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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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schildert, ohne Vermittelung der Sinne den vollständigsten Gebrauch ihres Geistes
empfangen hat.

General-Lieutenant Fczcnsac hat als Beitrag zur Napoleonischen Kriegsgeschichte
ein Journal de la Campagne er Russie de 1812 herausgegeben, welcher Lügnr's Dar¬
stellung in vielen Punkten ergänzt und berichtigt.

Von einem amerikanischen Reisenden, G. L. Ditson, ist erschienen: ciioassis
or a luur to Alp LauogLus, das nach den mitgetheilten Auszügen sich durch eine sehr le¬
bendige Schilderung auszeichnet.

Als ein interessanter Beitrag zur Kulturgeschichte Londons hat C. Walcott,
Pfarrer von Ce. Margaret, veröffentlicht: Nvinoii-us ol' Urv Lik^, Ki. I'visi's L0lie>>v,
tlrv t^iirisli Llrurolrvs, ? ni-ievs, Llrotils ->na VVorlliies.

Eine Biographie Torquato Tasso's, von R. Wilman, wirst durch fleißige Be¬
nutzung von Documenten, die bisher zum Theil unbekannt waren, auf die eigenthüm¬
lichen Zustände des Hofes von Ferrara ein neues Licht.




Ein Lied von Puschkin.

Das 19. Heft der Grenzboten brachte Puschkin's berüchtigte Ode an die Freiheit.
Wir theilen heute el" anderes Gedicht desselben Dichters mit, welches in Rußland eine
ebenso große Bedeutung erlangt hat, wie die Marseillaise in Frankreich. Fast jeder
Russe weiß es auswendig; bei jeder Gelegenheit, wo es sich um eine Demonstration
des rechtgläubigen Zaren gegen das ketzerische Ausland handelt, macht das Gedicht
die Runde dnrch die russischen Z nungen. In der hier folgende" Uebersetzung sind
Versmaß und Wortstellung deS Originals mit möglichster Treue wieder gegeben.


Was lärmt Ihr Volksredner, in schwindelnder Bethörung?
Was flucht und drohet Ihr dem heil'gar N"sse"laut!
Was hat Euch so erregi -- des Poleulandö Empörung?
Schweigt! diese Frage löst nicht Euer Unverstand!
Es ist ein alter Hader im slavischen Geschlecht,
Und keines Fremden Blick entscheidet hier das Recht.
Uralt und vielfach sind die Leiden
Die dieser blut'ge Zwist erzeugt --
Scheu oft ward ein Volt von den Beiden
Durch des Gewitters Sturm gebeugt.
Wer wird im ungleichen Kampfe als Sieger erscheinen:
Neigt sich dem treulosen Polen -- dem biedern Russen die Wage?
Werden die slavische" Ströme in, russische" Meere sich eine"?
Wird es austrockne"? DaS ist die gewichtige Frage!
O, laßt uns! -- Ihr habt nicht gelesen
-All' jene Tafeln, blntgcschricben;
Der Streit, der zwischen uns gewesen,
Ist Euch von jeher fremd geblieben;
Für Euch sind Krcmlin, Praga, stumm,
Nach neuem Kampf seht Ihr Euch um,
Tollkühnes Wagen ist Euch Lust,
H"ß Ü>'ö"l u"s füllt Eure Brust. . .
Warum? antwortet: weil vielleicht
Wir uns im Flammenmeer, das MoSgua'S Stadt erschüttert,
Dem freche" Wille" nicht gebeugt,
Deß, unter dem Ihr einst gefeiert?

schildert, ohne Vermittelung der Sinne den vollständigsten Gebrauch ihres Geistes
empfangen hat.

General-Lieutenant Fczcnsac hat als Beitrag zur Napoleonischen Kriegsgeschichte
ein Journal de la Campagne er Russie de 1812 herausgegeben, welcher Lügnr's Dar¬
stellung in vielen Punkten ergänzt und berichtigt.

Von einem amerikanischen Reisenden, G. L. Ditson, ist erschienen: ciioassis
or a luur to Alp LauogLus, das nach den mitgetheilten Auszügen sich durch eine sehr le¬
bendige Schilderung auszeichnet.

Als ein interessanter Beitrag zur Kulturgeschichte Londons hat C. Walcott,
Pfarrer von Ce. Margaret, veröffentlicht: Nvinoii-us ol' Urv Lik^, Ki. I'visi's L0lie>>v,
tlrv t^iirisli Llrurolrvs, ? ni-ievs, Llrotils ->na VVorlliies.

Eine Biographie Torquato Tasso's, von R. Wilman, wirst durch fleißige Be¬
nutzung von Documenten, die bisher zum Theil unbekannt waren, auf die eigenthüm¬
lichen Zustände des Hofes von Ferrara ein neues Licht.




Ein Lied von Puschkin.

Das 19. Heft der Grenzboten brachte Puschkin's berüchtigte Ode an die Freiheit.
Wir theilen heute el» anderes Gedicht desselben Dichters mit, welches in Rußland eine
ebenso große Bedeutung erlangt hat, wie die Marseillaise in Frankreich. Fast jeder
Russe weiß es auswendig; bei jeder Gelegenheit, wo es sich um eine Demonstration
des rechtgläubigen Zaren gegen das ketzerische Ausland handelt, macht das Gedicht
die Runde dnrch die russischen Z nungen. In der hier folgende» Uebersetzung sind
Versmaß und Wortstellung deS Originals mit möglichster Treue wieder gegeben.


Was lärmt Ihr Volksredner, in schwindelnder Bethörung?
Was flucht und drohet Ihr dem heil'gar N»sse»laut!
Was hat Euch so erregi — des Poleulandö Empörung?
Schweigt! diese Frage löst nicht Euer Unverstand!
Es ist ein alter Hader im slavischen Geschlecht,
Und keines Fremden Blick entscheidet hier das Recht.
Uralt und vielfach sind die Leiden
Die dieser blut'ge Zwist erzeugt —
Scheu oft ward ein Volt von den Beiden
Durch des Gewitters Sturm gebeugt.
Wer wird im ungleichen Kampfe als Sieger erscheinen:
Neigt sich dem treulosen Polen — dem biedern Russen die Wage?
Werden die slavische» Ströme in, russische» Meere sich eine»?
Wird es austrockne»? DaS ist die gewichtige Frage!
O, laßt uns! — Ihr habt nicht gelesen
-All' jene Tafeln, blntgcschricben;
Der Streit, der zwischen uns gewesen,
Ist Euch von jeher fremd geblieben;
Für Euch sind Krcmlin, Praga, stumm,
Nach neuem Kampf seht Ihr Euch um,
Tollkühnes Wagen ist Euch Lust,
H"ß Ü>'ö"l u»s füllt Eure Brust. . .
Warum? antwortet: weil vielleicht
Wir uns im Flammenmeer, das MoSgua'S Stadt erschüttert,
Dem freche» Wille» nicht gebeugt,
Deß, unter dem Ihr einst gefeiert?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/407>, abgerufen am 22.07.2024.