Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.von den Nebeln des Zweifels umhüllt und erkältet, große Aussichten "ach allen Der Notenwechsel zwischen bestreich und Preußen. Wenn man die neueste Thätigkeit unserer Diplomatie nach ihrem stilistischen Dem Anschein nach ist Oestreich der positiv thätige Theil. ES beruft den von den Nebeln des Zweifels umhüllt und erkältet, große Aussichten »ach allen Der Notenwechsel zwischen bestreich und Preußen. Wenn man die neueste Thätigkeit unserer Diplomatie nach ihrem stilistischen Dem Anschein nach ist Oestreich der positiv thätige Theil. ES beruft den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0438" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86021"/> <p xml:id="ID_1499" prev="#ID_1498"> von den Nebeln des Zweifels umhüllt und erkältet, große Aussichten »ach allen<lb/> Seiten ohne sichere Perspective — diese Welt der Romantik ist die verkehrte,<lb/> und die Kunst, die sie schafft, eine Kupplerin für das Reich des Bösen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Der Notenwechsel zwischen bestreich und Preußen.</head><lb/> <p xml:id="ID_1500"> Wenn man die neueste Thätigkeit unserer Diplomatie nach ihrem stilistischen<lb/> Werth l'cnrtheilt, so kann man ihr seinen Beifall nicht versagen. Fortdauernde<lb/> Uebung erzieht. Die beiden letzten Noten Oestrichs über die Frage vom Bnndcs-<lb/> eigcnthnm und die Mainzer Affaire waren, von ihrem Standpunkt ans, sehr gut<lb/> geschrieben und voll allerliebster Malice. In der letzten vom 25. August ist ihm<lb/> das Berliner Cabinet nichts schuldig geblieben. Bon beiden Seiten kann die<lb/> wissenschaftliche Untersuchung über die Frage, ob man zum Bundestag zurückkehren<lb/> solle oder nicht, nicht füglich weiter getrieben werden; die Gründe sind erschöpft<lb/> und, so zu sagen, auch die Lungen. Neue Variationen über dasselbe Thema wür¬<lb/> den kein Publicum mehr finden. Um so überflüssiger ist es, noch einmal darauf<lb/> zurückzukommen, da es doch ans beiden Seiten nicht Ernst ist mit den RechtS-<lb/> dednctioncn. Bon beiden Seiten wird man das für Recht erkennen, was Vor-<lb/> theil bringt. Biel wichtiger, aber freilich auch viel schwerer ist eS, ans diesen<lb/> künstlichen Wortgefechten herauszulesen, was man eigentlich, nicht zu beweisen,<lb/> sondern zu thun im Sinne hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1501" next="#ID_1502"> Dem Anschein nach ist Oestreich der positiv thätige Theil. ES beruft den<lb/> Bundestag, stellt denselben als Träger der Rechte des alten Bundestags dar und<lb/> bedroht die Renitenten mit den rechtlichen Folgen ihres Ausbleibens. Es fragt<lb/> sich, was es sich darunter vorstellt. Eine Exemtion gegen Preußen selbst ist wohl<lb/> Niemand eingefallen; wohl aber könnte man an ein vorläufiges Ausschließen<lb/> Preußens vom Buudcöcigeuthum und an eine Intervention gegen die Ausführung<lb/> der badischen Militärconvention denken. Aber anch diese Annahme ist sehr un¬<lb/> wahrscheinlich. In beiden Fragen ist eine vorläufige Ausgleichung in Aussicht<lb/> gestellt: in der erstem durch eine neue provisorische Buudescommission, in der<lb/> zweiten durch ein Schiedsgericht, das nie zu Stande kommen kann, weil die Ver¬<lb/> treter der beiden, direct entgegenstehenden Interessen innerhalb der deutschen<lb/> Fürsten keinen finden werden, dem man als einem llnbetheiligten die Vermittlung<lb/> antragen könnte, und weil man sich doch besinnen wird, eine fremde Macht zum<lb/> Richter in deutschen Sachen aufzurufen. So lauge das Schiedsgericht nicht zu<lb/> Stande kommt, bleibt also die Sache in suspenso. Womit Oesterreich mittlerweile<lb/> seinen Bundestag beschäftigen will, ist nicht abzusehen. An eine Revision der Bundes¬<lb/> verfassung, die eigentliche Aufgabe seiner Einberufung, wenn man seinen Urhebern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0438]
von den Nebeln des Zweifels umhüllt und erkältet, große Aussichten »ach allen
Seiten ohne sichere Perspective — diese Welt der Romantik ist die verkehrte,
und die Kunst, die sie schafft, eine Kupplerin für das Reich des Bösen.
Der Notenwechsel zwischen bestreich und Preußen.
Wenn man die neueste Thätigkeit unserer Diplomatie nach ihrem stilistischen
Werth l'cnrtheilt, so kann man ihr seinen Beifall nicht versagen. Fortdauernde
Uebung erzieht. Die beiden letzten Noten Oestrichs über die Frage vom Bnndcs-
eigcnthnm und die Mainzer Affaire waren, von ihrem Standpunkt ans, sehr gut
geschrieben und voll allerliebster Malice. In der letzten vom 25. August ist ihm
das Berliner Cabinet nichts schuldig geblieben. Bon beiden Seiten kann die
wissenschaftliche Untersuchung über die Frage, ob man zum Bundestag zurückkehren
solle oder nicht, nicht füglich weiter getrieben werden; die Gründe sind erschöpft
und, so zu sagen, auch die Lungen. Neue Variationen über dasselbe Thema wür¬
den kein Publicum mehr finden. Um so überflüssiger ist es, noch einmal darauf
zurückzukommen, da es doch ans beiden Seiten nicht Ernst ist mit den RechtS-
dednctioncn. Bon beiden Seiten wird man das für Recht erkennen, was Vor-
theil bringt. Biel wichtiger, aber freilich auch viel schwerer ist eS, ans diesen
künstlichen Wortgefechten herauszulesen, was man eigentlich, nicht zu beweisen,
sondern zu thun im Sinne hat.
Dem Anschein nach ist Oestreich der positiv thätige Theil. ES beruft den
Bundestag, stellt denselben als Träger der Rechte des alten Bundestags dar und
bedroht die Renitenten mit den rechtlichen Folgen ihres Ausbleibens. Es fragt
sich, was es sich darunter vorstellt. Eine Exemtion gegen Preußen selbst ist wohl
Niemand eingefallen; wohl aber könnte man an ein vorläufiges Ausschließen
Preußens vom Buudcöcigeuthum und an eine Intervention gegen die Ausführung
der badischen Militärconvention denken. Aber anch diese Annahme ist sehr un¬
wahrscheinlich. In beiden Fragen ist eine vorläufige Ausgleichung in Aussicht
gestellt: in der erstem durch eine neue provisorische Buudescommission, in der
zweiten durch ein Schiedsgericht, das nie zu Stande kommen kann, weil die Ver¬
treter der beiden, direct entgegenstehenden Interessen innerhalb der deutschen
Fürsten keinen finden werden, dem man als einem llnbetheiligten die Vermittlung
antragen könnte, und weil man sich doch besinnen wird, eine fremde Macht zum
Richter in deutschen Sachen aufzurufen. So lauge das Schiedsgericht nicht zu
Stande kommt, bleibt also die Sache in suspenso. Womit Oesterreich mittlerweile
seinen Bundestag beschäftigen will, ist nicht abzusehen. An eine Revision der Bundes¬
verfassung, die eigentliche Aufgabe seiner Einberufung, wenn man seinen Urhebern
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