jörgel ans seine alten Tag so'n Esel sein und von Wien fortgehen wird, wann's grad im Prater am Allerschönsten wird. Und wo meinens geht der Jörgel hin? Nach — London, denkens Ihnen mir, nach dem gefähr¬ lichen — London, wos die Konstitution und den Parclay Perkins erfunden haben; wo sich die allerhöchsten Mylords und Myladics den gauzen Tag in Oel") be¬ rufen, und in denen benebelten Gassen so fürchterlich boxen; und wos liebe lange Jahr kein Füukerl Sonn uit giebt, wegen die vielen politischen Hallunken, die nit werth sein, daß sie sie bescheinen thut; aber der Seeräuber, der Erz-Palmer- ston, laßt sie halt frei rumlaufen, aus puren Gift gegens allerhöchste Kaiserhaus. Schaums, der Jörgel hat sich denkt: umsonst its gwiß nit, daß die Scribenteu- bagage die Köpf' voll hat von den Heideupark^) in London und derer Aus- stellungskvmödie; mußt doch schaun, was da wieder vor Spijzbnbereien thinker stecken, 's gibt wol so ein kleins Berbrüdernngs- und Nefolnzivnsgschäftl; da muß man die Herren Engelländer mit die armen verführten Völker nit allein lassen. Na, na, der Jörgel it ah dabei! ") Ale. Hyde Part. 33*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/267>, abgerufen am 27.06.2024.