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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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Der Hast gegen polnische Jagdgewehre.



Auch der Teufel hat seinen Humor; und auch die Herrschaft Rußlands in den
westslavischen Ländern hat Seiten, welche mit einer gewissen Laune betrachtet
sein wollen.

Der polnische Waidmann unterscheidet sich jetzt wesentlich von dem aller übri¬
gen Länder; außer den Jagdgeschichten hat er bei der Tafel unter guten Freunden
auch noch "Gewehrgeschichten" zu erzähle", in denen er nicht als Jäger, sondern
als Gejagter erscheint; denn eine polnische Jagd besteht sehr häufig ans drei
Parteien, dem Wild, dem Polen und dem Russen; dem Polen, welcher den
Wolf jagt, und dem Russen, welcher die Jagdflinte des Polen jagt.

Bekanntlich besteht im Königreich Polen ein sehr strenges Gewehrverbvt. Es
beschränkt sich aber nicht aus die gewöhnlichen Kriegswaffen, sogar für ökonomische,
Handwerker- und hauswirthschaftliche Geräthe stellt es Form und Gewicht fest.
So sind zunächst Diejenigen mit Todesstrafe oder ewiger Verbannung bedroht, in
deren Besitze "eine Kanone, auch uur Kanonenrohr, ein Bvmbeiikessel, eine Hau¬
bitze oder ein Mörser" gefunden wird. Die Inhaber von Lafetten und ähnlichen
Gestellen, welche im Gründe doch gar nicht als Waffen betrachtet werden können,
werden mit einer nicht viel geringeren Strafe belegt. Eben so sehr verpönt sind
natürlich Feuergewehre, besouders Flinten und Büchsen. Wer nach Publikation
des Gesetzes seine Gewehre nicht bis zu dem festgesetzten Termine ausgeliefert
hatte, sollte Verbannnngsstrafe von zehn Jahren bis zu Lebenszeit erhalten. Der¬
selbe Fluch trifft auch die Seitengewehre, besonders die sehr gekrümmten Säbel,
die Waffe des altpolnischen Adels. Allein die Verordnung geht weiter, sie be¬
droht auch Mist- und Heugabeln, eiserne Ofenkrücken, Ofengabeln, Bratspieße,
Messer und Gott weiß was für Dinge, von denen theils gefordert wird, daß sie
nicht aus Eisen, Stahl oder anderm harten Metall, sondern aus Holz n. s. w.
gefertigt seien, theils, daß sie eine bestimmte Länge nicht überschritten; das Maxi-
wum für Messer ist 16 Zoll.

Dieses große Waffeuverbot ist mehrere Male durch Kosaken und Gensdarmen,
welche wie Bänkelsänger umherzogen -- die Masse des Volks versteht nämlich


Grenzvoten. IV. 1849. 4"
Der Hast gegen polnische Jagdgewehre.



Auch der Teufel hat seinen Humor; und auch die Herrschaft Rußlands in den
westslavischen Ländern hat Seiten, welche mit einer gewissen Laune betrachtet
sein wollen.

Der polnische Waidmann unterscheidet sich jetzt wesentlich von dem aller übri¬
gen Länder; außer den Jagdgeschichten hat er bei der Tafel unter guten Freunden
auch noch „Gewehrgeschichten" zu erzähle», in denen er nicht als Jäger, sondern
als Gejagter erscheint; denn eine polnische Jagd besteht sehr häufig ans drei
Parteien, dem Wild, dem Polen und dem Russen; dem Polen, welcher den
Wolf jagt, und dem Russen, welcher die Jagdflinte des Polen jagt.

Bekanntlich besteht im Königreich Polen ein sehr strenges Gewehrverbvt. Es
beschränkt sich aber nicht aus die gewöhnlichen Kriegswaffen, sogar für ökonomische,
Handwerker- und hauswirthschaftliche Geräthe stellt es Form und Gewicht fest.
So sind zunächst Diejenigen mit Todesstrafe oder ewiger Verbannung bedroht, in
deren Besitze „eine Kanone, auch uur Kanonenrohr, ein Bvmbeiikessel, eine Hau¬
bitze oder ein Mörser" gefunden wird. Die Inhaber von Lafetten und ähnlichen
Gestellen, welche im Gründe doch gar nicht als Waffen betrachtet werden können,
werden mit einer nicht viel geringeren Strafe belegt. Eben so sehr verpönt sind
natürlich Feuergewehre, besouders Flinten und Büchsen. Wer nach Publikation
des Gesetzes seine Gewehre nicht bis zu dem festgesetzten Termine ausgeliefert
hatte, sollte Verbannnngsstrafe von zehn Jahren bis zu Lebenszeit erhalten. Der¬
selbe Fluch trifft auch die Seitengewehre, besonders die sehr gekrümmten Säbel,
die Waffe des altpolnischen Adels. Allein die Verordnung geht weiter, sie be¬
droht auch Mist- und Heugabeln, eiserne Ofenkrücken, Ofengabeln, Bratspieße,
Messer und Gott weiß was für Dinge, von denen theils gefordert wird, daß sie
nicht aus Eisen, Stahl oder anderm harten Metall, sondern aus Holz n. s. w.
gefertigt seien, theils, daß sie eine bestimmte Länge nicht überschritten; das Maxi-
wum für Messer ist 16 Zoll.

Dieses große Waffeuverbot ist mehrere Male durch Kosaken und Gensdarmen,
welche wie Bänkelsänger umherzogen — die Masse des Volks versteht nämlich


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[0364] Der Hast gegen polnische Jagdgewehre. Auch der Teufel hat seinen Humor; und auch die Herrschaft Rußlands in den westslavischen Ländern hat Seiten, welche mit einer gewissen Laune betrachtet sein wollen. Der polnische Waidmann unterscheidet sich jetzt wesentlich von dem aller übri¬ gen Länder; außer den Jagdgeschichten hat er bei der Tafel unter guten Freunden auch noch „Gewehrgeschichten" zu erzähle», in denen er nicht als Jäger, sondern als Gejagter erscheint; denn eine polnische Jagd besteht sehr häufig ans drei Parteien, dem Wild, dem Polen und dem Russen; dem Polen, welcher den Wolf jagt, und dem Russen, welcher die Jagdflinte des Polen jagt. Bekanntlich besteht im Königreich Polen ein sehr strenges Gewehrverbvt. Es beschränkt sich aber nicht aus die gewöhnlichen Kriegswaffen, sogar für ökonomische, Handwerker- und hauswirthschaftliche Geräthe stellt es Form und Gewicht fest. So sind zunächst Diejenigen mit Todesstrafe oder ewiger Verbannung bedroht, in deren Besitze „eine Kanone, auch uur Kanonenrohr, ein Bvmbeiikessel, eine Hau¬ bitze oder ein Mörser" gefunden wird. Die Inhaber von Lafetten und ähnlichen Gestellen, welche im Gründe doch gar nicht als Waffen betrachtet werden können, werden mit einer nicht viel geringeren Strafe belegt. Eben so sehr verpönt sind natürlich Feuergewehre, besouders Flinten und Büchsen. Wer nach Publikation des Gesetzes seine Gewehre nicht bis zu dem festgesetzten Termine ausgeliefert hatte, sollte Verbannnngsstrafe von zehn Jahren bis zu Lebenszeit erhalten. Der¬ selbe Fluch trifft auch die Seitengewehre, besonders die sehr gekrümmten Säbel, die Waffe des altpolnischen Adels. Allein die Verordnung geht weiter, sie be¬ droht auch Mist- und Heugabeln, eiserne Ofenkrücken, Ofengabeln, Bratspieße, Messer und Gott weiß was für Dinge, von denen theils gefordert wird, daß sie nicht aus Eisen, Stahl oder anderm harten Metall, sondern aus Holz n. s. w. gefertigt seien, theils, daß sie eine bestimmte Länge nicht überschritten; das Maxi- wum für Messer ist 16 Zoll. Dieses große Waffeuverbot ist mehrere Male durch Kosaken und Gensdarmen, welche wie Bänkelsänger umherzogen — die Masse des Volks versteht nämlich Grenzvoten. IV. 1849. 4«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/364>, abgerufen am 15.01.2025.